Alters­beschwerden Welche Mittel helfen

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Gegen das Altern ist kein Kraut gewachsen, gegen Alters­beschwerden werden aber viele Mittel angeboten. Nur wenige helfen, und mitunter können „Alters­heil­mittel“ sogar schaden.

Alter hat Zukunft. Schon für das Jahr 2070 wird eine durch­schnitt­liche Lebens­erwartung von 100 Jahren voraus­gesagt. Heute liegt sie in Deutsch­land für Männer bei 77, für Frauen bei 82 Jahren.

Die Fähig­keiten, sich zu regenerieren, Veränderungen auszugleichen, lassen im Alter nach. Altern wird von natürlichen Abnut­zungs­prozessen begleitet. Sie können das Leben im Alltag erschweren, die Lebens­freude mindern: „Gliederreißen“, Erschöpfung, Leistungs­schwäche, Konzentrations- und Gedächt­nisstörungen, Orientierungs­schwäche, Herz­beschwerden, nach­lassende Sexual­funk­tion. Allgemein steigt mit dem Alter das Risiko, zu erkranken. Für Männer wächst zum Beispiel die Wahr­scheinlich­keit von Beschwerden und Erkrankungen der Prostata, für Frauen das Risiko für Herz-Kreis­lauf-Erkrankungen.

Dem Alter ein Schnipp­chen schlagen

Das Alter selbst ist keine Krankheit. Doch gegen konkrete und auch unspezi­fische Alters­beschwerden wird eine breite Produktpalette angeboten: Geriatrika, Tonika, Stimulanzien. Um dem Alter ein Schnipp­chen zu schlagen, geben Menschen, die in die Jahre gekommen sind, Jahr für Jahr Millionen Euro für spezielle Tabletten, Kapseln, Dragees, Pulver und Säfte aus.

Die Käufer versprechen sich davon viel. Die unterschiedlichsten Mittel sollen der Vor- und Nach­sorge dienen von Kopf bis Fuß: Hirn, Herz und Kreis­lauf, auch die Beine sollen zum Beispiel auf Trab gebracht, Mattig­keit, nach­lassende Leistungs­kraft behoben und Depressionen vertrieben werden.

Aus wissenschaftlicher Sicht ist der Nutzen der meist rezept­freien Angebote häufig fraglich. Aber einige positive Ausnahmen gibt es doch. Was oft nicht bekannt ist: In vielen Fällen muss auch bei diesen Präparaten mit Neben- und Wechsel­wirkungen gerechnet werden. Auch mit „Klassikern“ unter den Geriatrika kann Unheil ange­richtet werden. Hier eine Über­sicht zum Nutzen und zu den Risiken.

Allgemeine Leistungs­verstärker

Ginsengwurzel: Einige Studien legen nahe, dass Ginseng die Leistungs- und Konzentrations­fähig­keit verbessern kann. Allerdings reichen die Ergeb­nisse nicht aus, die therapeutische Wirk­samkeit für die Vielzahl der angegebenen Anwendungs­bereiche ausreichend nach­zuweisen.

Ginseng­präparate wie zum Beispiel Doppel­herz aktiv Ginseng, Ginsana G 115, Korea Ginseng, Kumsan Ginseng Tonikum, Roter Ginseng von Gintec enthalten die gepul­verte Wurzel von Ginseng oder einen Extrakt aus der Wurzel. Unter­suchungen mit Tieren ergaben, dass Ginseng vor den schädlichen Auswirkungen von Über­lastungen schützen kann. Klinische Studien am Menschen zeigten zwar Hinweise auf positive Effekte, doch für einen Wirk­samkeits­nach­weis, wie er heute von Arznei­mitteln gefordert wird, reichen sie nicht aus.

Was zu beachten ist: Ginsana G 115 Tonic, Korea Ginseng Tonikum extra stark, Kumsan Ginseng Tonikum enthalten Alkohol. Alkohol kann die Wirkung vieler Arznei­mittel verstärken, zum Beispiel von Schlaf- und Beruhigungs­mitteln, Psycho­pharmaka, starken Schmerz­mitteln, einigen Medikamenten gegen hohen Blut­druck. Menschen mit einem hohen Blut­druck oder Diabetes sollten Ginseng nur nach Rück­sprache mit dem Arzt einnehmen.

Wenn Sie ginsenghaltige Mittel zusammen mit gerinnungs­hemmenden Mitteln wie Phen­procoumon und Warfarin (bei erhöhter Thrombosegefahr) einnehmen, kann deren Wirkung abge­schwächt werden.

