
Eine Prise Exotik kann das Depot beleben. Anleger sollten sich allerdings gut informieren, ehe sie in Schwellenländer investieren. © Getty Images / Cui Yi
Die durch das Corona-Virus ausgelöste Pandemie hat viele Schwellenländer schwer getroffen. An den Aktienmärkten lief es unterm Strich allerdings besser als in den Industrieländern. Die Experten von Finanztest zeigen, wie unterschiedliche Anlegertypen auf diese Märkte setzen können, was sie dabei riskieren und welche Fonds sich am besten für welche Zwecke eignen.
China im Plus
Ausgerechnet China. Das Land, in dem die Covid-19-Pandemie zuerst für erhebliche wirtschaftliche Einschnitte sorgte, hat an der Börse in diesem Jahr am besten abgeschnitten und liegt sogar leicht im Plus. Das zeigt unser Krisencheck der Schwellenmärkte.
Den Crash, der am 19. Februar 2020 begann und die Aktienkurse mehr als vier Wochen lang abstürzen ließ, haben Schwellenländer vergleichsweise gut überstanden. Der Index MSCI Emerging Markets hat weniger verloren als der Weltindex MSCI World. China ist der mit Abstand größte Schwellenmarkt, gefolgt von Taiwan und Südkorea – alles Länder, die das Corona-Virus recht schnell in den Griff bekommen haben. Andere wie Brasilien oder Russland hat es schlimmer erwischt.
Unser Rat
Schwellenländer. Sie können Schwellenländerfonds als Beimischung zu Weltfonds nutzen. Sie sollten nicht mehr als 30 Prozent des Aktienanteils ausmachen. Genügt Ihnen ein kleiner Schwellenmarktanteil, wählen Sie einen ETF auf den MSCI All Country World oder den FTSE All World Index.
Streuung. Die breiteste Mischung bieten Ihnen globale Schwellenländerfonds. Mit Regionen- oder Länderfonds können Sie gezielt Akzente setzen. Konkrete Anlagevorschläge bekommen Sie im Unterartikel Ihre Optionen.
Empfehlenwerte Fonds. Als erste Wahl empfehlen wir Ihnen markttypische ETF, zudem aktiv gemanagte Fonds mit einer Finanztest-Bewertung von fünf Punkten. Sie finden alle Fonds in unserem großen Fondsvergleich.
Pantoffel-Portfolio. Wenn Sie Ihr Geld mit dem Pantoffel-Portfolio, einer Strategie von Finanztest, anlegen wollen, haben Sie zwei Möglichkeiten: Entweder Sie wählen für den Renditebaustein einen ETF auf den MSCI All Country World oder den FTSE All World Index. Oder Sie bestücken den Aktienteil des Portfolios zu 40 Prozent mit einem MSCI World-ETF und zu 10 Prozent mit einem MSCI Emerging Markets-ETF.
Schwellenländer – der Fokus der Untersuchung
Wir haben uns wichtige Schwellenländer angeschaut und die Entwicklung der Aktienmärkte verglichen. Ein kleines Fazit vorab: Auch wenn die Schwellenländer im Corona-Crash etwas weniger verloren haben als die Industrieländer – im letzten Jahrzehnt war die Entwicklung enttäuschend. Mit Ausnahme vereinzelter Boomjahre ist es nicht gut gelaufen.
Wir haben außerdem analysiert, wie gut sich die Fondsmanager in den größeren Schwellenländergruppen vor und während der Krise geschlagen haben. Und wir haben untersucht, wie gut die von uns dieses Jahr empfohlenen, globalen Schwellenländerfonds die Verwerfungen an den Märkten bisher überstanden haben.
Schwellenländer – kleines Rädchen im Weltindex
Alle Schwellenländer zusammen genommen, vereinigt im Index MSCI Emerging Markets, haben im Weltindex MSCI AC World einen Anteil von etwas mehr als 12 Prozent.

Quelle: Rimes Stand: 30. Juni 2020 © Stiftung Warentest
China immer noch Schwellenland
Ja, China zählt immer noch als Schwellenland, obwohl es nach den USA längst die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt ist. Doch Größe allein ist nicht entscheidend, es zählen etwa auch die Einkommensverteilung, die Bevölkerungsstruktur oder die Entwicklung des Bildungs- und Gesundheitswesens. Das Pro-Kopf-Einkommen Chinas beträgt nach Angaben der Weltbank rund 9 500 Dollar (Stand 2018) und damit gerade mal 15 Prozent des Wertes in den USA.
