
PWB Rechtsanwälte nennt sich „Kanzlei im Roten Turm“. Ihren Sitz hat sie in diesem Gebäude in Jena. © Imago
Anwälte werben oft bei geschädigten Anlegern um Mandate. Manche Vorschläge sind aber sinnlos. So suggerierte die Kanzlei PWB Rechtsanwälte etlichen Geschädigten, sie könnten ihren Schaden vom Staat ersetzt bekommen, weil die Finanzaufsichtsbehörde versagt habe. Doch der Gesetzgeber hat eine Haftung der Behörde gegenüber Anlegern ausgeschlossen, sogar wenn sie tatsächlich Fehler gemacht hat.
Falsche Erwartungen geweckt
So deutlich lesen Richter Rechtsanwälten selten die Leviten: Am 10. November 2015 warf das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Anwälten der Kanzlei PWB Rechtsanwälte aus Jena vor, bei ihren Mandanten „objektiv falsche und völlig irreale Vorstellungen und Erwartungen geweckt“ zu haben. Es wies die Klagen ab, die PWB für mehr als hundert Geschädigte der insolventen BFI Bank eingereicht hatte. Die Kanzlei forderte darin Informationen von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin).
PWB ist bekannt und umstritten
PWB reicht viele Klagen ein, um Informationen von staatlichen Stellen zu bekommen. Die Kanzlei verweist auf ihrer Internetseite auf etwa 3 000 Massenmandate. Etwa 15 000 seien es im Kapitalanlagerecht. Inhaber Philipp Wolfgang Beyer zählt seine Kanzlei zu den „großen deutschen und auch zu den erfolgreichen“ Anwaltskanzleien. PWB ist bekannt und umstritten.
Gericht spricht von Falschberatung
Mit den Auskünften der Bafin zur BFI Bank wollte PWB den Staat auf Schadenersatz wegen Fehlern der Bankenaufsicht verklagen. BFI-Kunden, die nach der Bankinsolvenz 2003 nicht voll von der Entschädigungseinrichtung der deutschen Banken (EdB) entschädigt wurden, sollten den Rest auf diese Weise erhalten. Die Kunden konnten diesen Rest zur Insolvenztabelle anmelden. PWB wollte ihn zudem mit einer Staatshaftungsklage erstreiten. Das hielt das Verwaltungsgericht für „aussichtslos“: Ein Anspruch wäre längst verjährt. Außerdem hätten Bankkunden ohnehin keinen Schadenersatzanspruch gegenüber der Bafin, selbst wenn sie Fehler gemacht hätte. Denn das habe der Gesetzgeber ausgeschlossen.
„Gelddruckmaschine für Anwälte, krasser Fall von Rechtsmissbrauch“
Das Gericht warf PWB vor, es diene „ausschließlich als eine Art ,Gelddruckmaschine“ für die Anwälte. Ein krasserer Fall von Rechtsmissbrauch ist kaum denkbar“. Da es den Anwälten „auf die maximale Generierung von Gebühren ankam“, hätten sie statt einer Musterklage einzelne Klagen eingereicht. Die Begründung dafür sei „derart weit von dem entfernt, was juristisch noch als vertretbar erscheinen kann, dass sich die strafrechtliche Relevanz dieser Art von Falschberatung gegenüber den Mandanten nachgerade aufdrängt“ (Az. 7 K 2707/15.F).
BGH und EuGH bestätigen Haftungsausschluss
PWB kontert auf Finanztest-Anfrage: Die Behauptungen „entbehren einer Grundlage und sind nachweislich unwahr“. Grund sei der Unmut des Richters über den Aufwand bei der Bearbeitung der Akten. Kein Kläger habe Musterkläger werden wollen. Der übergeordnete Hessische Verwaltungsgerichtshofs vertrete eine andere Rechtsauffassung als der Richter am Verwaltungsgericht und habe in einem ähnlichen Fall die Berufung zugelassen. Den Haftungsausschluss der Bafin gegenüber Anlegern hält PWB für europarechtswidrig. Ihn bestätigten aber Bundesgerichtshof und Europäischer Gerichtshof.
Auch im Fall BFI hatten die Mandanten wenig von den Aktionen der Kanzlei
Finanztest hat weitere Beispiele gefunden, in denen Mandanten wenig von den Aktionen der Kanzlei hatten. BFI-Bank-Gläubigern bot PWB im Februar 2016 an, die Anmeldung der Forderungen zur Insolvenztabelle zu prüfen. Das Insolvenzgericht hatte aber im Herbst 2015 die Verteilung abgesegnet. Insolvenzrechtsexperte Rolf Rattunde, Honorarprofessor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, erläutert: „Es ist nicht möglich, danach Forderungen geltend zu machen.“
Zu spät für eine Klage
PWB hält dagegen, der Insolvenzverwalter Hans-Jörg Derra selbst habe dazu aufgefordert, persönliche Daten zu korrigieren. Das betraf zum Beispiel das Bankkonto, auf das die Quote ausgezahlt werden soll, nicht die Forderungen an sich. Dafür brauchen Gläubiger keinen Anwalt. PWB schlug außerdem vor, Auskünfte von Derra nach dem Bundesdatenschutzgesetz einzufordern. Falls die BFI-Bank rechtswidrig Daten der Kunden beschafft habe und dadurch ein Schaden entstanden sei, wollten die Anwälte Ersatz dafür fordern. Doch selbst wenn sich das nachweisen ließe, wäre es nach dem Schlusstermin des Gerichts zu spät für eine Klage.
