Alters­vorsorge für Selbst­ständige So regeln Sie Ihre Rente

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Alters­vorsorge für Selbst­ständige - So regeln Sie Ihre Rente

Selbst­ständige Fitness-Trainer und Floristen haben kein berufs­ständiges Versorgungs­werk. Sie können über die Rentenkasse vorsorgen. © Adobe Stock / Industrieblick

Die gesetzliche Rente ist auch etwas für Selbst­ständige. Wir erklären, für wen sie passt, und zeigen, was dabei heraus­springt.

Wer selbst­ständig arbeitet, muss sich in der Regel finanziell alleine um seine Alters­vorsorge kümmern, ob Malermeister mit großem Betrieb oder selbst­ständige Software­entwick­lerin. Auch Heb­ammen, Yoga­lehrer und Fitness­trainer gehören dazu, solange sie nicht fest angestellt sind. Für die meisten gilt: Weder beteiligt sich ein Arbeit­geber an ihrer Alters­sicherung, noch über­nimmt wie bei Beamten der Staat diese ganz.

Unser Rat

Prüfen. Prüfen Sie, ob Sie als Selbst­ständiger in der Renten­versicherung pflicht­versichert sind und Beiträge zahlen müssen (Manche sind zur Vorsorge verpflichtet). Bei Berufen wie Trainer, Berater, Dozent gibt es Grenz­fälle. Haben Sie vergessen, Beiträge zu zahlen, oder sind Sie sich unsicher, ob Sie das tun müssen, lassen Sie sich beraten.

Freie Wahl. Wenn Sie eine Basis­absicherung fürs Alter brauchen, ist die Renten­versicherung eine gute Option. In den ersten fünf Jahren Ihrer Selbst­ständig­keit können Sie einen Antrag auf Pflicht­versicherung stellen. So erhalten Sie auch Schutz bei Erwerbs­minderung und können von der neuen Grund­rente profitieren. Flexibler sind Sie mit einer freiwil­ligen Versicherung.

Höhe der Einzahlung planen. Unsere Tabellen Freiwillig versichert: Rente und Steuererstattung und Pflichtversicherung auf Antrag zeigen beispielhaft, wie hoch der Renten­anspruch derzeit ausfällt. Genau rechnen können Sie mit unserem kostenlosen Rechner freiwillige Rentenversicherung.

Beiträge absetzen. Rentenbeiträge können Sie steuerlich absetzen. Tragen Sie sie in der Anlage Vorsorgeaufwand Ihrer Steuererklärung in Zeile 6 ein. Die Tabelle Freiwillig versichert: Rente und Steuererstattung zeigt beispielhaft, wie hoch Steuerrück­zahlungen ausfallen können.

Fälligkeit. Die Rentenbeiträge werden zum dritt­letzten Bank­arbeits­tag des Monats abge­bucht. Freiwil­lig Versicherte können bis Ende März des Folge­jahres zahlen.

Fragen und Probleme. Die Rentenkasse berät Sie kostenlos. Bei Streit mit der Kasse helfen die Sozial­verbände VdK und SoVD gegen Mitglieds­beitrag. Auch freie Rentenberater und Fach­anwälte beraten dazu. Erkundigen Sie sich vorher nach deren Honorar.

Nicht alle haben freie Wahl

Trotzdem können nicht alle Selbst­ständigen frei wählen, wie sie ein Polster aufbauen. Einige Berufs­gruppen wie Lehrer, Künstler oder Erzieher sind auto­matisch in der gesetzlichen Renten­versicherung pflicht­versichert – manchmal ohne das zu wissen. Sie müssen also monatlich Rentenbeiträge zahlen. Auch Hand­werker sind zumindest für eine gewisse Zeit pflicht­versichert. Insgesamt sind immerhin rund eine Million Menschen. Freiberufler wie Ärzte, Architekten und Steuerberater können sich befreien lassen, wenn sie in ihre eigenen Versorgungs­werke einzahlen.

