
Inflation. Die Inflation zehrt an der Rendite. Wir analysieren, ob Anleihen mit Inflationsschutz Anlegerinnen und Anleger vor realen Verlusten bewahren.
Inflationsgeschützte Anleihen sollen dafür sorgen, dass Anlegende real, das heißt nach Abzug der Inflation, kein Geld verlieren. Doch funktioniert der Schutz überhaupt?
Auch wenn die jüngsten Inflationszahlen aus den USA von 7,7 Prozent pro Jahr hoffen lassen, dass der Inflationsdruck in den Staaten abnimmt – die aktuelle Inflationsrate im Euroraum ist mit 10,4 Prozent weiterhin sehr hoch. Trotz hoher Zinssteigerungen durch die EZB konnten die Zinsen für Tagesgeld, Festgeld und Euro-Anleihen mit den hohen Inflationsraten bisher bei Weitem nicht mit halten. Die Folge: die realen Zinsen, die ungefähr den nominalen Zinsen abzüglich der Inflation entsprechen, sind negativ. Auf der Suche nach positiven Realrenditen treffen Anleger dabei früher oder später auf sogenannte inflationsindexierte Anleihen.
Zins und Rückzahlung an Preissteigerung gekoppelt
Bei Inflationsanleihen sind die Zinskupons und der Rückzahlungswert an die Entwicklung der Inflation gekoppelt. Steigt die Inflation, steigt auch der Zins und der Rückzahlungswert. Meist werden diese Anleihen von Staaten begeben, auch aus Deutschland gibt es welche.
Uns fragen Leserinnen und Leser immer wieder, ob diese Inflationsanleihen oder ETF darauf für sie geeignet sind. Auch ist für manche nicht klar, warum die Wertentwicklung der ETF auf indexierte Anleihen in den vergangenen Monaten nicht positiv ist, wenn doch die Inflationsraten so hoch waren.
Wir erklären daher hier kurz die Besonderheiten von inflationsgeschützten Anleihen und den entsprechenden ETF.
Der deutsche Markt für indexierte Anleihen
Aus Deutschland gibt es aktuell fünf inflationsgeschützte Anleihen mit ursprünglichen Anfangslaufzeiten von zehn oder 30 Jahren. Da sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten aufgelegt wurden, haben sie unterschiedliche Restlaufzeiten. Die Fälligkeiten der Papiere verteilen sich wie folgt:
- 15.04.2023 – DE0001030542, 0,4 Jahre Restlaufzeit (RLZ)
- 15.04.2026 – DE0001030567, 3,4 Jahre RLZ
- 15.04.2030 – DE0001030559, 7,4 Jahre RLZ
- 15.04.2033 – DE0001030583, 10,4 Jahre RLZ
- 15.04.2046 – DE0001030575, 23,4 Jahre RLZ
Zusammen haben die deutschen Inflationsanleihen ein Volumen von 77,15 Milliarden Euro, das sind weniger als fünf Prozent des Volumens aller umlaufenden Bundeswertpapiere.
Bei klassischen Anleihen ist der nominale Kupon und Rückzahlungsbetrag fixiert. Bei indexierten Anleihen wird der Kupon und der Rückzahlungsbetrag an einen Inflationsindex gekoppelt und ändert sich im Zeitverlauf. Bei den deutschen Inflationsanleihen wird der unangepasste Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) des Euroraums (Gesamtindex ohne Tabak) zugrunde gelegt.
Die deutschen Inflationsanleihen können Privatanleger über die Börse bei ihrer Bank oder Sparkasse kaufen. Dabei können zusätzliche Gebühren entstehen. Es gibt grundsätzlich keine Mindest- oder Höchstgrenzen beim Handel.
Tipp: Der öffentlich dargestellte Preis von indexierten Anleihen ist üblicherweise der reale Preis. Beim Kauf oder Verkauf ist dann der angepasste Preis relevant, der sich aus dem realen Preis multipliziert mit dem für die Anleihe relevanten Inflationsindex ergibt.