Gegen Arterio­sklerose und Blut­fette

Knoblauch: Man nimmt an, dass Knoblauch den Cholesterinspiegel senkt, die Blut­gerinnung hemmt und die Auflösung von Blut­gerinn­seln fördert. Insgesamt soll das Blut durch Knoblauch „dünn­flüssiger“ werden. Medizi­nisch verwendetes Knoblauch­pulver sollte auf den Inhalts­stoff Alliin normiert sein. Knoblauch­präparate sind zum Beispiel beni-cur und Kwai.

Knoblauch soll vor allem alters­bedingter Gefäß­verkalkung (Arterio­sklerose) vorbeugen. Es ist aber nicht sicher, ob er das Fort­schreiten einer Arterio­sklerose bremsen kann. Studien erbrachten keine einheitlichen Ergeb­nisse. Nach einer neuen Über­sichts­arbeit kann Knoblauch den Blut­druck senken. Ob dies positive Auswirkungern auf Folge­erkrankungen wie Herz­infarkt und Schlag­anfall hat, ist nicht bekannt. Es ist auch nicht klar, ob die erhofften Wirkungen eher mit Präparaten aus getrock­netem Knoblauch­pulver oder mit öligem Auszug zu erzielen sind. Die meisten klinischen Studien erfolgten mit Präparaten mit auf Alliin normiertem Knoblauch­pulver.

Die für Pflanzen zuständige Kommis­sion des Bundes­gesund­heits­amts nennt als Tages­dosis für getrock­netes Knoblauch­pulver 600 bis 900 Milligramm. Das entspricht 2 bis 3 Gramm frischem Knoblauch.

Was zu beachten ist: Knoblauch kann die Gerinnungs­fähig­keit des Blutes herab­setzen. Vor Operationen sollten Sie knoblauchhaltige Mittel absetzen. Blut­druck­senkende Medikamente können durch Knoblauch stärker wirken, ebenso blut­verdünnende wie Phen­procoumon oder Warfarin (bei erhöhter Thrombosegefahr) und Azetylsalizylsäure (ASS; zur Vorbeugung gegen Herz­infarkt, Schlag­anfall). Möglicher­weise kann sich die Wirk­samkeit von Saquinavir (Mittel bei HIV-Infektionen, Aids) verringern – vor allem wenn Knoblauch hoch dosiert wird. Es könnte auch zu Problemen kommen, wenn das Knoblauch­präparat abge­setzt wird und der Arznei­stoff Saquinavir dann unerwartet stark wirkt.

Kombination aus Knoblauchöl, Lezithin und Vitamin E (Lipidavit): Auch hier liegen keine ausreichenden Belege vor, dass das Mittel therapeutisch wirk­sam ist, um erhöhte Blut­fett­werte zu senken und die Leistungs­fähig­keit zu steigern.

Was zu beachten ist: Das Präparat kann die Wirkung von eisenhaltigen Arznei­mitteln vermindern. Es gibt Berichte, dass Knoblauch und hoch­dosiertes Vitamin E die Wirkung von gerinnungs­hemmenden Mitteln verstärken können.

Fischöl (siehe Tabelle): Aus Studien geht hervor, dass Fischöl die Triglyzer­idwerte im Blut absenken kann. Ob sich durch nied­rigere Triglyzer­idwerte weniger Plaque bildet, ist nicht nachgewiesen. Auch ist unklar, ob die regel­mäßige Einnahme von Fischöl die Sterb­lich­keit an Herz-Kreis­lauf-Erkrankungen senken kann. Herz­rhythmus­störungen können durch Fischöl möglicher­weise eher gefördert als verhindert werden.

Was zu beachten ist: Da Fischöl die Blut­gerinnung hemmen kann, sollten Sie die Mittel vor einem operativen Eingriff recht­zeitig absetzen. Wenn Sie eine Leber­krankheit haben, sollte ein Arzt zwei Wochen nach Beginn der regel­mäßigen Einnahme von Fischöl und dann noch einmal drei Monate später die Leber­werte prüfen. Eine Studie gibt Hinweise darauf, dass die tägliche Einnahme von 1,8 Gramm Fischöl bei Patienten mit bereits bekannten Herz­rhythmus­störungen und einem implantierten Defibrillator – er stellt bei Kammerflimmern den normalen Herz­rhythmus wieder her – das Risiko für Rhythmus­störungen erhöhen kann.