Alternative für Basis­absicherung

Weitere drei Millionen Selbst­ständige haben die Wahl, wie sie vorsorgen. Eine Möglich­keit sind Einzahlungen in die gesetzliche Renten­versicherung. Sie kann für diejenigen sinn­voll sein, die eine Basis­vorsorge fürs Alter brauchen. Etwa, weil sie voraus­sicht­lich keine Einkünfte aus Mieten oder Wert­anlagen haben.

Großes Plus der gesetzlichen Renten­versicherung: Beitrags­zeiten von Selbst­ständigen zählen zu den Zeiten aus einem früheren oder späteren Beschäftigungs­verhältnis. Das ist wichtig, um Mindest­versicherungs­zeiten zu erreichen, etwa 5 Jahre für die reguläre oder 35 Jahre für die vorzeitige Alters­rente. Das Geld ist im Falle einer Insolvenz sicher und im Alter fließt die Rente ein Leben lang.

Doch Selbst­ständige sollten auch wissen: Als Notre­serve können sie das einge­zahlte Geld nicht mehr nutzen, sollten sie einen finanziellen Engpass über­brücken müssen. Auch vererben können sie es nicht.

Glossar

Pflicht­versichert. Selbst­ständige, die das Gesetz zur Alters­vorsorge verpflichtet. Wer zur Vorsorge verpflichtet ist, sehen Sie unter Manche sind zur Vorsorge verpflichtet.

Freiwil­lig versichert. Selbst­ständige, die nicht gesetzlich verpflichtet sind, für ihr Alter vorzusorgen, aber freiwil­lig Beiträge an die gesetzliche Rentenkasse zahlen. Sie stellen dafür einen Antrag auf freiwil­lige Versicherung. Diese können sie jeder­zeit wieder beenden.

Pflicht­versichert auf Antrag. Versicherungs­freie Selbst­ständige, die in den ersten fünf Jahren nach Aufnahme der selbst­ständigen Tätig­keit die Pflicht­versicherung beantragen, etwa um das Risiko einer Erwerbs­minderung abzu­sichern.

Mindest­beitrag. Errechnet sich aus dem Einkommen, ab dem Renten­pflicht­beiträge anfallen: 450 Euro im Monat. Bei 18,6 Prozent Beitrags­satz ergibt das 83,70 Euro im Monat, 1 004,40 Euro im Jahr.

Höchst­beitrag. Der Höchst­beitrag liegt bei monatlich 1 283,40 Euro (West) und 1 199,70 Euro (Ost). Er errechnet sich aus dem höchsten Einkommen, bis zu dem 2020 Renten­pflicht­beiträge anfallen: 82 800 Euro (West) und 77 400 Euro (Ost) im Jahr. Bei freiwil­liger Versicherung gilt immer die West-Grenze.

Regelbeitrag. Der Regelbeitrag liegt bei 592,41 Euro (West) und 559,86 Euro (Ost) im Monat. Er errechnet sich aus der „Bezugs­größe“, die etwa dem Durch­schnitts­einkommen entspricht: 2020 liegt sie bei 38 220 Euro (West) und 36 120 Euro (Ost).

Freiwil­lig oder Pflicht­versichert

Wer die gesetzliche Renten­versicherung als Vorsorge in Betracht zieht, hat in den ersten fünf Jahren seiner Selbst­ständig­keit zwei Möglich­keiten: die recht flexible freiwil­lige Versicherung, die auch später noch möglich ist, oder die Versicherungs­pflicht auf Antrag. Letztere ist unflexibler, weil die Höhe der Beträge vorgegeben ist und die einmal gewählte Pflicht dauer­haft besteht. Im Gegen­zug bietet sie aber eine Absicherung bei verminderter Erwerbs­fähig­keit. Außerdem zählt die Versicherungs­zeit bei der neuen Grund­rente. Sie soll ab Januar 2021 dafür sorgen, dass Menschen, die trotz langer Pflicht­versicherung nur eine geringe Rente erhalten, einen Zuschlag bekommen.