Was Anleger bei Einzelanleihen beachten müssen
Der große Unterschied zwischen klassischen Anleihen und indexierten Anleihen ist dieser:
- Bei klassischen Anleihen sichern sich Anlegerinnen und Anleger bis Endfälligkeit eine bestimmte nominale Rendite.
- Bei inflationsgeschützten Anleihen sichern sich Investoren dagegen eine bestimmte reale Rendite.
Das bedeutet für Sie:
- Wenn Sie sich eine klassische einzelne Anleihe, zum Beispiel eine Bundesanleihe kaufen, und diese bis Endfälligkeit halten, bekommen Sie regelmäßig den festgeschriebenen Kupon ausgezahlt (sofern dieser größer Null ist) und am Ende der Laufzeit den Rückzahlungsbetrag. Die nominale künftige Rendite steht bereits bei Kauf fest. Sie wird auch Endfälligkeitsrendite oder Yield to Maturity bezeichnet. Sie können und sollten diese Kennzahl vor einem eventuellen Kauf beachten.
- Wenn Sie sich eine Inflationsanleihe kaufen und diese bis zur Fälligkeit halten, wissen Sie nicht im Voraus, wie hoch die Kupons oder der Rückzahlungsbetrag nominal sein werden. Denn diese sind an die kommende Inflationsentwicklung gekoppelt – welche noch keiner weiß. Bekannt ist allerdings die künftige reale Rendite bis Endfälligkeit. Auf diese Zahl sollten Sie achten, bevor Sie sich eventuell zu einem Kauf entschließen.
Fazit: Mit einer indexierten Anleihe schützen Sie sich also vor Inflationssprüngen. Das bedeutet aber nicht, dass Sie garantiert eine positive Realrendite erhalten.
Das sehen Sie aktuell am Beispiel der indexierten Bundesanleihen:
- Wenn Sie sich jetzt die am längsten laufende indexierte Bundesanleihe kaufen und diese über 23 Jahre bis zum Jahr 2046 halten, dann werden Sie garantiert – sofern die Bundesrepublik nicht pleite geht – eine reale Rendite von minus 0,22 Prozent pro Jahr erzielen (Stand 11. November 2022).
- Für die nominale Rendite bedeutet das: Wenn über die Laufzeit die durchschnittliche Inflation bei beispielsweise 2 Prozent liegt, erzielen Anleger mit der Inflationsanleihe eine nominale Rendite von 1,78 Prozent pro Jahr, wenn die Inflation bei 6 Prozent liegen sollte, dann machen die Anleger nominal 5,78 Prozent.
Dabei gilt: Die reale Rendite ist nur festgezurrt, wenn Sie die Anleihe bis zum Schluss halten. Sollten Sie vorzeitig die Anleihe verkaufen, kann die reale Rendite über die Haltedauer anders ausfallen, je nachdem, wie stark der Kurs der indexierten Anleihe gefallen oder gestiegen ist.
ETF auf inflationsgeschützte Anleihen
Statt auf einzelne Anleihen zu setzen, können Privatanleger auch ETF kaufen, welche die indexierten Anleihen bündeln. Wegen des Wechselkursrisikos würde wir keine ETF auf Anleihen in ausländischer Währung empfehlen. Infrage kommen ETF auf inflationsgeschützte Euro-Anleihen.
Wer einen Anleihen-ETF kauft, muss sich nicht um die Wiederanlage von Kupons oder Rückzahlbeträgen kümmern. Im ETF werden Erträge aus auslaufenden Anleihen entsprechend der Indexregeln in neue oder schon bestehende Anleihen gerollt.
Die Wertentwicklung der Anleihenindizes und der ETF spiegelt die durchschnittliche börsentägliche Kursbewertung der einzelnen Anleihen wider.
Der folgende Chart zeigt die nominale Wertentwicklung zweier breit gestreuter Anleihen-Indizes. Einer enthält klassische, nominale Euro-Staatsanleihen, der andere inflationsgeschützte Euro-Staatsanleihen. In etwa so liefen auch die entsprechenden ETF.
