Alters­vorsorge im Check Richtig planen für die Rente

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Alters­vorsorge im Check - Richtig planen für die Rente

Jetzt abschätzen, ob später Rente fehlt, und voraus­schauend vorsorgen. An fünf Beispielen zeigen wir, wie das geht.

Birgit Jautelat ist erstaunt. „So viel!“, ist ihre erste Reaktion auf die Rentenlücke, die Finanztest für sie berechnet hat. Die 50-jährige Angestellte einer Laden­baufirma in der Nähe von Hannover hatte nicht erwartet, dass ihr voraus­sicht­lich 652 Euro im Monat fehlen werden, wenn sie im Dezember 2027 mit 66 Jahren und sechs Monaten ­regulär in Rente geht.

Die Rentenlücke ist die Differenz zwischen Jautelats gesetzlicher Rente und dem, was wir als ihren Finanzbedarf im Alter ermittelt haben. Für Birgit Jautelat und vier weitere Angestellte haben wir einen Alters­vorsorgecheck gemacht und berechnet, ob ihnen Geld im Alter fehlt, und wenn ja, wie viel. Wir zeigen an diesen Beispielen, wie ­Angestellte ihre Alters­vorsorge verbessern können – oder auch, dass sie schon genug ­gespart haben fürs Alter.

Wie viel im Alter nötig ist

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Die Renten­informationen auf einen Blick

Bei den meisten Rentnern fallen viele Ausgaben weg, die sie früher hatten, etwa die Finanzierung des Studiums ihrer Kinder oder die Kreditraten für die Eigentums­wohnung. Auf der anderen Seite kommen Ausgaben hinzu: beispiels­weise für ein Hobby, für das nun mehr Zeit da ist. Sie können dennoch damit rechnen, im Alter weniger Geld zu brauchen als im Arbeits­leben.

Für unseren Check gehen wir davon aus, dass im Alter 80 Prozent des letzten Netto­gehalts zur Verfügung stehen sollen. Den Abstand zwischen diesem Bedarf und der gesetzlichen Nettorente nennen wir Rentenlücke. Jeder kann sie sich mit unserem Rechner im Internet selbst ausrechnen (siehe Rechner für Finanzbedarf im Alter). Bei unseren Modell­fällen deckt die gesetzliche Rente im Schnitt zwei Drittel des Finanzbe­darfs im Alter. Für Angestellte ist sie mit Abstand die wichtigste Vorsorge.

Für unseren Vorsorgecheck haben wir sehr vorsichtig kalkuliert: Wir gehen von einer Lohn­erhöhung von durch­schnitt­lich 1,5 Prozent pro Jahr aus. Die Bruttorenten steigen nach unserer Prognose um 1,0 Prozent pro Jahr. Dies entspricht in etwa der ­durch­schnitt­lichen Lohn- und Renten­steigerung in den vergangenen zehn Jahren. Bekommen unsere Angestellten zu Renten­beginn Zahlungen aus einer privaten Alters­vorsorge, rechnen wir auch diese vorsichtig mit zwei Varianten hoch: einmal mit 1,75 Prozent Zinsen. Dies ist die garan­tierte Verzinsung, die private Renten- und Lebens­versicherer ihren Kunden ab 2012 bieten müssen; derzeit sind es noch 2,25 Prozent. Zum Zweiten mit 3 Prozent Zinsen – so viel bringt ein guter Bank­sparplan.

Am Anfang steht jedoch immer die ­Bestands­aufnahme (siehe Checkliste). Damit klar wird, was im Alter fehlt – oder ob einer nicht schon zu viel spart.

In unseren Rechnungen ziehen wir von allen Renten die später fälligen Sozial­abgaben bereits ab, Steuern jedoch noch nicht.

Birgit Jautelat, 50 Jahre

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Birgit Jautelat (50) kümmert sich gerne um die Rosen in ihrem Garten. Nicht so rosig sieht es mit ihrer Alters­vorsorge aus.

Birgit Jautelat hat uns nicht nur ihre Renten­information über ihre gesetzliche Rente geschickt, sondern auch die Stand­mitteilung ihrer betrieblichen Alters­vorsorge. Weitere Geldquellen fürs Alter hat sie bisher nicht.

Aus ihrer betrieblichen Alters­vorsorge kann Jautelat bei Renten­beginn voraus­sicht­lich 231 Euro im Monat erwarten. Mit diesem Geld verringert sie ihre Lücke im Alter von 652 Euro auf 421 Euro.