Für den Indexanbieter MSCI entscheidet darüber hinaus, wie viele größere Unternehmen es gibt, wie viele Aktien frei handelbar sind und inwieweit Märkte und Investitionsmöglichkeiten offen zugänglich sind. Insgesamt hat MSCI 26 Länder als Schwellenländer, englisch Emerging Markets, eingestuft und im Index MSCI EM zusammengefasst.
Die Einteilung der Welt
MSCI nimmt sogar eine Dreiteilung der Börsenwelt vor. Nach den Schwellenländern rangieren die sogenannten „Frontier Markets“. Das sind Länder mit sehr spärlichem Börsengeschehen, etwa Kuwait, Bangladesch oder Nigeria. Zwischen den drei Kategorien gibt es immer mal wieder Auf- und Absteiger. Nach der Finanzkrise hat MSCI zum Beispiel Griechenland zum Schwellenland degradiert, diesen Status hat das Land heute noch. Seit Juni 2019 sind Argentinien und Saudi-Arabien in die Riege der Schwellenländer aufgerückt und haben die Einstufung als Frontier Markets hinter sich gelassen.
Die Zusammensetzung des MSCI Emerging Markets hat sich im Lauf der Jahrzehnte komplett geändert. Heute ist es schwer vorstellbar, dass im Jahr 1989 Malaysia hinter Brasilien das zweitwichtigste Schwellenland war. Zurzeit rangiert es nicht einmal mehr unter den Top-10-Ländern.
An der Schwelle zum Industrieland
Große Länder, die schon länger an der Schwelle zum Industrieland stehen, sind die als BRIC-Staaten bekannten Brasilien, Russland, Indien und China. Indien steht in der Rangliste der größten Volkswirtschaften der Welt an 7. Stelle, Brasilien steht auf Platz 9 und Russland auf 12. Wegen ihrer dynamischen Entwicklung hat die Finanzwelt sie seit Jahren im Blick.
Ebenfalls analysiert haben wir Mexiko, Indonesien, Südkorea und die Türkei. Auch sie gehören zu den 20 größten Volkswirtschaften der Welt. Saudi Arabien zählt ebenfalls dazu, das Land gilt bei MSCI jedoch erst seit Kurzem als Schwellenland. Der Index MSCI Saudi Arabia reicht zudem nur sechs Jahre zurück.
Hohe Schwankungen
Die Ökonomie der Schwellenländer ist starken Schwankungen ausgesetzt. Vor allem die Boomjahre regen die Fantasie der Anleger an. 2017 lagen sie wegen des hohen weltweiten Wachstums mit 21 Prozent im Plus, die Industrieländer selbst legten nur 8 Prozent zu. 2013 war es umgekehrt. Rund 22 Prozent Plus gab es in den Industrie-, minus 6,5 Prozent bei den Schwellenländern. Seinerzeit wollte die amerikanische Notenbank aus der lockeren Geldpolitik – mit niedrigen Zinsen und Anleihekäufen – langsam aussteigen, und schon floss Kapital aus Staaten wie Brasilien, der Türkei oder Südafrika ab. Trotz der starken Schwankungen gleichen sich die Börsen der Schwellenmärkte mehr und mehr an die großen Weltbörsen an. Der Streuungseffekt, den man sich von einer Beimischung erhofft, ist geringer geworden. Die Frage ist, ob sich eine Anlage trotzdem lohnt.
Aktienmärkte in der Langzeitanalyse

Morgan Stanley Emerging Leaders
Die Fondsgesellschaft Morgan Stanley hält den traditionellen Ansatz für Investments in Schwellenländern, nämlich nur Aktien aus Schwellenländern zu kaufen, ohnehin für überholt. Sie investieren auch in Unternehmen aus Industrienationen, die mindestens ein Drittel ihres Umsatzes oder ihres Gewinns in Emerging Markets erzielen.
Der Morgan Stanley Emerging Leaders Fonds hat Aktien von Nike gekauft. „Nike ist der unangefochtene Marktführer im globalen Geschäft mit Sportbekleidung“, schreibt der US-Fondsanbieter – und eine beliebte Marke bei den Menschen in den Emerging Markets. Der Umsatz etwa in China wachse trotz des jüngsten Abschwungs schneller als der in der entwickelten Welt. Die Analysten von Morgan Stanley sind überzeugt, dass trotz der Deglobalisierungstendenzen viele Unternehmen aus Industrienationen weiter hohe Umsätze in den Emerging Markets erzielen – schon allein, um weiter wachsen zu können. Die größten Werte des Fonds sind die chinesischen Technologietitel Alibaba und Tencent, die in einer ähnlichen Liga wie Amazon und Facebook spielen. Beide haben ihren Wert in den letzten fünf Jahren fast vervierfacht.
