
Zum Schutz vor Alzheimer schlucken viele ältere Menschen Ginkgo-Präparate. Doch diese können das Auftreten der Krankheit nicht verhindern, zeigt eine aktuelle Vergleichsstudie aus Frankreich. Vor vier Jahren kam eine US-amerikanische Untersuchung zu einem ähnlichen Ergebnis. Ginkgo ist also nach derzeitigen Erkenntnissen zur Vorbeugung von Alzheimer nutzlos, so das Fazit der Stiftung Warentest. Was das Gehirn nachweislich fit halten kann, sind gesunde Ernährung sowie körperliche und geistige Tätigkeit.
Mit dem Alter steigt das Demenzrisiko
Die Menschen in Deutschland werden immer älter – und damit steigt ihr Risiko für Demenz. Daran leiden 5 Prozent der 70- bis 79-Jährigen. Von den 80- bis 89-Jährigen sind knapp 18 Prozent betroffen, von den über 90-Jährigen sogar 32 Prozent. Bei der häufigsten Form, der Alzheimer-Krankheit, bilden sich im Laufe der Zeit immer mehr Gehirnzellen zurück. Schuld sind unterschiedliche Prozesse; oft beginnen diese schon Jahre vor den ersten Symptomen. Nachweislich senken lässt sich das Alzheimer-Risiko durch gesunde Verhaltensweisen: Wenn Erwachsene sich regelmäßig bewegen, ausgewogen ernähren, Übergewicht vermeiden und aufs Rauchen verzichten. Auch das Gehirn selbst lässt sich trainieren, indem Menschen geistig rege bleiben und aktiv am sozialen Leben teilnehmen – bis ins hohe Alter.
Viel Werbung für Ginkgo-Extrakte
Um Alzheimer vorzubeugen – oder auch bei beginnenden Konzentrations- oder Gedächtnisproblemen –, setzen viele ältere Menschen auf Pflanzenkraft. Sie schlucken rezeptfreie Präparate mit Extrakten aus den Blättern des Ginkgo-Baums. Die Mittel werden heftig beworben. Sie sollen die Durchblutung des Gehirns und die Reizleitung der Nerven verbessern. Es gibt zwei Gruppen von Präparaten: Einerseits sind Nahrungsergänzungsmittel mit verschiedenen Ginkgo-Extrakten erhältlich, etwa in Supermärkten und Drogerien. Andererseits gibt es in Apotheken Arzneimittel mit speziellen Ginkgo-Extrakten, etwa EGb 761. Nur bei Arzneimitteln ist gewährleistet, dass die gewünschten Inhaltsstoffe in ausreichender Menge enthalten sind und potenziell schädliche Substanzen, etwa Ginkgolsäuren, entfernt wurden.
Kein Nutzen zur Vorbeugung
Kann der Ginkgo-Extrakt EGb 761 der Alzheimer-Demenz vorbeugen? Mit dieser Frage beschäftigt sich eine kürzlich veröffentlichte französische Langzeitstudie namens GuidAge. Die fast 3 000 Teilnehmer waren alle älter als 70 und hatten beim Hausarzt über Gedächtnisprobleme geklagt. Anschließend erhielten sie nach dem Zufallsprinzip entweder Ginkgo-Extrakt oder ein Scheinmedikament. Innerhalb von fünf Jahren bekamen ähnlich viele Patienten aus beiden Gruppen die Diagnose „Alzheimer“. Demnach schützen Ginkgo-Präparate also nicht vor der Krankheit. Zu einem ähnlichen Ergebnis war bereits eine 2008 veröffentlichte US-amerikanische Langzeitstudie mit mehr als 3 000 Über-75-Jährigen gekommen. Hier konnte Ginkgo-Extrakt über den Untersuchungszeitraum von sechs Jahren das Auftreten von Alzheimer nicht verhindern. Theoretisch besteht zwar die Möglichkeit, dass die Präparate dafür über einen noch längeren Zeitraum oder bereits in jüngeren Jahren einzunehmen sind. Dafür gibt es aber bislang keine Beweise. Nach derzeitigen Erkenntnissen sind Arznei- oder Nahrungsergänzungsmittel mit Ginkgo zur Vorbeugung von Alzheimer nutzlos. Nahrungsergänzungsmittel wurden dafür noch nicht untersucht.
Hinweise auf Nutzen in der Therapie
Anders sieht es in der Therapie von bereits an Alzheimer Erkrankten aus. Hier können rezeptfreie Arzneimittel mit Ginkgo-Extrakt, die Ärzte zu Lasten der Krankenkassen verordnen dürfen, einen geringen Nutzen bringen. Das zeigt eine Auswertung früherer Studien durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG). Demnach können die mit Ginkgo Behandelten alltägliche Tätigkeiten wie Haushaltsarbeiten oder die eigene Körperpflege wieder besser bewältigen. Dafür ist aber eine recht hohe Dosis von 240 Milligramm erforderlich. Möglicherweise nützt Ginkgo-Extrakt besonders bei jüngeren Patienten sowie Menschen mit erkrankungsbedingten psychischen Problemen. Dass er die geistige Leistungsfähigkeit oder die Lebensqualität insgesamt verbessert, ist noch nicht ausreichend nachgewiesen. Und ob sich dadurch der Zeitpunkt hinauszögern lässt, zu dem Betroffene in ein Heim eingewiesen werden müssen, wurde noch nicht untersucht. Ein Therapieversuch mit Ginkgo-Extrakt ist angemessen, wenn bessere Alzheimer-Medikamente nicht eingesetzt werden können, so die Bewertung der Stiftung Warentest. Auf test.de gibt es ausführliche Infos zu Medikamenten bei Demenz.