In die betriebliche Alters­vorsorge fließen derzeit 150 Euro im Monat: Davon zahlt die Angestellte 100 Euro aus ihrem Brutto­gehalt, sie spart dafür die Steuern und Sozial­abgaben. 50 Euro steuert ihr Arbeit­geber bei, ebenfalls abgabefrei. Mit dem Beitrag von insgesamt 1 800 Euro im Jahr ist die staatliche Förderung der betrieblichen Alters­vorsorge aber längst nicht ausgeschöpft.

Derzeit können 2 640 Euro im Jahr steurer- und sozial­abgabefrei in eine betriebliche Alters­vorsorge fließen (siehe Tabelle „So fördert der Staat die Altersvorsorge“). Jautelat könnte also ihren Beitrag zur betrieblichen Alters­vorsorge um 840 Euro im Jahr aufstocken. Zusätzlich könnte sie noch 1 800 Euro von ihrem Gehalt steuerfrei investieren. Denn sie hat keine Direkt­versicherung und keinen Pensions­kassen­vertrag aus der Zeit vor 2005. Dies ist Bedingung für die Extra-Steuer­förderung.

„Doch woher soll ich das Geld nehmen?“, fragt Jautelat. In dieser Situation sind viele berufs­tätige Frauen. Weil sie im Durch­schnitt weniger verdienen als Männer, sparen sie weniger fürs Alter. Im Jahr 2010 sparten Frauen monatlich im Schnitt 165 Euro, so das Institut für Demoskopie Allens­bach. Männer legten durch­schnitt­lich 230 Euro für die Alters­vorsorge auf die hohe Kante.

Michael Link, 57 Jahre

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Michael Link (57) hat eine gute Alters­vorsorge. Doch wenn der Journalist in Rente geht, sind seine vier Kinder noch in der Ausbildung. „ Sie werden dann Geld brauchen“, sagt er.

Bei Michael Link sind es nur noch acht Jahre bis zur Rente. Doch er braucht nichts zu verbessern. Der 57-jährige Journalist hat unterm Strich keine Versorgungs­lücke.

Zwar beträgt die Differenz zwischen gesetzlicher Rente und seinem Finanzbedarf im Alter voraus­sicht­lich 665 Euro im Monat. Doch mit dem Geld, das er aus einem Riester-Vertrag bekommt, drückt er diesen Fehl­betrag auf 470 Euro. Link bekommt ferner ­eine Kapital­leistung aus dem Versorgungs­werk der Presse. Diese Zusatz­versorgung ist für Zeitungs­journalisten Pflicht. „Von dem Tarif­vertrag profitiere ich erheblich“, freut sich Link.

Gerade erst hat er seine aktuelle Stand­mitteilung bekommen. Darin verspricht ihm das Presse­versorgungs­werk eine Gesamt­verzinsung inklusive Schluss­über­schuss von 5,2 Prozent. Ob er diese Verzinsung wirk­lich bekommt, ist allerdings ungewiss. Sicher ist nur die garan­tierte Leistung. Und die haben wir in unserer Rechnung berück­sichtigt; mehr nicht. Legt Link die garan­tierte Summe bei Renten­beginn an, dann kann er daraus bei einer Verzin­sung von 3 Prozent 25 Jahre lang eine Monats­rente von 625 Euro beziehen.

Zwar muss er auf die Auszahlung des Presse­versorgungs­werks Beiträge zur gesetzlichen Kranken­versicherung zahlen, doch das Geld reicht auch dann noch, um im Alter nahezu ohne Versorgungs­lücke zu sein. Aus heutiger Sicht fehlen nur 38 Euro. „Die muss ich dann wohl verschmerzen“, sagt Link.

Allerdings fragt sich der Journalist, ob die 80 Prozent seines letzten Netto­lohns, die wir für ihn als Finanzbedarf im Alter ansetzen, wirk­lich reichen. „Ich bin später Vater von vier Kindern“, sagt er. „Wenn ich Rentner bin, sind sie noch in Ausbildung. Sie werden dann Geld brauchen.“

Linkes Beispiel zeigt, dass jeder Fall anders liegt und jeder seine Alters­vorsorge individuell planen muss. Hinzu kommen Unwäg­barkeiten wie längere Arbeits­losig­keit oder Krankheit, die nicht nur jetzt für Einkommens­verluste, sondern später auch für Renten­einbußen sorgen würden. Unser Check kann deshalb nur eine Orientierung sein.

