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„Jede Woche eine neue Welt“, so wirbt Tchibo für seine Aktionswaren. Doch ob die Artikel bei Aldi, Lidl & Co. Schnäppchen oder Fehlkäufe sind, weiß der Kunde nicht. Die Stiftung Warentest prüft das jede Woche. Nun die Bilanz aus 70 Tests der vergangenen zwölf Monate. Erstmals gekürt: Top und Flop des Jahres. Dazu die Info, wo es die meisten Schnäppchen gibt.
Zu diesem Thema bietet test.de einen aktuelleren Test: Aktionsware
Flop des Jahres: Holz-Kinderlaufrad von Penny

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Flott heißt es, ein Flop ist es. Das Holz-Kinderlaufrad von Penny hat im Juli negativ überrascht. Für 30 Euro gab es deutlich zu viele Schadstoffe in den Griffen, Klemmgefahr für die Finger und eine zu niedrige Sitzposition für Dreijährige. So viel Kritisches war selten. Auf test.de konnte im Juli jeder lesen: „Das Penny-Holzlaufrad ist mangelhaft. Es hätte gar nicht erst verkauft werden dürfen.“ Es ist der größte Fehlkauf unter den von uns getesteten Aktionsartikeln der letzten zwölf Monate, befand die Stiftung Warentest: Laufrad von Penny: Schadstoffe satt.
Schnäppchen des Jahres: Sat-Empfänger von Aldi

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Ganz anders dagegen das Top-Schnäppchen: Eine gute Bildqualität und saubere Aufnahmen auf der Festplatte bietet der HD-Sat-Empfänger mit Festplatte – Medion Life E24003 (MD26001) – von Aldi (Nord). Aber wen wunderts, schließlich war sein Innenleben weitgehend baugleich mit dem zweitplatzierten Sat-Empfänger von Comag: Sat-Empfänger Test.Verglichen mit Markengeräten aus dem Vergleichstestwar sein Preis noch dazu deutlich günstiger. Und so summierten sich unschlagbare Argumente für das Prädikat „Top-Schnäppchen“.
Seit Ende 2002 prüfen wir regelmäßig Aktionswaren und ziehen einmal im Jahr Bilanz. Aktionsware geht über das normale Sortiment des Anbieters hinaus; er verkauft es nur zeitweise. In diesem Jahr kürten wir mit dem HD-Sat-Empfänger zum erstenmal das Top-Schnäppchen und mit dem Kinderlaufrad den größten Fehlkauf der vergangenen zwölf Monate.
Was ein Schnäppchen ist
Die Ergebnisse im Schnelltest entscheiden darüber, was am Ende als Schnäppchen, Fehlkauf oder Mittelmaß rangiert. Doch was bedeutet das überhaupt? Ein Fehlkauf ist ganz einfach schlechte Qualität. Auch ein günstiger Preis im Vergleich zu Markenprodukten kann sein Niveau nicht mehr heben. Ein Schnäppchen hingegen überzeugt durch gute oder akzeptable Qualität zum Niedrigpreis. Mittelmaß nennen wir alles, was weder Schnäppchen noch Fehlkauf ist.
Viel Mittelmaß

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Das Gesamtergebnis der Aktionswarentests vom September 2009 bis August 2010 lautet: Das Fehlkaufrisiko und die Chance auf ein Schnäppchen sind in etwa gleich groß (siehe Infografik). Es basiert auf Tests von 70 Aktionsartikeln von Aldi, Lidl, Penny, Norma und Tchibo. Im Vergleich zum vergangenen Jahr hat das Mittelmaß etwas zugenommen. Mit 46 Prozent stellt es den stärksten Anteil unter den Aktionswarekäufen.
Schnäppchenkönige Aldi und Lidl
Während in der Vergangenheit stets Aldi der Schnäppchenkönig war, hat sich Lidl nun dazugesellt. In den letzten fünf Jahren ist die Qualität der Lidl-Aktionsartikel gestiegen, der Discounter hat aufgeholt. Gemeinsam mit Aldi bildet Lidl jetzt die Doppelspitze der Schnäppchenkönige. In den betrachteten zwölf Monaten machten wir bei beiden jeweils sieben Schnäppchen. Getestet haben wir 21 Produkte von Aldi und 19 Produkte von Lidl.