In Nied­rigzins­phase bewährt

Ganz gleich, welcher Versicherungs­status – in puncto Rendite muss sich die gesetzliche Rente derzeit nicht verstecken; zumindest wenn man sie mit den durch die Nied­rigzins­phase stark gebeutelten unge­förderten Garan­tierenten der privaten Versicherer vergleicht. Steuer­erleichterungen machen sie zusätzlich attraktiv. Auch der staatlich geförderten klassischen Rürup-Rente ist sie nicht zwangs­läufig unterlegen.

Steuer­vorteile nutzen

Derzeit schreibt die Rentenkasse Selbst­ständigen, die als freiwil­lig Versicherte 1 200 Euro im Jahr einzahlen, Renten­anwart­schaften im Wert von 5,44 Euro im Monat gut. Vom Finanz­amt zurück bekäme ein Allein­stehender mit einem Jahres­gewinn von 20 000 Euro 311 Euro. Sein Einsatz läge bei unter 900 Euro.

Eine Allein­stehende, die den Höchst­beitrag von rund 15 400 Euro im Jahr einzahlt, erhöht ihre Renten­ansprüche nach derzeitigen Werten um fast 70 Euro im Monat. Bei einem Jahres­gewinn von 80 000 Euro bekäme sie mehr als 6 100 Euro davon als Steuerersparnis zurück. Ihr Einsatz für 70 Euro Monats­rente läge bei unter 9 300 Euro.

Kunden, die heute eine gute aufgeschobene Privatrente abschließen, bekommen deutlich weniger garan­tiert. Allerdings gehen von der gesetzlichen Rente bei gesetzlich Kranken­versicherten Sozialbeiträge von derzeit rund 11 Prozent ab, bei Privatrenten meist nicht. Auch gehen von einer privaten Rente im Alter weniger Steuern ab.

Rund eine Million Pflicht­versicherte

Ähnlich wie bei freiwil­lig Versicherten sieht das Verhältnis zwischen Beitrags­zahlung und Renten­anwart­schaft für Selbst­ständige aus, wenn sie sich auf Antrag pflicht­versichern oder kraft Gesetz pflicht­versichert sind.

Anders ist, dass die Renten­versicherung bei den insgesamt rund eine Million Pflicht­versicherten noch bis zum Jahr 2024 zwischen Ost- und West­beiträgen unterscheidet. Erfreulich für ostdeutsche Selbst­ständige: Die Rentenkasse schreibt ihnen bei gleichem Beitrag mehr Rente gut als den Selbst­ständigen im Westen (siehe auch Tabelle Pflichtversicherung auf Antrag).

Pflicht­versicherte: Aktiv kümmern

Auch Selbst­ständige, die nicht auf Antrag, sondern auto­matisch kraft Gesetz versicherungs­pflichtig sind, müssen sich kümmern und beim Renten­versicherungs­träger melden. Tun sie es nicht, kann das später ins Geld gehen. Das Problem: Nicht alle wissen, zu welchen Rentenspezies sie als Selbst­ständige gehören. Die Abgrenzungen etwa zwischen einem versicherungs­freien Berater oder einem versicherungs­pflichtigen Trainer sind nicht immer eindeutig.

Hält die Bundes­regierung an ihren Plänen fest, könnte dieses Problem aber bald der Vergangenheit angehören.

Versicherungs­pflicht für alle

Im Koalitions­vertrag von 2018 haben sich CDU, CSU und SPD darauf geeinigt, eine Alters­vorsorge für alle Selbst­ständigen verpflichtend zu machen. Die soll in der Regel zu einer Rente ober­halb des staatlichen Grund­sicherungs­niveaus führen. Der Grund: Nicht bei allen Selbst­ständigen läuft die Alters­vorsorge rund. Eine OECD-Studie aus dem Jahr 2019 kommt zu dem Schluss, dass das aktuelle Renten­niveau bei ihnen deutlich nied­riger ist als bei Angestellten. Bei Solo­selbst­ständigen sei die Renten­abdeckung seit Mitte der 2000er Jahre sogar gesunken.