Der Morgan Stanley Emerging Leaders steht in unserem Krisencheck derzeit mit 19,2 Prozent im Plus, der Index MSCI EM über denselben Zeitraum mit 5,2 Prozent im Minus.
Flossbach von Storch Global Emerging Markets
Mit 8,3 Prozent ebenfalls deutlich im Plus steht der Fonds Flossbach von Storch Global Emerging Markets Equities. Auch sein Investmentansatz umfasst nicht nur Firmen aus den Schwellenländern selbst. „Hauptsitz, Börsenplatz oder Indexzugehörigkeit – das interessiert uns nicht“, sagt Fondsmanager Michael Altintzoglou. „Entscheidend ist die Qualität des Geschäftsmodells und wo Umsatz und Gewinn erzielt werden.“
Zu seinen Top-Titeln gehören außer Alibaba und Tencent auch Aktien des Kreditkartenanbieters Visa, dessen Umsätze in den Schwellenländern wachsen. Auch wenn die Entwicklung durch Corona gerade unterbrochen ist: Immer mehr Menschen dort verreisen und bezahlen mit Karte.
Corona hat einige Länder arg in die Bredouille gebracht. Während China das Virus gut im Griff und auch noch genug Geld zur Verfügung hat, um einer weiteren Welle zu trotzen, sieht es etwa in Indien weniger gut aus. Auch Länder wie Brasilien oder Südafrika sind hart getroffen, ihre finanziellen Spielräume sind eng, und sie leiden unter niedrigen Rohstoffpreisen.
Mehr als nur Rohstoffe
Anders als noch vor wenigen Jahren sind die Emerging Markets nicht mehr so stark von Rohstoffwerten bestimmt. Die IT-Branche ist stark gewachsen. Auch der Konsum hat zugelegt. Hier liegen große Wachstumschancen.
Michael Altintzoglou setzt statt auf Rohstoffwerte lieber auf innovative Geschäftsmodelle, die es in Industrieländern oft so gar nicht gibt. Zum Beispiel auf Mercadolibre aus Argentinien, einen E-Commerce-Anbieter, der auch Bezahlfunktionen anbietet und hohe Umsätze in Brasilien erzielt. Oder auf Sea aus Singapur, ebenfalls ein Onlineshop. Oder Meituan Dianping aus China, ein Shootingstar an der Börse, der eine App anbietet, mit der man Essen liefern lassen, ein Taxi bestellen, Kinokarten kaufen, Flüge buchen kann. „Einfach alles“, wie Altintzoglou sagt.
Auch Morgan Stanley setzt auf Firmen, die neue Geschäftsmodelle auf gesellschaftliche und technologische Entwicklungen aufsetzen. Zwar werde das Wirtschaftswachstum von der Krise beeinträchtigt, doch insgesamt beschleunige sich dadurch der Veränderungsprozess. „Es ist nicht verwunderlich, dass einige unserer E-Commerce-Plattform-Unternehmen und Unternehmen mit lokalem Fokus in diesem Jahr bisher Renditen von 50 bis 100 Prozent erzielt haben“, heißt es.
Global am besten aufgestellt
Die genannten Fonds gehören beide zu den wenigen der Gruppe Aktien Schwellenländer, die in der Bewertung von Finanztest die Bestnote von fünf Punkten erhalten haben. Nur 13 von 116 aktiv gemanagten Fonds haben das geschafft. Bis auf den Blackrock EM Equity Income haben in unserem Krisencheck alle den Markt geschlagen. Das zeigt unsere Tabelle der Fondsgruppen im Krisencheck.
Verschiedene Fondsgruppen im Vergleich
Die Tabelle zeigt, wie gut Fondsmanager verschiedener Schwellenländerfondsgruppen die Krise bewältigt haben. Gut geklappt hat es bei Aktienfonds Brasilien, weniger gut bei Aktienfonds Russland. Abgebildet sind nur aktiv gemanagte Fonds.