Sie dürfen kein Fischöl nehmen bei Bauch­speicheldrüsen­entzündung, Leber­krankheit, Gallenblasen­entzündung, Fett­verdauungs­störungen, Beein­trächtigung der Blut­gerinnung. Wunden können unter Fischöl länger bluten. Es erhöht sich auch die Gefahr für innere Blutungen. Gehen Sie sofort zum Arzt, wenn Sie bereits nach kleinen Stößen blaue Flecken bekommen.

Für Herz, Hirn und Kreis­lauf

Prokain ist ein Mittel zur örtlichen Betäubung. Bei seiner Anwendung wurden unerwünschte Wirkungen beob­achtet wie ein Absinken des Blut­drucks. Sie waren Anlass, den Einfluss der Substanz auf den Alterungs­prozess zu unter­suchen. Geschlucktes Prokain wird allerdings, schon bevor es aus dem Darm aufgenommen werden kann, in andere Substanzen gespalten. Auch Prokain, das per Injektion direkt ins Blut gelangt, wird so rasch abge­baut, dass es im Körper keine Wirkung entfalten kann – eventuell geschieht dies aber durch Abbau­produkte. Das Präparat K.H.3 enthält neben Prokain auch Hämato­porphyrin und Magnesium. Für keinen der drei Inhalts­stoffe ist ausreichend nachgewiesen, dass er Alters­erschwer­nisse beein­flussen kann.

Was zu beachten ist: Sie dürfen K.H.3 nicht anwenden, wenn Sie auf Mittel zur örtlichen Betäubung allergisch reagieren, wenn Sie Sulfon­amide einnehmen (bei Infektionen, vor allem solchen der Harnwege). Prokain kann die Wirkung der Sulfon- amide auf Bakterien beein­trächtigen.

Ginkgo: Medikamente sind zum Beispiel Gingium, Ginkobil ratiopharm, Tebonin. Der Extrakt stammt aus Blättern des Ginkgo-Baumes. Er soll unter anderem Blutgefäße erweitern, zell­schädigende „freie Radikale“ einfangen, Fließ­eigenschaften des Blutes verbessern, auch das Gehirn besser mit Sauer­stoff versorgen. Belegt ist, dass sich mit der Einnahme von Ginkgo­extrakt – Indikation arterielle Durch­blutungs­störungen – die Gehfähig­keit um etwa 30 Meter steigern lässt. Dieser Effekt ist bei Einschränkungen der Gehfähig­keit allerdings auch mit Gehtraining zu erreichen.

Für die Alzheimer-Demenz fehlen Studien, die die Wirk­samkeit mit denen der besser geeigneten, rezept­pflichtigen Mittel aus der Gruppe der Azetylcholinesterase-Inhibitoren vergleichen.

Was zu beachten ist: Die Mittel können die Blut­gerinnung beein­flussen (fünf bis acht Tage vor einer Operation absetzen). Ginkgo­extrakt kann die Wirkung von gerinnungs­hemmenden Mitteln wie Warfarin oder Phen­procoumon sowie von ASS, Clopidogrel, Tiklopidin (bei erhöhter Thrombosegefahr) verstärken, sodass leichte Blutungen auftreten können.

Stärkung fürs Herz

Weiß­dorn: Im Vergleich mit einem Scheinmedikament kann es Herz­schwäche-Beschwerden wie Atemnot und Müdig­keit positiv beein­flussen, die Arbeits­kraft des Herzens verbessern. Der Effekt ist aber deutlich geringer als bei verschreibungs­pflichtigen Mitteln wie Diuretika und ACE-Hemmern. Dass die Mittel das Risiko von Folge­erkrankungen einer Herz­schwäche verringert, ist nicht nachgewiesen. Medikamente sind zum Beispiel Cratae­gutt, Faros, H&S Weiß­dorn­blätter, Ky-Cor, Orthangin, Sidroga Herz- und Kreis­lauftee N, Sidroga Weiß­dorn (Tee), Weiß­dorn­blätter mit Blüten Bombastus (Tee). In Absprache mit dem behandelnden Arzt kann Weiß­dorn­extrakt in Kapseln allenfalls unterstützend neben wirk­samen rezept­pflichtigen Mitteln einge­nommen werden.

Beruhigend

Melisse: Melissentee wird in der Volks­medizin als Beruhigungs­mittel genutzt (zum Beispiel Bad Heilbrunner Melissen-Tee, H&S Melissentee, Sidroga Melissenblätter). Was bei der aus Südeuropa stammenden Heil­pflanze Melisse beruhigend oder schlaf­fördernd wirkt, ist nicht bekannt, die therapeutische Wirk­samkeit nicht ausreichend nachgewiesen.