Nicht warten, anfangen

Wann das Gesetz kommt, ist noch offen. Zwar arbeite man im Bundes­arbeits­ministerium an einem Entwurf, sagte ein Sprecher auf Anfrage von Finanztest, aber einen konkreten Zeitplan könne man nicht mitteilen. Angedacht ist, die gesetzliche Renten­versicherung als Stan­dard­variante für alle Selbst­ständigen vorzusehen. Solche, die eine vergleich­bare andere insolvenzsichere Vorsorge nach­weisen, sollen aus dem gesetzlichen System aussteigen können. Unklar ist auch, ob die neue Vorsorgepflicht für alle gilt, oder nur für jene, die ihre Selbst­ständig­keit nach Inkraft­treten des Gesetzes aufnehmen.

Die Alters­vorsorge aufzuschieben, bis das Gesetz kommt, ist keine gute Idee. Gerade wenn das Geld knapp ist, ist es wichtig, so früh wie möglich zu beginnen. Je länger der Zeitraum, desto mehr kann man auch mit kleineren Beträgen erreichen.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 30.11.2020 um 15:02 Uhr
    Private Rentenversicherungen und Krankenkassenbeit

    @wstorz: Die Krankenkassenbeiträge sind nicht Thema dieses Artikels. Hier geht es um die Beiträge zur Rentenversicherung. Informationen über die Krankenkassenbeiträge der Pflichtversicherten und freiwillig versicherten Rentner finden Sie unter dem nachstehenden Link. (PH)
    www.test.de/Steuern-und-Sozialabgaben-Diese-Abgaben-zahlen-Sie-auf-Ihre-Rente-5542858-0

  • WSTORZ am 30.11.2020 um 14:20 Uhr
    Private Rentenversicherungen und Krankenkassenbeit

    Auch auf die Leistungen privater Rentenversicherungen wird meines Wissens der für alle Einnahmen (auch Mieten, Zinsen, Dividenden, kapitalisierte Direktversicherungen etc.) obligatorische KV-Beitrag der Gesetzlichen KV bis zur Beitragsbemessungsgrenze erhoben, die privaten Renten sind lediglich steuerlich begünstigt, weil ja auch eigene Beiträge geleistet wurden oder wie bei der Rürup-Rente hohe Steuervorteile direkt im Jahr der Beitragszahlung gewährt werden.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 31.08.2020 um 13:40 Uhr
    Beitragsbemessung Krankenversicherung im Alter

    @Max.Headroom: In unserem Artikel zu den Sozialabgaben im Alter finden Sie auch eine Darstellung zur Beitragsbemessung der Einkünfte von Pflichtversicherten und freiwillig versicherten Rentnern:
    www.test.de/Steuern-und-Sozialabgaben-Diese-Abgaben-zahlen-Sie-auf-Ihre-Rente-5542858-0
    (maa)

  • Max.Headroom am 31.08.2020 um 13:16 Uhr
    Krankenversicherung der Rentner

    Wer freiwillig in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlt, kommt dann später eventuell auch in den Genuss der "Krankenversicherung der Rentner" - was keine eigene Versicherung ist, sondern ein besonders günstiger Tarif der gesetzlichen Krankenversicherungen.
    Können Sie dazu bitte mal etwas schreiben, also wie die Bedingungen sind, um da reinzukommen, Unterschiede zwischen Pflichtmitgliedschaft und freiwilliger Mitgliedschaft was die Beiträge betrifft, etc...?

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 31.08.2020 um 10:43 Uhr
    Freiwillige Einzahlungen Beamte

    @wohnparkahe: Unter dem folgenden Link finden interessierte Beamte einen Artikel zu den freiwilligen Einzahlungen, der auch ihre Belange behandelt:
    www.test.de/Gesetzliche-Rente-Freiwillig-einzahlen-lohnt-auch-fuer-Selbststaendige-5137866-5137871/
    (maa)