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Auch die Fünfjahresbilanz bestätigt diese Entwicklung (siehe Infografik): Mit 36 und 35 Prozent Schnäppchenanteil liegen Aldi und Lidl dicht beieinander. Allerdings ist das Fehlkaufrisiko bei Lidl um neun Prozentpunkte höher als das bei Aldi.
Beim Vergleich der fünf Anbieter untereinander birgt Aldi das geringste Fehlkaufrisiko. Nur drei Flops gab es hier in den vergangenen zwölf Monaten. Einer dieser Flops war neben schlechter Funktion allerdings auch durch Mängel in der Sicherheit gekennzeichnet. Der Lavastein-Gasgrill von Aldi (Nord) erwies sich im Schnelltest als ein Fehlkauf: ein komplizierter Aufbau, eine schlechte Temperaturverteilung und weiterströmendes Gas bei erloschener Flamme: Lavastein-Gasgrill von Aldi: Kein Grillvergnügen.
Schlusslichter Penny und Norma
So wie Aldi und Lidl sich zur Spitze formieren, bilden Penny und Norma das Schlusslicht. Bei beiden konnten wir seit September 2009 jeweils nur ein Schnäppchen ergattern. Gekauft haben wir 11 Produkte bei Penny und 16 Produkte bei Norma.
Die Langzeitbetrachtung der Fünfjahresbilanz zeigt deutlich: Nicht nur die Chance auf Schnäppchen ist bei Penny und Norma am kleinsten, noch dazu gibt es ein hohes Fehlkaufrisiko.
Warum Plus diesmal fehlt
Im Vergleich zur Aktionsware-Bilanz 2009 fehlt diesmal der Discounter Plus. Das liegt daran, dass der Netto Marken-Discount 2008 alle Plus-Märkte übernommen und sukzessive umbenannt hat. In den letzten zwölf Monaten war der Netto Marken-Discount jedoch nur mit einer Aktionsware in den Tests vertreten – zu wenig für eine Auswertung. Kein Discounter, aber dennoch in der Bilanz dabei ist Tchibo. Der Hamburger Kaffeeröster verkauft seit Anfang der 70er Jahre Aktionswaren und gehört mittlerweile zu den größten Handelsunternehmen Deutschlands.
Jede Woche neue Schnelltests
Es ist schwer, auf den ersten Blick ein Schnäppchen von einem Fehlkauf zu unterscheiden. Deshalb treffen sich jeden Donnerstagmorgen Redakteure und Produkttester der Stiftung Warentest, um die aktuellen Broschüren und Internetseiten von Aldi, Lidl und Co. nach neuen Angeboten zu durchforsten. Spannend, teuer oder auffallend günstig – solche Angebote aus dem Bereichen Unterhaltung, Multimedia, Haus und Garten wecken ihre Aufmerksamkeit und die Frage: Top oder Flop?
Pro Woche schicken sie dann ein bis zwei Artikel in den Schnelltest. Noten werden dabei am Ende aber nicht vergeben. Grund: Es handelt sich um keinen vergleichenden Warentest mit anderen Produkten. Die Ergebnisse vergangener großer Tests spielen aber auch für die Schnelltests eine Rolle. Sie liefern Anhaltspunkte für die Prüfkriterien. Außerdem lässt sich das Ergebnis grob einordnen.
Ergebnisse stehen auf test.de
Der Vorteil der Schnelltests liegt in ihrer Geschwindigkeit. Das Flott-Holzkinderlaufrad kauften die Tester am Montag, den 26. Juli 2010, bei Penny. Bereits am 28. Juli 2010 waren die Ergebnisse auf test.de zu lesen: Laufrad von Penny: Schadstoffe satt. Neben Mängeln in der Konstruktion stellten die Tester auch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) fest sowie den Phthalat-Weichmacher DEHP in hohen Konzentrationen in den Griffen. Weil dieser Weichmacher die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen kann, ist er EU-weit für Spielzeug verboten. Zusätzlich sendete die Stiftung Warentest eine Pressemitteilung aus, um vor dem Flott-Holzkinderlaufrad zu warnen. Denn trotz Schadstoffbelastung und Konstruktionsmängeln stand auf der Verpackung „Geprüfte Sicherheit und frei von Schadstoffen“.
