
Vier Augen sehen oft mehr als zwei. In bestimmten Fällen kann es ratsam sein, einen zweiten Arzt hinzuzuziehen.
Gesetzlich Krankenversicherte können vor jeder OP eine zweite ärztliche Meinung einholen. Dafür kommt die Kasse auf. In bestimmten Fällen können Patienten zudem das „strukturierte Zweitmeinungsverfahren“ in Anspruch nehmen. Der Arzt muss sie vor der Operation entsprechend belehren und auf geeignete Fachärzte hinweisen. Das Verfahren gilt bislang für drei Eingriffe: Operationen an Gaumen- oder Rachenmandeln, Entfernung der Gebärmutter − und seit Neuestem auch für Schulterarthroskopien.
Verfahren ist kostenlos
Für Patienten ist das geregelte Zweitmeinungsverfahren kostenlos. Es gilt derzeit für folgende geplante Eingriffe:
- Operationen an den Gaumen- und/oder Rachenmandeln: Tonsillektomien (vollständige Entfernung) und Tonsillotomien (Teilentfernung)
- Entfernung der Gebärmutter (Hysterektomien)
- Neu: Gelenkspiegelungen an der Schulter (Arthroskopien)
Arzt muss aktiv über Patientenrechte informieren
Der Gemeinsame Bundesausschuss hat das strukturierte Zweitmeinungsverfahren Ende 2018 beschlossen. Das Gremium regelt, welche Leistungen Krankenkassen übernehmen. Ärzte müssen demnach, wenn sie eine entsprechende Operation empfehlen, ihre Patienten spätestens zehn Tage vor dem geplanten Eingriff darüber aufklären, dass sie das Recht auf eine zweite ärztliche Meinung haben. Zudem müssen Ärzte ihren Patienten vor dem geplanten Eingriff ein Patientenmerkblatt aushändigen, das über das Zweitmeinungsverfahren informiert, inklusive Links zur Arztsuche.
Wichtig: Da das Verfahren zur Schulterarthroskopie erst Ende Februar in Kraft getreten ist, müssen sich Patienten hier noch etwas gedulden, bevor sie es in Anspruch nehmen können. So können auch jetzt erst geeignete Ärzte beantragen, als Zweitmeiner bei geplanten Schulterarthroskopien zu arbeiten.
Der Zweitgutachter darf den Patienten nicht selber operieren
Patienten können sich auch an die zuständige Kassenärztliche Vereinigung (KV) ihres Bundeslandes wenden, um geeignete Ärzte zu finden. Am Verfahren mitmachen dürfen nur langjährig erfahrene Fachärzte in dem jeweiligen Gebiet. Im Bereich der Schulterarthroskopie sind dies etwa Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie. Sie müssen bei Diagnostik und Therapie auf dem neuesten medizinischen Stand sein. Die unabhängige Zweitmeinung darf nicht gefährdet sein: Behandlung oder Operation durch den beratenden Facharzt sind nicht erlaubt.
Befund besprechen und Behandlungsalternativen nennen
Im Zweitmeinungsgespräch beurteilt der beratende Arzt, ob der geplante Eingriff medizinisch notwendig ist oder ob es Behandlungsalternativen gibt. Zur Beurteilung reichen meist Befunde und Untersuchungsergebnisse, die Patienten von ihren Ärzten erhalten. Diese müssen die Daten aushändigen. Weitere Untersuchungen finden nur statt, wenn sie zwingend notwendig sind für den Befund.
Viele Kassen bieten auch zu anderen Diagnosen Zweitmeinung an
Viele Krankenkassen bieten ein Zweitmeinungsverfahren aber bereits jetzt für weitere Diagnosen an – etwa bei orthopädischen Erkrankungen an Knie und Hüfte sowie bei kardiologischen Beschwerden. Die Kassen haben hierzu Verträge mit bestimmten Ärzten geschlossen. In unserem Krankenkassenvergleich bieten 58 von insgesamt 73 Kassen das Zweitmeinungsverfahren an. Unabhängig davon können Kassenpatienten weiterhin auch auf eigene Faust zu einem zweiten Arzt gehen – etwa wenn sie unsicher sind, ob eine empfohlene Behandlung wirklich notwendig ist.
Diese Meldung ist erstmals am 12. Januar 2019 auf test.de erschienen. Sie wurde am 28. Februar 2019 aktualisiert.