Güteantrag bei Göttinger Gruppe
Beispiel Göttinger Gruppe/Securenta: Im November 2013 reichte PWB für einen Anleger einen Güteantrag und eine Forderungsanmeldung bei einer staatlich anerkannten Gütestelle ein. Gütestellen dienen dazu, einen Streit außergerichtlich beizulegen. Insolvenzverwalter Rolf Rattunde wundert sich: „Ein Güteverfahren eignet sich nicht zum Anmelden von Forderungen in einem Insolvenzverfahren.“ Die Kanzlei PWB hält eine Forderungsanmeldung über eine Gütestelle sehr wohl für möglich. Die Insolvenzordnung sieht das aber nicht vor. Für den sinnlosen Gang zur Gütestelle fallen auch noch Gebühren an. Dagegen kostet es die Gläubiger nichts, wenn sie Forderungen direkt beim Insolvenzverwalter anmelden. Ein Anwalt ist dafür nicht nötig.
Keine Staatshaftung bei Leipzig-West
Beispiel Wohnungsbaugesellschaft Leipzig-West AG (WBG): Bei dem Immobilienunternehmen aus Leipzig legten 38 000 Anleger Geld in Inhaberschuldverschreibungen an. Seit 2006 ist WBG insolvent. PWB-Rechtsanwalt Sascha Giller nahm in einem Schreiben an einen WBG-Anleger vom 30. April 2015 „Ihre Informations- und Staatshaftungsansprüche“ in die Betreffzeile. Giller behauptet: „Die Bafin hat bereits bestätigt, aufsichtsrechtlich gegenüber der WBG AG zur Tätigkeit berufen gewesen zu sein und sie will auch eingeschritten sein.“ Die Bafin teilt auf Nachfrage mit, „dass die WBG AG keiner staatlichen Finanzaufsicht unterlag“. Die Bafin prüfte nur die formale Vollständigkeit der Verkaufsprospekte. Die Seriosität des Anbieters oder die inhaltliche Richtigkeit des Angebots prüfte sie nicht. PWB spricht von einer „Marktaufsicht“ und führt unter anderem ins Feld, die Bundesrepublik habe EU-Richtlinien nicht rechtzeitig umgesetzt, was zu einer „ungenügenden Aufsicht“ geführt habe. Es erscheint aber angesichts der bisherigen Rechtsprechung wagemutig, auf dieser Basis Schadenersatz vom Staat einzuklagen.
Staatsanwaltschaft ermittelt
Der Anwalt Ali Al-Zand aus Leipzig hat sich wegen des Falls WBG bei der Rechtsanwaltskammer Thüringen beschwert. Ein Ergebnis steht noch aus. Al-Zand hat auch Strafanzeige gestellt. Die Staatsanwaltschaft Gera ermittelt nun gegen den Inhaber und einen Mitarbeiter der Kanzlei PWB wegen strafbarer Werbung. PWB kontert: „Die Vorwürfe sind, nach erfolgter Akteneinsicht, aus unserer Bewertung heraus unzutreffend und beruhen insofern bereits auf falschen Tatsachenbehauptungen.“ Genug hat die Kanzlei noch immer nicht vom Thema Staatshaftung: Im Februar 2016 stellte die Bafin für die Maple Bank Insolvenzantrag. Und PWB? Kündigt auf der Internetseite an, Staatshaftungsansprüche zu prüfen. Es sei „noch völlig offen, ob solche Ansprüche bestehen“, räumt die Kanzlei gegenüber Finanztest ein. Ein Ansatz sei die „nicht ordnungsgemäße Umsetzung von EU-Richtlinien“, durch die Anleger geschädigt worden seien.
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Dermbach, den 04.01.2021
Sehr geehrte Damen und Herren,
Da die Kanzlei PWB Rechtsanwälte offensichtlich Ihre unseriösen Machenschaften einfach so weiterführt möchte ich Sie heute mit meinem persönlichen Fall bekannt machen. Es handelt sich wie so oft um die Insolvenz Securenta Göttinger Gruppe. In diesem Fall würde ich mich Kleinanleger nennen mit einem Streitwert von 5000,00 €. Bereits in 2008 hatte ich mit Unterstützung der Societät Dr. Muth & Partner schon einmal erfolglos geklagt und gutes Geld dem schlechten hinterhergeworfen. In 2014 wurde ich dann von der Kanzlei PWB erneut zu dieser Angelegenheit direkt angeschrieben. Es wurden gute Erfolgsaussichten versprochen bis hin zu Staatshaftungsansprüchen wegen Versagens der staatlichen Finanzbehörde, sodass ich mich nochmals auf eine Klage einließ. Im März 2014 erhielt ich eine Rechnung in Höhe von 899,64 € welche ich bis 03.02.2015 in Raten abzahlte.
Am 21.04 2014 habe ich in Anbetracht des erfolglosen Ausgangs der Klage das Manda
Diese Kanzlei hat schon wieder ein Schreiben gesandt. Abs. Rechtsanw. P.W. Beyer !
Als Geschädigter der Reithingerbank soll ich meine Kontoauszüge prüfen, ob in der letzten Zeit eine Zahlung aus der Insolvenzmasse eingegangen wäre. Wenn nicht soll der bekannte Antwortbogen mit Vollmacht zurückgesandt werden, damit er eine Vertretung lostreten kann, natürlich mit Hinweis auf die anfallenden Gebühren. Eine Handschriftkopie über eine angebliche Zahlung im Januar eines seiner Kunden, bei Ihm im September eingegangen, legte er auch bei. Weiter führt er das Wort über das Thema Finanzaufsichtsbehörden und weist auch auf Wirecardpresse- Berichte hin, sowie Versagen der Regierung. Man soll seine Hilfe nutzen usw. usw.
Dieser Mann ist in der Reithingersache immer noch aktiv auf Klientenreinfall aus.
dies zu Ihrer Info von mir als Geschädigten, der nichts mehr erhalten wird.
mfg Otilie