
Für Angehörige und Freunde: Der neue Ratgeber Problem: Alkohol. Wege aus der Hilflosigkeit. © Getty Images, Stiftung Warentest
Sind Partner, Geschwister, Eltern oder Freunde alkoholabhängig, bedeutet das für Angehörige oft großes Leid. Es ist essenziell, in die Offensive zu gehen und Hilfsangebote zu nutzen. Das Ziel: Sich von der Sucht abzugrenzen und mehr auf sich zu achten. Ein neuer Ratgeber der Stiftung Warentest hilft dabei. Hier stellen wir die sechs wichtigsten Tipps aus dem Buch vor.
Tabuthema Alkoholismus
Wenn nahe Verwandte oder enge Freunde alkoholabhängig sind, trauen sich viele Angehörige nicht, darüber zu sprechen – über Gefühle der Ohnmacht und des Alleingelassenseins, über die erlebte Aggression und Gewalt, die Unberechenbarkeit des Alkoholkranken – und die Sorge um die Kinder. Die Sucht des anderen beeinträchtigt die eigene Lebensqualität, oft über Jahre und Jahrzehnte. Die starke Belastung zehrt an Körper und Seele. Es ist wichtig, sich von der Sucht zu distanzieren und für sich selbst neue Lebensperspektiven zu entwickeln.
Was können Angehörige konkret tun?
Der neue Ratgeber der Stiftung Warentest Problem: Alkohol. Wege aus der Hilflosigkeit (176 Seiten, 19,90 Euro) wendet sich an Angehörige und Freunde. Er ist zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Suchtpsychologie entstanden. Darin finden sich Strategien für den Umgang mit nahestehenden, alkoholkranken Menschen, Fallgeschichten und viele Adressen von Anlaufstellen sowie Hilfsangeboten.
Die sechs wichtigsten Tipps aus dem Buch:
1. Sich selbst in den Blick nehmen
Der Suchtkranke trinkt, weil er krank ist – mit den Partnern, Freunden und Kindern hat das nichts zu tun. Ein suchtkranker Mensch in der Familie oder im Freundeskreis ist kein Grund, sich selbst zugrunde zu richten. Viele Nahestehende entwickeln mit der Zeit Verheimlichungs- und Vermeidungsstrategien, die ihnen nicht gut tun. Sie überhören etwa abfällige Bemerkungen oder machen sich zu Hause unsichtbar und merken den inneren Schmerz und die eigene Trauer nicht mehr.
2. Aus der Heimlichkeit heraustreten
Angehörige sollten ihre negativen Gefühle nicht mit sich allein ausmachen. Es wirkt entlastend, zunächst mit ausgewählten Freunden und Verwandten über die Alkoholkrankheit des Angehörigen zu sprechen.
3. Die eigene Überlastung erkennen
Typische Überlastungssymptome sind Nervosität, Schlaflosigkeit, Magenbeschwerden, Appetitlosigkeit, Erschöpfung und Angstzustände. Einst fröhliche Angehörige stellen irgendwann vielleicht fest, dass sie kaum noch lachen können und die Lebensfreude verloren haben.
4. Klar kommunizieren
Es kann beispielsweise helfen, sich nicht mehr auf Gespräche mit dem trinkenden Angehörigen einzulassen, der nur noch um sich selbst kreist. Mit „Ich-Botschaften“ – sie betonen die eigene Sicht und das eigene Empfinden – lassen sich die Erkrankten oft besser erreichen als mit „Du-Ansprachen“. Diese können als Vorwurf wahrgenommen werden und führen dazu, dass das Gegenüber „dicht macht“. Wenn Aggression im Spiel ist, sollten sich die nicht trinkenden Angehörigen abwenden und den Raum oder das Haus verlassen.
5. Kinder in den Blick nehmen
Hat die alkoholkranke Person Kinder, kann es sein, dass sie das Interesse an den Kindern verliert oder die Familienaufgaben nicht mehr schafft. Das wirkt sich stark auf den nicht-trinkenden Elternteil aus. Er hat nur noch begrenzt Zeit für die Kinder – weil er den Trinkenden kontrolliert, seine Aufgaben mit übernimmt und seelisch dabei ohnehin schon überlastet ist. Dann ist ständiger Streit zwischen den Partnern fast schon vorprogrammiert. Kinder kommen dann in ihrem Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und Fürsorge zu kurz. Sie stehen oft unter starker Anspannung. Einige reagieren mit Rückzug, die schulischen Leistungen lassen nach oder legen ein auffälliges Sozialverhalten an den Tag. Besonders kritisch ist die Lage für die Kinder, wenn der Trinkende zu Hause eine Atmosphäre der Gewalt erzeugt.
6. Hilfe suchen
Es gibt verschiedene Akteure in der Suchthilfe. Welches Angebot am besten passt, hängt von den Betroffenen und der Situation ab. Erste Anlaufstellen sind zum Beispiel Caritas oder Diakonie, Arbeiterwohlfahrt, Deutsches Rotes Kreuz und kommunale Suchthilfeeinrichtungen. Die Beratung ist kostenlos. Viele Angehörige schöpfen viel Kraft aus Selbsthilfegruppen. Der Hausarzt kann ein wichtiger Ansprechpartner sein. Oft hilft den Angehörigen auch eine Psychotherapie.
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