Porträt Altenpflegerin: Noch mal ganz von vorn
Als Hilfskraft einsteigen
Altenpflegerin – das wäre die gelernte Verkäuferin Nicole Ruß (43) aus Kamern in Sachsen-Anhalt gern schon früher geworden. Doch mit zwei kleinen Kindern war viele Jahre lang an eine neue Ausbildung, Schichtdienst und lange Fahrzeiten nicht zu denken. Erst 2008, als die Kinder zur Schule gingen, kündigte sie ihren Job und hoffte auf eine Umschulung über die Arbeitsagentur. Vergebens. Schließlich sei sie ja als Verkäuferin vermittelbar.
„Ich musste also selber einen Fuß in die Branche bekommen“, erzählt die fröhliche, zupackende Frau, die kurz darauf als Servicekraft im Pflegeheim anfing. Sie merkte schnell, dass der Umgang mit alten Menschen ihr mehr Spaß machte als Küchendienst im Heim. Sie sah eine kleine Annonce in der Zeitung: Ein ambulanter Pflegedienst suchte Fachkräfte. Sie rief dennoch an – und hatte Glück. Mit Führerschein und eigenem PKW konnte sie sofort anfangen. Von da an fuhr sie mit einer Kollegin morgens zu Patienten.
Abends für den Abschluss büffeln
Nicole Ruß machte ihre Sache so gut, dass ihr Arbeitgeber ihr kurz darauf die Berufsausbildung zur Altenpflegerin vorschlug. „Ich sagte sofort zu, obwohl ich wusste, dass es hart werden würde, Familie, Haushalt, Arbeit und Schule unter einen Hut zu bekommen.“ Seitdem arbeitet und lernt sie im Wechsel. Einige Wochen beim Pflegedienst, im Krankenhaus oder der Psychiatrie. Dann wieder Schultage in der Berufsfachschule, 50 Kilometer entfernt. In der Klasse ist sie eine der Ältesten. Je nach Ausbildungsjahr verdient sie zwischen 480 Euro und 680 Euro brutto. 50 Euro Schulgeld pro Monat und das Benzin zahlt sie selbst. „Wir haben Glück, dass mein Mann Arbeit hat.“
Jeden Abend büffelt sie für ihren Abschluss. „Krankheitsbilder, Psychologie, rechtliche Grundlagen. Ich bin richtig ehrgeizig“, sagt Nicole Ruß. Vielleicht hängt sie später noch eine Fortbildung für Demenzerkrankungen ran. Dann lacht sie: „Eine Prüfung aber mache ich nicht noch mal.“