
Nachrichten von antibiotika-resistenten Keimen im Hähnchenfleisch verunsichern die Verbraucher. Dr. Jochen Wettach, Lebensmittelchemiker und Projektleiter für Lebensmitteltests bei der Stiftung Warentest, klärt über das Risiko für die Verbraucher auf.
Wie erkennt der Verbraucher antibiotika-resistente Keime im Fleisch?
Der Verbraucher kann die Keime im Fleisch leider mit seinen Sinnen nicht erkennen. Normalerweise befinden sich Keime nicht im Muskelfleisch von gesunden Tieren. Das gilt auch für die antibiotika-resistenten Keime. Die Keime sammeln sich überwiegend im Darm der Tiere. Erst wenn sie geschlachtet und zerlegt werden, können die Keime auf die Oberfläche des Fleischs gelangen. Das betrifft vor allem die Haut.
Wie kann sich der Verbraucher schützen?
Der Verbraucher sollte rohes und tiefgefrorenes Fleisch vorsichtshalber immer so behandeln, als ob Keime drauf wären. Mit einer sorgfältigen Küchenhygiene Tipps zur Küchenhygiene lässt sich verhindern, dass Keime sich vermehren. Zum Beispiel sollten Verbraucher die Arbeitsfläche und Küchenwerkzeuge wie Brettchen sofort nach dem Kontakt mit rohem Fleisch heiß reinigen. Wichtig ist auch, dass andere Lebensmittel wie Obst und Gemüse nicht mit rohem Fleisch in Berührung kommen.
Was passiert, wenn Verbraucher Fleisch mit antibiotika-resistenten Keimen verzehren?
Wenn das Fleisch richtig durcherhitzt ist, passiert gar nichts. Die Hitze tötet nämlich alle Krankheitskeime zuverlässig ab – egal, ob sie resistent gegen Antibiotika sind oder nicht. Geflügelfleisch ist auch anfällig für andere krank machende Keime wie Salmonellen und Campylobacter.
Inwiefern können antibiotika-resistente Keime dem Menschen gefährlich werden?
Wenn sich der Mensch mit solchen Keimen infiziert, kann er theoretisch sehr krank werden. Ein Antibiotikum, das der Arzt dann verschreibt, kann unter Umständen nicht mehr wirken.
Hat die Stiftung Warentest in ihren Fleischtests solche Keime auch entdeckt?
In unserem jüngsten Test von Hähnchenbrustfilets 2010 haben wir das Fleisch auch auf antibiotika-resistente Keime untersucht, aber keine nachgewiesen. Das hängt wohl auch damit zusammen, dass diese Keime oft auf der Haut sitzen. Die ist bei Hähnchenbrustfilets ja entfernt.
Können auch Rückstände von Antibiotika das Fleisch belasten?
Die Rückstände bauen sich meist so schnell ab, dass sie im Fleisch der geschlachteten Tiere nicht mehr nachweisbar sind. Auch im Test von Hähnchenbrustfilets haben wir keine Rückstände von Antibiotika gefunden. Ein genaueres Bild über den Antibiotika-Einsatz in einem Betrieb ergibt sich, wenn man schon im Stall Blut- oder Urinproben von lebenden Tieren untersucht.
Was kann ich als Kunde tun, um Fleisch mit antibiotika-resistenten Keimen zu meiden?
Verbraucher können ihr Fleisch dort kaufen, wo Antibiotika sehr restriktiv oder gar nicht zum Einsatz kommen. Unter diesem Gesichtspunkt ist Biofleisch eine gute Wahl. Es gibt aber auch konventionelle Initiativen, die den Einsatz von Antibiotika nicht zulassen. Dazu gehört zum Beispiel das Markenfleischprogramm Neuland.