Georg Klasmann, 55 Jahre

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Georg Klasmann nimmt seine Versorgungs­lücke in Kauf. Im Alter will er „kleine Brötchen“ backen. „Notfalls ziehen meine Frau und ich in eine kleine Wohnung am Rande der Stadt“, sagt er. „Dort sind die Mieten güns­tiger.“

Georg Klasmann ist zwei Jahre jünger als Link. Der 55-Jährige hat noch gut zehn Jahre bis zur Rente. Der Abteilungs­leiter bei der Handwerks­kammer Berlin verdient über­durch­schnitt­lich. „Ich glaube, dass ich im Alter halb­wegs vernünftig versorgt bin“, sagt er. Doch dieser Eindruck trügt. Denn wer gut verdient, will meist auch im Alter gut leben.

Klas­manns Alters­vorsorge steht nur auf zwei Beinen: der gesetzlichen Rente und ­einer Betriebs­rente der Versorgungs­anstalt des Bundes und der Länder (VBL), der Pflicht­versicherung der Beschäftigten im öffent­lichen Dienst. Aus eigener Tasche zahlt er dort nur 68 Euro im Monat ein, den Löwen­anteil steuert der Arbeit­geber bei.

Steigt sein Einkommen – wie von uns angenommen – bis zum Renten­beginn um durch­schnitt­lich 1,5 Prozent im Jahr und wächst sein Renten­anspruch bis dahin um jähr­lich 1 Prozent, dann klafft bei seinem Renten­beginn im Februar 2022 eine Lücke von satten 1 056 Euro zwischen gesetzlicher Rente und 80 Prozent seines letzten Nettos vor der Rente. Mit der VBL-Rente drückt er diesen Betrag auf 609 Euro.

Um diese Lücke noch zu schließen, müsste Klasmann viel Geld in die Hand nehmen: 912 Euro im Monat müsste er in den verbleibenden zehn Jahren bis zur Rente sparen, um sich eine private Zusatz­rente in ausreichender Höhe zu sichern.

Unsere Rechnung gilt für einen Vorsorgever­trag mit einer Verzinsung von 3 Prozent. Bei einem renditesch­wachen Produkt mit 1,75 Prozent Verzinsung müsste er jeden Monat sogar 1 120 Euro aufwenden.

Mit einer Riester-Rente und einer freiwil­ligen Betriebs­rente könnte Klasmann seine Lücke verringern, wenn auch längst nicht schließen. Doch er ist nicht bereit, über­haupt zusätzlich privat vorzusorgen. „Ich ­lebe lieber jetzt als später“, sagt er. Eher will er im Alter „kleinere Brötchen“ backen und bei der Miete und anderen Ausgaben sparen.

Klasmann ist ein Beispiel dafür, dass es immer teurer wird, die Versorgungs­lücke zu schließen, je näher man dem Renten­alter kommt. Je früher man zu sparen anfängt, umso kleiner die Raten. Außerdem profitieren junge Sparer besonders vom Zinseszins.

Mathias Hässner, 43 Jahre

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Mathias Hässner ist nicht nur beim Fahr­radfahren ausdauernd. Auch bei der Alters­vorsorge hat der 43-Jährige einen langen Atem. Seinen ersten Vertrag hat der Kranken­pfleger bereits mit 20 Jahren abge­schlossen.

Früh ange­fangen hat Mathias Hässner. Der 43-jährige Kranken­pfleger aus dem Sauer­land hat bereits mit 20 Jahren seinen ersten privaten Vorsorgever­trag geschlossen. „Das war damals über­haupt nicht üblich“, sagt Hässner, „doch ich habe früh erkannt, dass ich zusätzlich fürs Alter sparen muss.“

Später kamen noch zwei weitere private Renten­versicherungen hinzu. Die Riester-Rente gab es damals noch nicht. Sie wurde 2002 einge­führt. Erst seit 2002 gibt es auch den Rechts­anspruch, der es Arbeitnehmern erlaubt, Teile ihres Gehalts steuer- und sozial­abgabefrei in eine betriebliche Alters­vorsorge zu stecken

Aus seiner betrieblichen Alters­vorsorge kann Hässner 182 Euro Monats­rente erwarten. Dieser Betrag reicht in seinem Fall bereits aus, um die Differenz zwischen seiner gesetzlichen Rente und seinem wenig üppigen letzten Netto­gehalt vor Renten­beginn zu schließen. Die privaten Renten­versiche­rungen sind Extrageld fürs Alter.