Anwendungs­hinweis: 1,5 bis 4,5 Gramm getrock­nete Melissenblätter sollen aufgebrüht werden und zehn Minuten ziehen. Filterbeutel enthalten 1,5 oder 1,6 Gramm Melissenblätter. Ein Beutel pro Tasse liegt übrigens an der unteren Grenze der Empfehlung für die Dosierung.

Stimmungs­aufheller

Johannis­kraut (siehe Tabelle) kann zur Behand­lung leichter vorüber­gehender depressiver Verstimmung einge­setzt werden. In Studien war Johannis­krau­text­rakt Jarsin bei mittel­schweren depressiven Störungen ähnlich effektiv wie ein herkömm­liches chemisches Antide­pressivum. Das gilt auch für das Präparat Neuroplant 300 mg N mit einem anderen Extrakt. Es sollten solche Johannis­krautpräparate bevor­zugt werden, die angeben, wie viel Gesamt­extrakt jeweils mit einer Tablette einge­nommen wird. Ob sich das Befinden bessert, zeigt sich frühestens nach etwa zwei Wochen.

Was zu beachten ist: Die Substanz kann die Haut licht­empfindlicher machen. Intensive Sonnen­bestrahlung und Solarium sind zu meiden. Die Wirk­samkeit folgender Medikamente kann sich durch Johannis­krau­text­rakt verringern: Digoxin (Herz­schwäche), Phen­procoumon und Warfarin (erhöhte Thrombosegefahr), Imatinib und Irinotecan (Krebs­erkrankungen), Saquinavir und Nevirapin (HIV-Infektionen, Aids), Ciclosporin, Sirolimus und Tacrolimus (nach Organ­trans­plantationen). Auch die Wirkung der „Pille“ kann durch Johannis­kraut einge­schränkt werden – mit dem Risiko einer ungewollten Schwangerschaft.

Prostata­beschwerden

Säge­palmen­frucht (siehe Tabelle): Mit dem Extrakt werden Beschwerden beim Wasser­lassen durch eine vergrößerte Prostata behandelt. Interna­tionale Studien belegen die Wirk­samkeit, für hier zugelassene Extrakte liegen aber nur wenige Studien vor. Lang­zeit­unter­suchungen fehlen.

Phytosterol (siehe Tabelle) ist der Haupt­bestand­teil eines Gemischs verschiedener Pflanzenin­halts­stoffe. Laut mehreren Studien können sie Prostata­beschwerden bessern. Die Prostata wurde aber nicht verkleinert. Für Zubereitungen mit Brenn­nesselwur­zelextrakt (Bazoton, Prostaforton) oder Kürbis­samen (wie Nomon mono, Prosta Fink Forte) ist die Wirk­samkeit nicht ausreichend nachgewiesen.

Wer sich bei Prostata­beschwerden pflanzlich behandeln will, sollte das zuvor mit dem Arzt besprechen.

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Kommentarliste

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  • Nicole_Berlin am 20.04.2022 um 23:26 Uhr
    Omega-3 Konzentrat

    Ich muss mit euch einfach meinen wundervollen neuen Fund teilen, um das Herz und die Gefäße zu unterstützen - Trimegavitals. Omega-3 Konzentrat und Lycopene. Der unvergleichliche Komplex von Siberian Wellness fand ich durch Zufall und war glücklich, denn nach den neuesten Analysen sind die Cholesterinwerte echt am Rande. Bis jetzt ist es keine Pathologie, aber es ist immer besser, sich abzusichern. Omega und Lycopin sind natürliche Bestandteile, die helfen, überschüssiges Cholesterin loszuwerden. Ich kann erstmal auf Statine verzichten, weil dieser Komplex, Cholesterin ohne Medikamente und Chemie im Rahmen zu halten hilft.

  • HTH am 30.12.2014 um 10:36 Uhr
    Widerspruch

    Der Satz "Knoblauch kann die Gerinnungsfähigkeit des Blutes herabsetzen. Vor Operationen sollten Sie knoblauchhaltige Mittel absetzen." steht im Widerspruch zu Ihren übrigen Aussagen.
    - Entweder hat Knoblauch eine gerinungshemmende Wirkung, dann ist der Satz richtig, die Aussagen über manglende Wirksamkeit dagegen falsch.
    - Oder eine blutdrucksenkende Wirkung ist NICHT nachgewiesen, dann ist die Aussage Unsinn!!!
    Was denn nun?????

  • HTH am 30.12.2014 um 10:35 Uhr

    Kommentar vom Autor gelöscht.