
Aktienkäufer sollten nicht auf den richtigen Zeitpunkt warten – die Mühe lohnt sich nicht. Kaufen und halten ist auf Dauer ertragreicher. Trotzdem können viele der Trendjagd nicht widerstehen. Die Vorstellung, nur die guten Börsenphasen mitzunehmen und die schlechten nicht, ist einfach zu verlockend.
Anlagefehler in Serie
Dieses Special ist Teil einer Serie zum Thema „Anlagefehler“:
- Juli 2014 Mangelnde Streuung
- Dezember 2014 Übermäßiges Trading
- Januar 2015 Verlierer aussitzen
- März 2015 Spekulative Wertpapiere
- April 2015 Jagd auf Trends
- Mai 2015: Schwerpunkt auf Deutschland
- Juni 2015 Fazit
Perfektes Timing ist unmöglich
Das ist der Traum: Wer in den vergangenen zehn Jahren in den Dax investiert und es geschafft hat, nur in den 100 besten Wochen dabei zu sein, konnte aus 1 000 Euro sensationelle 57 200 Euro machen. Und das ist der Alptraum: Wer die 100 schlechtesten Wochen erwischt hat, dem sind von 1 000 Euro noch 13 Euro geblieben (Untersuchungszeitraum März 2005 bis März 2015). Perfektes Timing hätte sich gelohnt. Doch dummerweise weiß niemand im Voraus, ob eine gute oder schlechte Woche kommt. Oft folgt sogar eine schlechte Woche unmittelbar auf eine gute. Oder umgekehrt. Mitten in der Finanzkrise, Anfang November 2008, verzeichnete der Dax sein bestes Wochenergebnis: plus 16 Prozent. Nur eine Woche zuvor hatte der Dax mehr als 10 Prozent verloren – die drittschlechteste Woche in zehn Jahren.
Gut 10 Prozent mit Nichtstun
Das Beispiel zeigt: Timing ist Glückssache. Auch wenn Buy-and-Hold – kaufen und halten – eher langweilig ist, geht diese Strategie auf lange Sicht doch besser auf. Käufer, die vor rund zehn Jahren 1 000 Euro in den Dax investiert und liegengelassen hätten, könnten sich nach einigem Auf und Ab doch immerhin über gut 2 600 Euro freuen (Stichtag 2. März 2015). Das nimmt sich gegenüber 57 200 Euro vergleichsweise wenig aus, entspricht jedoch einer Rendite von rund 10,1 Prozent pro Jahr.
Verluste durch höhere Kosten
Wissenschaftler der Universität Frankfurt am Main sind der Jagd auf Trends nachgegangen. Sie fanden keine Hinweise dafür, dass die Versuche, sein Geld mit der Wahl der richtigen Ein- und Ausstiegszeitpunkte zu mehren, auf Dauer erfolgreich seien. Verluste lassen sich zwar auch keine nachweisen, die gibt es aber durch Kauf- und Verkaufskosten. Buy-and-Hold ist billiger. Trotzdem können viele der Trendjagd nicht widerstehen. Die Vorstellung, nur die guten Börsenphasen mitzunehmen und die schlechten nicht, ist einfach zu verlockend.
Jagd auf Trends ist weit verbreitet
Ein Teil der Anleger verfolgt die Momentum-Strategie und kauft Wertpapiere, die in jüngster Zeit gestiegen sind. Das machen auch Fondsanleger gerne – mit mäßigem Erfolg, wie unsere Untersuchung von Strategien zur Fondsauswahl gezeigt hat.
Tipp: Mehr dazu finden Sie in der Titelgeschichte aus Finanztest 3/2015 („Aktienfonds: Der bessere Dreh“), die Sie als PDF herunterladen können, wenn Sie den Produktfinder Fonds freigeschaltet haben. Zusätzlich finden Sie hier Bewertungen für rund 3 650 aktiv gemanagte Fonds und ETF aus 38 Fondsgruppen – von Aktienfonds Welt bis Rohstofffonds.
Technische Handelsstrategien nicht erfolgreicher
Andere versuchen sich in technischen Handelsstrategien. Sie reagieren auf Signale, die sich aus dem Kurs-Chart ergeben. Beispielsweise betrachten sie die 200-Tage-Linie, die den Durchschnitt der 200 letzten Tagesschlusskurse zeigt. Kreuzt der Index diese Linie nach oben, ist das ein Kaufsignal, durchstößt er sie nach unten, heißt es verkaufen. „Das ist zwar technisch versiert, aber im Ergebnis nicht erfolgreicher“, sagt Andreas Hackethal, Professor für Personal Finance an der Uni Frankfurt.
Marktverläufe zu unregelmäßig
Dass die Jagd auf Trends auf Dauer nicht funktioniert, liegt an den unregelmäßigen Marktverläufen. Zwar gibt es Muster – kurzfristige Trends, auch schwankt die langfristige Entwicklung stets um einen Mittelwert. Doch innerhalb der Muster sind die Verschiebungen so groß, dass sich keine stabile Handelsregel ableiten lässt.
Zusammensetzung des Depots entscheidend
Wer Trends nachjagt, hat außer Kosten noch ein weiteres Problem: Bei ständigen Käufen und Verkäufen gerät das Depot aus dem Blick. Dessen Zusammensetzung aus sicheren und chancenreichen Geldanlagen ist es jedoch, die vor allem über Erfolg und Misserfolg entscheidet.