Ein Fernseher, der etwas auf sich hält, ist heutzutage auch mit dem Internet verbunden und kann Online-Inhalte darstellen. Wer ein älteres Gerät hat, kann es mit externen Streaming-Boxen oder -Sticks zum „Smart TV“ aufmotzen. Mit Fire TV bietet Amazon nun auch eine solche Box. Der Schnelltest zeigt, was sie kann – und was nicht.
Fernbedienung per Bluetooth
Typischerweise kommen Lösungen, mit denen sich „dumme“ Fernseher ins Netzwerk integrieren lassen, in einer von zwei Bauformen: Zum einen sind da die einfachen HDMI-Sticks wie Google Chromecast für günstige 39 Euro. Zum anderen gibt es kleine Kistchen wie Apple TV für 99 Euro. Fire TV kostet genauso viel und ähnelt auch sonst eher dem Apple-Gerät. So kommt auch Amazons Streaming-Kiste mit einer kleinen Fernbedienung und wird über ein HDMI-Kabel an den Fernseher angeschlossen. Anders als bei Apple TV verbindet sich die Fernbedienung hier aber per Bluetooth-Funk, nicht per Infrarot. So kann das Kistchen unsichtbar hinter dem Fernseher verschwinden.
Übersichtliche Oberfläche

Die erste Inbetriebnahme klappt auch dank dem automatischen Assistenten-Programm problemlos. Als Betriebssystem dient dem Fire TV Amazons Fire OS, das auch auf den Kindle-Fire-Tablets von Amazon läuft. Es basiert auf dem Android-System von Google, doch davon bekommt der Nutzer nicht viel mit. Die meisten der von Android-Smartphones bekannten Google-Apps wie Maps oder der Google Play Store sind nicht installiert. Und die Nutzeroberfläche ist eine ganz andere. Sie ist sehr einfach und übersichtlich gehalten und legt den Fokus ganz auf das aus Amazons Sicht Wesentliche: Filme und Fernsehserien aus Amazons Online-Videodienst Instant Video darzustellen.
Videosuche per Spracherkennung

Zwar bietet Fire TV auch Zugriff auf Youtube, Netflix und die Online-Mediatheken von ARD und ZDF. Auch einige Musik-Streaming- und Internetradio-Dienste wie Spotify und TuneIn Radio werden unterstützt. Doch der direkteste Weg führt zu Amazons eigenem Video-Angebot. Beim Finden von Filmen hilft hier eine ungewöhnliche Funktion: In die Fernbedienung ist ein Mikrofon eingebaut. Darüber lassen sich Filmtitel per Spracheingabe suchen. Das ist weit komfortabler, als Titel mühsam über eine Bildschirmtastatur einzugeben. Im Test funktioniert die Spracherkennung beeindruckend gut. Die resultierenden Ergebnislisten könnten dagegen übersichtlicher sein. Hat man den gesuchten Film gefunden, kann man ihn per Video-Streaming anschauen. Filme lassen sich einzeln oder im Abo leihen. So enthält zum Beispiel das Abo-Modell Amazon Prime für 49 Euro pro Jahr neben anderen Vergünstigungen auch einen unbegrenzten Zugriff auf zahlreiche Videos – allerdings nicht auf alle.
Spiele als zukünftiges Zugpferd
Neben Videos und Musikdiensten bietet Fire TV auch die Möglichkeit, Apps nachzuinstallieren – wiederum aus Amazons eigenem App Store. Besonderes Augenmerk legt Amazon hier auf Spiele. So bietet das Unternehmen für 40 Euro Aufpreis einen eigenen Game Controller an, der den Prüfern beim Probedaddeln gut gefiel. Zwar kann die 99-Euro-Box in Sachen Grafikleistung nicht mit weit teureren Spielekonsolen wie Sonys Playstation 4 oder Microsoft Xbox One mithalten. Doch die verfügbaren Spiele laufen flüssig und werden den Ansprüchen von Gelegenheitsspielern völlig genügen. Die meisten verfügbaren Spiele sind in der Basis-Version entweder gratis oder für wenige Euro zu haben – setzen allerdings oft darauf, dass der Spieler über In-App-Käufe weitere Features nachkauft. Zum Testzeitpunkt war das Spiele-Angebot noch sehr überschaubar. Hier muss Amazon noch nachlegen, um Fire TV als attraktive Spieleplattform zu etablieren. Das wäre dann ein echter Vorteil gegenüber Chromecast und Apple TV, die beide keine Spiele bieten.
Keine Videos vom eigenen PC
Allerdings hat Fire TV gegenüber den beiden wichtigsten Konkurrenten auch einen gravierenden Nachteil: Es ist nicht ohne Weiteres möglich, eigene Videos, Fotos und Filme etwa vom heimischen PC per Fire TV auf den Fernseher zu bringen. So hat Amazons Kiste zwar einen USB-Anschluss – der scheint bislang aber ohne Funktion zu sein. Eine Festplatte oder ein Speicherstick mit Mediendaten lässt sich jedenfalls nicht daran anschließen. Und anders als Apple TV oder nach Installation entsprechender Zusatz-Software auch Chromecast kann Fire TV Medien nicht übers lokale Heimnetz vom PC streamen. Nutzer eines Kindle-Fire-Tablets können immerhin dessen Bildschirminhalt per Fire TV auf den Fernseher spiegeln. Mit Android-Tablets oder iPads geht das aber nicht. Ansonsten muss der Nutzer seine eigenen Inhalte zunächst auf Amazons Cloud-Speicher hochladen, um dann von seinem Fire TV darauf zugreifen zu können. Die Daten wandern also womöglich um den halben Erdball, um im eigenen Haus vom Arbeitszimmer ins Wohnzimmer zu gelangen.
Fazit: Gut vor allem für Amazon-Dienste
Wie von Amazon-Geräten gewohnt, bietet Fire TV vor allem einen komfortablen Zugriff auf Amazon-Dienste. Damit dürfte das Kistchen etwa für bestehende Amazon-Prime-Kunden interessant sein, die einen Fernseher zum Amazon-Video-Player aufrüsten wollen. Mit dem Spieleangebot bietet Fire TV gegenüber Apple TV oder Chromecast einen Vorteil – der in Sachen Softwareangebot aber noch ausbaufähig ist. Für Nutzer, die bereits eine eigene große Videosammlung besitzen oder auch ihre Urlaubsfotos übers Heimnetz auf den Fernseher bringen wollen, ist Fire TV mangels Fähigkeiten zum lokalen Streaming dagegen eher unattraktiv. Hier können echte Smart TVs deutlich mehr.
Tipp: Testergebnisse, Preise, Fotos und Ausstattungsdetails für insgesamt 490 Fernseher enthält der Produktfinder Fernseher.