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@s.ufermann: Richtig, krankmachende Keime können an den unterschiedlichsten Stellen vorkommen. Die Frage, die uns hier beschäftigt, ist jedoch, ob wir es zulassen wollen, dass wirksame Therapien u.U. versagen können, weil sich unter den krankmachenden Bakterien Antibiotika-Resistenzen weiter ausbreiten. WENN die Küchenhygiene beachtet wird, und WENN das Fleisch durcherhitzt wird, besteht auch bei resistenten Keimen keine direkte Gefahr für die Verbraucher. Wenn jedoch nicht, dann gibt niemand eine Garantie (s. Interview). Die vorgeschriebenen Wartezeiten nach einem Antibiotika-Einsatz sind so, dass sich die Antibiotika im lebenden Tier abbauen (im toten Tier baut sich nichts mehr ab). Daher findet man in Fleisch nur relativ selten Rückstände von Antibiotika. Deutlich häufiger findet man sozusagen die Spur, die Antibiotika hinter sich herziehen können: nämlich die antibiotika-resistenten Keime, die gerade einem (unsachgemäßen!) Antibiotika-Einsatz ihren Überlebensvorteil verdanken.
Gefühlte Verletzungen des Tierschutzes hat Stiftung Warentest a.a.O. thematisiert. Es gibt wirksame Gesetze, deren Durchsetzung u.a. die Wähler ihren Parlamentsabgeordneten stellen müssen.
Zum Thema:
1. Entscheidend ist die Aussage von Stiftung Warentest, dass antibiotika-restistente Keime in sehr seltenen Fällen auf Hähnchenfleisch sein können, dto. auf Hähnchen mit Haut auch selten.
2. Grundsätzlich gilt, dass mit infektiösen Keimen auf unveredelten Lebensmitteln - auch pflanzlichen - zu rechnen ist, auch in Bio-Betrieben, die biologisch düngen. Da stinkts nach Sch..., weil auch Fäkalbakterien pupsen.
3. Die potentiell gesundheitsschädlichen Keime, auch antibiotisch resistente, werden durch Erhitzung abgetötet. Ein wichtiger Tipp fauch für siehe 2., die ihre Mund- und Darmflora verstehen wollen.
Bleibt die Frage, ob und wie Antibiotika in lebenden/toten Tierkörpern abgebaut werden. Reichen die gesetzlichen Wartezeiten? - Werden die Wirkstoffe durch Erhitzung unwirksam?
@dsimer: Hier scheint ein Missverständnis vorzuliegen. Die von uns getesteten abgepackten Hähnchenbrustfilets (test 10/2010) wurden ohne Haut verkauft. Folglich konnten wir die nicht vorhandene Haut auch nicht gesondert auf Keime untersuchen. Sicher hätten wir uns für den Test auch Teilstücke mit Haut oder ganze Hähnchen aussuchen können. Diese werden jedoch weitaus weniger gekauft. Dann hätte der Vorwurf lauten können, wir würden am Markt vorbei testen. Die mikrobiologische Qualität der Hähnchenbrustfilets haben wir natürlich trotzdem getestet - wie Sie in Ausgabe 10/2010 oder online (Suche nach "Hähnchen") nachlesen können.
Ich finde test ist oft verblüffend kreativ, Kriterien zu finden, um ein Produkt auf- oder abzuwerten.
Da bleibt ein fader Nachgeschmack, wieso die Keime auf der Haut nicht untersucht wurden. Gehört das nicht mit zur Unternehmensverantwortung?
Nach Aussage der Stiftung fördern gute Qualitätsurteile den Absatz und umgekehrt.
Wie konnte das passieren?
in Deutschland viel zu viel tierische Lebensmittel verzehrt werden. Insofern sind diese antibiotika-resistenten Keime im Fleisch gesundheitsfördernd: Sie werden hoffentlich Menschen mit zu hohem LDL/ HDL-Cholesterin-Quotienten dazu bewegen, mehr Sojaprodukte zu essen. Ein amerikanischer Arzt erläutert hier umfassend & wissenschaftlich gut belegt die Vorzüge von Pflanzenkost: http://www.youtube.com/user/NutritionFactsOrg