Bei einem positiven Schnelltestergebnis dagegen bleibt dem Verbraucher bei dieser Geschwindigkeit meist genug Zeit, um bei einem Schnäppchen noch zuzuschlagen.
Schnelltest auf Schadstoffe
Schadstoffe fanden die Tester nicht nur beim Holzlaufrad, sondern auch in Gummistiefeln für Kinder und Kleinkinder. Lidl bot sie am 25. März 2010 an. Sie enthielten PAKs: Gummistiefel für Kinder von Lidl: Schadstoffe bei Fuß. Einige davon gelten als krebserzeugend, fruchtschädigend oder erbgutverändernd. Eine akute Gesundheitsgefahr bestand bei der Konzentration von knapp sieben Milligramm pro Kilogramm nicht. Dennoch sollten Materialien, mit denen Kinder unter drei Jahren längeren Hautkontakt haben, keine PAKs enthalten.
Lidl kann auch anders: Am 16. September 2010 bot der Discounter wieder Kinderstiefel an. Diesmal haben die Prüfer keine Schadstoffe nachgewiesen. Auch dieses Ergebnis stand bereits einen Tag später auf test.de: Gummistiefel für Kinder: Stinkstiefel. Mit 9 Euro kosteten die schadstofffreien Kinderstiefel 3 Euro mehr als die belasteten vom Frühjahr.
Drei Monate Rückgabe bei Penny
Wer dennoch einen Flop gekauft hat, kann ihn bei den Discountern meist problemlos zurückgeben (Interview): Die Anbieter sind kulant und räumen mehr als zwei Wochen Rückgaberecht bei Nichtgefallen ein. Aldi (Nord) gewährt im Rahmen der „Aldi-Garantie“ ein Rückgaberecht bis zu einem Monat ab Kaufdatum. Eine Begründung verlangt Aldi dafür nicht, wohl aber den Kassenbon. Tchibo lässt seiner Kundschaft vier Wochen Zeit für die Rückgabe. Aldi (Süd), Norma und Lidl bieten diesen Rückgabeservice für zwei Monate. Am großzügigsten ist Penny mit der längsten „Nicht-Zufriedenheits-Garantie“. Sie gilt drei Monate ab Kaufdatum.
Käufer des Flott-Holzlaufrads hatten also wenigstens genug Zeit, um diesen rollenden Flop bei Penny zurückzugeben.
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Aufgrund der positiven test-Bewertung habe ich im Juni den MD 26001 gekauft. Aus erst nicht nachvollziehbaren Gründen waren manche Aufzeichnungen voller Aussetzer. Erst als ich im Internet gezielt danach gesucht habe, erschloss sich die Ursache: das Gerät ist nicht in der Lage, zwei HD-Aufzeichnungen gleichzeitig zu bewältigen. Mit diesem Problem war ich offenbar nicht allein. Wenn man den Forumsbeiträgen im Internet Glauben schenken darf, sollen sogar alle (!) MD 26001 betroffen sein. ( http://forum.digitalfernsehen.de/forum/medion-tevion/241871-medion-md-26001-a-31.html#post4319599 ) Zumindest hat das nagelneue Austauschgerät, das ich auf meine Reklamation hin umgehend von Medion bekommen habe, den selben Fehler. Auf meine vor fast vier Wochen erfolgte diesbezügliche Anfrage schweigt sich Medion nunmehr allerdings aus. Interessant wäre für mich, ob bei Ihrem Test die gleichzeitige Aufzeichnung zweier HD-Programme geprüft wurde.
Kommentar vom Autor gelöscht.
@Edel11: Bitte wenden Sie sich mit Ihrem Anliegen direkt an die zuständigen Ansprechpartner Penny und Tüv Rheinland.
Gibt es eigentlich eine Stellungnahme vom TÜV-Rheinland und von Penny, wie die erhebliche DEHP- und PAK-Belastung in den Griffen des Penny-Laufrads und zugleich die Auszeichnung dem GS-Siegel erklärbar ist?