Die dargestellte historische Wertentwicklung ist nominal, also vor Abzug der Inflation. Beide Indizes haben seit Frühjahr 2022 an Wert verloren. Der Grund dafür sind die steigenden nominalen und realen Zinsen. Denn für Anleihen gilt. dass der Zusammenhang zwischen Kursentwicklung und Zinsentwicklung invers ist: Fallen die Zinsen, steigen die Kurse – und umgekehrt.
Die inflationsgeschützten Anleihen haben jedoch bei Weitem nicht so viel verloren wie die klassischen. Ein Grund dafür: Kupon und Kurswert der indexierten Anleihen stiegen nominal mit der Inflationsrate mit und federten einen Teil der Verluste ab.
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Nominale Zinsen, reale Zinsen und Break-Even-Inflationsrate
Im folgenden Chart werfen wir einen Blick auf die den Anleihenindizes zugrunde liegenden Zinsen beziehungsweise Endfälligkeitsrenditen.
- Für klassische Anleihen zeigen wir die nominalen Zinsen. Damit meinen wir hier nicht den Kupon, also die Höhe der Ausschüttung, sondern die Rendite bis Endfälligkeit. Sie ergibt sich aus der Kombination des Kupons und der Entwicklung des Rückkaufwertes.
- Für inflationsgeschützte Anleihen stellen wir die realen Zinsen dar.
- Die Differenz zwischen den nominalen Zinsen und den realen Zinsen entspricht ungefähr der sogenannten Break-Even-Inflationsrate. Liegt die künftige tatsächliche Inflationsrate darüber, hätten sich die inflationsgeschützten Anleihen eher gelohnt. Liegt sie darunter, wären klassische Anleihen die bessere Wahl gewesen.
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Man kann auch sagen, dass die Break-Even-Inflationsrate ungefähr der vom Markt erwarteten Inflationsrate entspricht. Und zwar bezogen auf den Zeitraum, der ungefähr der durchschnittlichen Restlaufzeit der Anleihen im jeweiligen Index entspricht – in diesem Fall sind es ungefähr 8 Jahre (7,6 beim klassischen Index und 8,4 Jahre beim Inflationsindex).
Das sagt Ihnen der obige Chart:
- Von Frühjahr 2020 bis Frühjahr 2022 liefen die nominalen Zinsen für einen klassischen Staatsanleihen-ETF seitwärts, während die realen Zinsen für inflationsgeschützte Anleihen immer weiter im negativen Bereich fielen. Die eingepreiste Inflation stieg von nahe 0 auf fast 3 Prozent.
- Ab Frühjahr 2022 stiegen die nominalen Zinsen und die realen Zinsen deutlich an. Ihr Anstieg war ungefähr gleich groß. Wir bereits erwähnt, fielen dadurch die Anleihenkurse im Umlauf befindlicher Papiere, was die Index- und ETF-Renditen negativ beeinträchtigt hat. Die langfristig erwartete Inflation sank etwas und tendierte bis zum aktuellen Datum seitwärts. Aktuell liegt die erwartete Inflation für die kommenden acht Jahre bei ungefähr 2,6 Prozent pro Jahr.
- Aktuell liegt der vorausschauende, langfristige Realzins bei ungefähr Null Prozent. Falls langfristig die Inflationsrate über 2,6 Prozent bleibt, wäre ein ETF auf inflationsgeschützte Anleihen wahrscheinlich die bessere Wahl gegenüber einem klassischen Anleihenindex. Zwischenzeitliche Einbrüche bei weiteren Zinserhöhungen sind aber auch hier möglich.
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- Klassische ETF mit inflationsindexierten Anleihen bieten keinen Schutz vor steigenden Zinsen. Es gibt aber spezielle ETF, die das können. Wir haben sie uns angeschaut.
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- Wegen der anziehenden Inflation haben Anleihen-ETF mit Inflationsschutz seit Jahresbeginn besser abgeschnitten als ETF mit klassischen Euro-Staatsanleihen.
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- Jetzt ist es tatsächlich passiert: Die Zinsen von Euro-Anleihen sind rapide gestiegen. Für Anlegerinnen und Anleger mit Rentenfonds hat das Verluste zur Folge.
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