Steffi Klett, 33 Jahre

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Steffi Klett (33) profitiert nicht nur jetzt von Gratifikationen und Boni, die ihr Arbeit­geber zahlt. Dieses Extrageld steigert später auch ihre Rente.

Ein biss­chen Vorsorge würde Steffi Klett noch guttun. Sie arbeitet im Marketing einer Computerfirma.

Wir haben zunächst ihr Grund­gehalt mit ihren Renten­ansprüchen verglichen und waren verblüfft: Wenn sie voraus­sicht­lich im März 2045 in Rente geht, bekommt sie nach unserer Hoch­rechnung 411 Euro mehr Rente als ihr letztes Netto­gehalt vor Renten­beginn voraus­sicht­lich betragen wird.

Des Rätsels Lösung: Ein großer Teil ihres Gehalts besteht aus Boni und Erfolgs­betei­ligung, für die Klett auch Beiträge an die gesetzliche Renten­versicherung zahlt. Sie steigern später ihre Rente.

Doch beim Netto­gehalt, aus dem wir den Finanzbedarf berechnen, hatten wir die Extrazah­lungen zunächst nicht berück­sichtigt. Rechnet man Klett gesamtes Gehalt bis zur Rente hoch und vergleicht die gesetzliche Rente mit ihrem Finanzbedarf, hat die 33-Jährige voraus­sicht­lich doch eine Versorgungs­lücke von 659 Euro.

Die gesetzliche Rente leitet sich aus dem gesamten Gehalt ab. Ob dazu auch Boni gehören, ist egal. „Auch wenn in einem Monat durch die Sonderzah­lungen die Beitrags­bemessungs­grenze über­schritten wird, fallen darauf Rentenbeiträge an“, sagt Walter Glanz von der Deutschen Renten­versiche­rung.

Das geht so: Bis zur monatlichen Beitrags­bemessungs­grenze von 5 500 Euro in den ­alten und 4 800 Euro in den neuen Bundes­ländern werden die Beiträge erhoben. Geht der Verdienst in einem Monat darüber hinaus, holt sich die Renten­versicherung den Beitrag dafür im darauf­folgenden Monat.

Erst wenn das gesamte Jahres­gehalt über 66 000 Euro im Westen und 57 600 Euro im Osten liegt, werden auf den darüber­liegen­den Teil des Gehalts keine Beiträge mehr fällig. Von diesem Jahres­gehalt ist Steffi Klett jedoch weit entfernt. Und so zahlt sie Beiträge auf ihre gesamten Gehalts­boni.

Um ihre Versorgungs­lücke von 659 Euro zu schließen, müsste sie zusätzlich 205 Euro im Monat zurück­legen und in ein Vorsorgepro­dukt investieren, das ihr eine Verzin­sung von 3 Prozent bietet.

Mit einem Riester-Vertrag wäre sie gut bedient. Wenn sie den Höchst­beitrag von 2 100 Euro im Jahr beispiels­weise in einen Riester-Fonds­sparplan einzahlt, beteiligt sich der Staat mit 154 Euro an diesem Betrag. Darüber hinaus kann Klett ihren Eigenbeitrag in der Steuererklärung geltend machen.

Gutverdiener wie Klett sparen mit ihren Riester-Beiträgen mehr Steuern als Sparer mit mitt­lerem Einkommen. Der Grund ist die Steuer­progression, die Verdiener mit höheren Einkünften stärker trifft als Durch­schnitts­verdiener. Wer steuerlich stärker belastet wird, kann auch mehr Steuern sparen.

Klett weiß aber noch nicht, ob sie zusätzlich fürs Alter sparen will. Erst einmal investiert sie Teile ihres Gehalts in ein Arbeits­zeit­konto. Vom Tausch Geld gegen Frei­zeit profitiert sie nicht erst im Renten­alter. Sie nimmt jetzt eine Auszeit vom Job: „Zuerst fahre ich fünf Wochen nach Hawai“, sagt sie, „und dann drei Wochen nach Thai­land.“

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