Fondsgruppe |
Anteil der Fonds, die besser waren als ihre Benchmark (Prozent) |
Fondsanzahl1 |
|||
Im Krisenvorjahr2 |
Im Crash3 |
In der Erholungsphase4 |
Über alle Phasen5 |
||
Aktien Schwellenländer Global |
57 |
17 |
59 |
34 |
163 |
Aktien China / Hongkong |
55 |
35 |
906 |
577 |
40 |
Aktien China / Hongkong / Taiwan |
60 |
70 |
80 |
65 |
20 |
Aktien Indien |
67 |
36 |
12 |
39 |
33 |
Aktien Russland |
15 |
69 |
38 |
31 |
13 |
Aktien Brasilien |
83 |
33 |
50 |
83 |
6 |
Aktien Südkorea |
0 |
60 |
100 |
0 |
5 |
Aktien Welt |
27 |
56 |
33 |
31 |
568 |
Aktien Europa |
34 |
42 |
80 |
48 |
323 |
Aktien Deutschland |
61 |
34 |
43 |
43 |
56 |
Stand: 31. Mai 2020
Quellen: FWW, Refinitiv, eigene Berechnungen
- 1
- Aktiv gemanagte Fonds, nur eine Anteilsklasse pro Sondervermögen, vor dem 1. Februar 2019 aufgelegt.
- 2
- 31. Januar 2019 bis 31. Januar 2020.
- 3
- 31. Januar 2020 bis 31. März 2020.
- 4
- 31. März bis 31. Mai 2020.
- 5
- 31. Januar 2019 bis 31. Mai 2020.
- 6
- 31. März bis 30. April 2020.
- 7
- 31. Januar 2019 bis 30. April 2020.
ETF oder von Finanztest ausgezeichneter Top-Fonds
Wer möglichst breit gestreut in Schwellenmärkte investieren möchte, kann wählen: Entweder er kauft einen aktiv gemanagten Top-Fonds oder er sucht sich einen ETF aus, einen börsengehandelten Fonds auf den Index MSCI Emerging Markets.
Wer nicht global investieren, sondern lieber eigene Schwerpunkte setzen will, kann entweder Regionenfonds ins Depot mischen oder einzelne Ländermärkte dazuholen. Die regionalen Märkte haben wir nicht extra analysiert, sie werden von großen Ländern dominiert – Lateinamerika zum Beispiel von Brasilien, Osteuropa von Russland. Auch hier haben Anleger die Wahl zwischen markttypischen ETF und aktiv gemanagten Top-Fonds. Konkrete Anlagemöglichkeiten bekommenSie im Unterartikel Ihre Optionen.
-
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@saarmann49: Vielen Dank für Ihre Anfrage, die wir als Anregung im Hause weiterleiten. Bisher haben wir zu diesen Thema noch nicht berichtet und können dazu im Moment keine Empfehlung geben. (maa)
Guten Tag an das Finanztest-Team,
meine Frage: es mehren sich Hinweise auf ein drohendes "delisting" chinesischer Aktien von der amerikanischen Börse. Welche Konsequenzen hätte ein solches "delisting" für die in den emerging market etf´s hochgewichteten chin.Aktien? Ist es Ihrer Meinung nach besser,bis zu einer Entscheidung von weiteren Investments in die genannten etf`s abzusehen oder sogar sie zu verkaufen?
Besten Dank und freundliche Grüße
Mittlerweile gibt es ja viele "Kaufrabatte" entscheidend sind letztendlich die Gesamtkosten. Nicht selten sind die Gebühren z.B. beim Verkauf eines Fonds um ein vielfaches höher als der Ausgabeaufschlag.
100 % Kaufrabatt? Also quasi kostenlos. Also wenn ich Aktien kostenlos bekomme, nehme ich die auch, wo bekomme ich die kostenlos?
@ DimiTop: Im Artiikel unter dem folgenden Link haben wir beschrieben, wann es Abweichungen bei den Renditen im Vergleich mit anderen Info-Seiten geben kann: „So berechnen Sie Ihre Rendite richtig“
www.test.de/Fondsdepot-verstehen-So-berechnen-Sie-Ihre-Rendite-richtig-5425374-0
-> Achten Sie auf den Stichtag, die Währung und ob Ausschüttungen reinvestiert wurden.
Darüber hinaus ist die Fondsauswahl leider nicht so einfach, dass man sich einfach die Top-Performer der letzten Jahre heraussuchen kann. Dieses Thema füllt Seiten. Hier nur kurz: Neben der Rendite muss immer das Risiko betrachtet werden, mit welchem der Fonds die Rendite erzielt hat. Deshalb sind verschiedene Rendite-Risiko-Maße gängig. Aber auch Fonds mit bestem Rendite-Risiko-Maß in der Vergangenheit können in Zukunft schlechter abschneiden –> das ist nicht nur eine „Fußnote“.
Wer auf aktive Fonds setzt hat also deutlich mehr Arbeit (Auswahl, stetige Kontrolle) und wirklich keine Garantie auf Mehrertrag – es kann sogar schlechter laufen als bei passiven Fonds. (maa)