
Bausparkassen wollen Altverträge mit hohen Zinsen loswerden. Finanztest erklärt, wie sie vorgehen und wann Kunden etwas tun können.
Die LBS Bayern beschreibt in ihren Briefen an Kunden „schädliche Auswirkungen“ auf „die Gemeinschaft der Bausparer“. Sie müsse Maßnahmen ergreifen, um diese zu schützen. Die Verursacher? Kunden, die „die älteren höherverzinslichen LBS-Tarife heute noch als Geldanlage“ nutzen. Die Maßnahmen? Kündigung ihrer Verträge.
Betroffene LBS-Kunden reiben sich verwundert die Augen, ebenso wie die Empfänger ähnlicher Briefe zahlreicher anderer Bausparkassen. Als sie ihre Anträge vor einigen Jahren ausfüllten, die ihnen Guthabenzinsen bis zu 5 Prozent brachten, da waren sie hochwillkommen.
Die Bausparkassen schufen sogar Tarife oder Tarifvarianten extra für Sparer, die nie ein Bauspardarlehen wollten. Für den Verzicht darauf winkten sogar Zinsboni.
Nun sind die einst begehrten Sparer nicht mehr gerne gesehen. Bausparkassen kündigen ihre Verträge, lehnen Einzahlungen ab, fordern weiteres Geld oder interpretieren ihre Bedingungen so, dass den Kunden Belohnungen nun doch nicht mehr zustehen. Betroffen sind zehntausende Kunden sowohl privater Bausparkassen wie Wüstenrot als auch öffentlich-rechtlicher Landesbausparkassen (LBS) bundesweit.
Die Bausparkassen wollen sich damit aus ihrer schwierigen Lage befreien. Das Gesetz setzt ihnen enge Grenzen, welche Geschäfte sie eingehen dürfen. Damit lassen sich heutzutage aber nur noch Micker-Renditen erzielen. Die Verpflichtungen aus den hochverzinsten Altverträgen belasten die Bausparkassen daher zunehmend.
Viele Betroffene ärgern sich aber darüber, dass sie nun als Gierschlunde dargestellt werden. Sie sind ratlos, was sie tun sollen. Es ist jedoch schwierig, allgemeingültige Empfehlungen zu geben. Zu verschieden sind die Tarife und die jeweiligen allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge. Daher haben manche Kunden gute Chancen, sich zu wehren, andere nicht. Es gibt außerdem viele offene Fragen und keine höchstrichterliche Entscheidung zu dem Thema.
Tarifbedingungen sind entscheidend
Klar ist, dass Kunden wenig tun können, wenn ihr Vertrag schon die vereinbarte Bausparsumme erreicht oder überschritten hat. Trotzdem lohnt ein Blick in die allgemeinen Bedingungen, denn es kann sein, dass ein Kunde auch dann weitersparen darf.
Ein Kunde der LBS Nord behielt seinen Altvertrag, weil ihm eine Klausel das Recht gewährte, die Bausparsumme zu erhöhen. Das akzeptierte die LBS aber erst nach einem Schiedsspruch des Ombudsmanns der öffentlichen Banken im November 2013.
Umstrittener Kündigungsgrund
Schwieriger ist die Lage, wenn die Bausparkassen neue Auswege suchen, wie mehrere Landesbausparkassen (LBS). Sie kündigen, wenn es mehr als zehn Jahre her ist, seit sie den Vertrag zugeteilt, dem Kunden also das Bauspardarlehen angeboten haben.
In der Sparphase gebe der Kunde seinerseits der Bausparkasse mit seinen Bauspareinlagen ein Darlehen, erklärte etwa die LBS Rheinland-Pfalz in einem Kündigungsschreiben. Daher führt sie Paragraf 489 des Bürgerlichen Gesetzbuchs an. Nach Absatz 1 Nummer 2 darf ein Darlehensnehmer kündigen, wenn er das Darlehen vor mehr als zehn Jahren vollständig erhalten hat.
Wann aber hat die Bausparkasse das Darlehen der Kunden vollständig empfangen? Sobald der Vertrag zuteilungsreif sei, argumentiert die LBS. Der Grund: Der Kunde hat damit das Recht, selbst ein Darlehen zu bekommen. Das überzeugte auch das Landgericht Mainz, das eine Kündigung daher für rechtens erklärt hat (Az. 5 O 1/14).
Verbraucherschützer setzen den Zeitpunkt anders an. Denn der Kunde muss die Zuteilung nicht annehmen, sondern kann weitersparen. Das Institut für Finanzdienstleistungen in Hamburg (iff) kommt daher zum Ergebnis, dass die Bausparkasse ihr Darlehen erst dann vollständig empfangen hat, wenn der Kunde den letzten Regelsparbeitrag geleistet habe – also nichts mehr einzahlen muss. Erst wenn danach zehn Jahre vergangen seien, dürfe die Bausparkasse kündigen. Nach dieser Lesart müssten die LBS also noch viele Jahre warten.
Noch weiter geht das Oberlandesgericht München in einem Urteil vom 21. November 2011 (Az. 19 U 3638/11). Auch in dem Fall hatte eine Sparkasse ihre Kündigung eines Sparbriefs mit Paragraf 489 begründet. Die Richter fassten ihn als eine „speziell verbraucherschützende Bestimmung“ auf. Ein Kreditinstitut könne sich nicht auf ihn stützen. Bei Bausparkassen wäre das wohl auch so. Höchstrichterlich ist das nicht geklärt.
Bausparkassen stur bei Sparrate
Weniger flexibel zeigen sich die Bausparkassen bei der Höhe der Sparraten. Früher durften Kunden fast beliebig mehr oder weniger als den Regelsparbeitrag einzahlen.
Nun fordern Bausparkassen Geld nach, wenn weniger aufs Guthabenkonto fließt. Leistet ein Kunde keine Folge, liefert er der Bausparkasse einen Kündigungsgrund.
Wer mehr als den Regelsparbeitrag überweist, muss damit rechnen, dass die Bausparkasse das Geld ablehnt – selbst wenn im Antrag schon eine höhere Sparrate angegeben war, wie zum Beispiel in einem Fall der Debeka. Sie hatte im Antrag den Regelsparbeitrag lediglich empfohlen, reduzierte die Abbuchung aber später auf diese Höhe.
In solchen Fällen haben Verbraucher vermutlich gute Chancen, sich zu wehren. Denn sie konnten nicht ahnen, dass sich die Bausparkasse später nicht an die Sparrate im Antrag gebunden fühlt. Die Debeka etwa lenkte ein, als die Kundin protestierte.
Staatliche Förderung sichern
Besonders aufpassen müssen Kunden, die auf die staatliche Förderung setzen. Wenn die Bausparkasse ihre Sparrate reduziert, geht ihnen eventuell ein Teil der Förderung verloren. Um die Wohnungsbauprämie voll zu nutzen, müssen Alleinstehende in einem Kalenderjahr mindestens 512 Euro sparen und Ehepaare 1 024 Euro.
Es sei im Interesse der Gemeinschaft der Bausparer, dass staatliche Zuschüsse gewährt werden, erklären die Experten des iff. Macht die Bausparkasse das nicht möglich, wäre in diesem Fall sie es, die nicht im Wohle aller handelt.