Befund
In den untersuchten Depots sind breit streuende Investmentfonds relativ selten. Anleger suchen ihr Heil stattdessen in einer Kombination aus Einzelaktien, manchmal auch in Branchenfonds. Sie vertrauen dabei entweder den Fakten, die sie über eine Börsengesellschaft haben, oder ihrem Gespür. Es liegt nahe, dass viele Informationen, die zum Kauf geführt haben, nicht aus erster Hand stammen, sondern zum Beispiel aus Börsenbriefen. Zusätzlich versuchen Anleger, durch die Wahl eines günstigen Kauf− oder Verkaufszeitpunktes (Market Timing), die Marktentwicklung zu übertreffen.
Erweist sich ein Aktienkauf als Missgriff, besteht eine beliebte „Strategie“ darin, die Position aufzustocken, um den durchschnittlichen Einstandspreis zu verbilligen. Die Gefahr, auf diese Weise noch mehr Unheil anzurichten, ist groß. Anleger erhöhen damit nämlich das sogenannte Klumpenrisiko, wie die Übergewichtung einzelner Anlagen im Depot genannt wird.
Das Herauspicken einzelner Aktien ähnelt psychologisch den Mustern von Sportwetten. Anleger sehen vor allem die Erfolgserlebnisse und blenden die Wetten mit unerfreulichem Ergebnis aus. Für Anleger ist aber die einzig sinnvolle Sichtweise die langfristige Entwicklung des Gesamtdepots. Alle Erfahrungen und Untersuchungen der Vergangenheit zeigen, dass selbst die wenigsten professionellen Investoren eine bessere Rendite als der Marktdurchschnitt schaffen. Private Anleger haben noch schlechtere Karten, da ihnen zum Beispiel viele Hintergrundinformation zu Unternehmen und Börsen fehlen.
Folgen
Das Aktien-Picken erwies sich in den vergangenen zehn Jahren als Renditekiller erster Güte. Die untersuchten Depots brachten im Durchschnitt eine Wertentwicklung von 3,1 Prozent pro Jahr. Mit einer Indexmischung, die die durchschnittliche Vermögensaufteilung der Anleger widerspiegelt, hätten sie dagegen 8,7 Prozent pro Jahr erzielt. Im Vergleich zur Aktienauswahl, die 7,7 Prozent Rendite kostete, hatte der Versuch, den günstigsten Kauf− und Verkaufszeitpunkt zu erwischen (Market Timing), keinen nennenswerten Einfluss auf die Rendite. Den Depotinhabern gelang es unterm Strich zwar nicht, deutlich besser zu sein als ein Anleger, der das dem Zufall überlässt, aber zumindest richteten sie hier keinen weiteren Schaden an.
Gegenmittel
Die einfachste Lösung sind breit streuende Aktien- und Renten-ETF (Fehler 1). Es ist jedoch nicht einfach, passionierten Zockern eine vergleichsweise langweilige Investitionsstrategie nahezubringen. Wer partout nicht auf ein selbst zusammengestelltes Aktiendepot verzichten möchte, sollte zumindest eine möglichst gleichmäßige Verteilung auf die wichtigsten Branchen berücksichtigen.
Depotbesitzer verschenkten mehr als 5 Prozent Rendite
8,7 Prozent Rendite pro Jahr hätten die Inhaber der untersuchten Depots erzielen können. Voraussetzung wäre die Anlage in eine Mischung aus marktbreiten Aktien− und Rentenindizes gewesen, die der durchschnittlichen Vermögensaufteilung der Anleger entspricht. Tatsächlich erzielten die Depotbesitzer aber nur 3,1 Prozent pro Jahr. Die Balken zeigen, wie dieses Ergebnis zustande kommt.

© Stiftung Warentest

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Interessante und grundsätzlich wertvolle Untersuchung. Zweifel bleiben allerdings bei der Datengrundlage: Falls wirklich nur Depots von Direktbanken ausgewertet wurden, kann ein Gesamturteil zur Allokation gar nicht getroffen werden. Es fehlen viele, typische Anlageformen - und Depots bei Nicht-Direktbanken. Insofern kann die Auswertung - gerade die Rendite/Risiko-Punktewolke schein zu schön, um seriös zu sein - nicht repräsentativ sein. Ganz unabhängig davon: Es werden sicher viele Anlegerfehler gemacht und "Anlegerbildung" ist wichtig!
Mein Wunsch: Bitte geben Sie bei derartigen empirischen Untersuchungen für Interessierte immer noch etwas mehr zu den genauen Analysegrundlagen und -methoden an. Ein Link auf die Webseite ist ausreichend. - Danke für Ihre Arbeit!
@m-a-r-c: Das Chance-Risiko-Verhältnis beruht auf dem Performancemaß der Sharpe Ratio. Berechnet wurde dieses aus der Rendite p.a. im Beobachtungszeitraum und den Renditeschwankungen p.a. im Beobachtungszeitraum. Dazu wurde die Rendite zur Renditeschwankung in Beziehung gesetzt. (maa)
Sie haben Recht mit Wissen aber oftmals auch mit Glück kann man an der Börse Geld verdienen. Einen sehr wichtigen Punkt sprechen sie aber an: der richtige Zeitpunkt. Heute ist die SolarWorld Aktie so gut wie nichts wert - ein Investment in diesen Titel hätte somit auch direkt zur Privatinsolvenz führen können. Deshalb sind für die meisten nun mal ETFs oder Fond Mittel der Wahl um eine Rendite zu erwirtschaften. Wenn diese dann einige Prozentpunkte über der Inflation liegt, reicht dies doch völlig aus.
Beispiel: Meine Investition in eine PV Anlage im Jahr 2003, die Investitionssumme lag bei 35.000 €. Hätte ich die 35.000 € in Aktien der Herstellfirma "SolarWorld" im Mai 2003 angelegt, dann wäre ich heute fünffacher Millionär, vorausgesetzt ich hätte sie wieder zum richtigen Zeitpunkt verkauft. Einkaufswert im Mai 2003 ca. 40 € / Stk., = 875 Stück. Verkaufswert zwischen Okt. / Nov. 2007, pro Aktie 6.000 bis 7.200 €.
Die oben genannte Geschichte hat mich inzwischen zu einem erfolgreichen Aktionär gemacht, Wert 0,6 Mio. €. Meine Erfahrung, traue keinem Banker, Broker sowie Empfehlungen. Wichtig ist ein fundiertes Sachwissen sich anzueignen. Wenn einem die Arbeit zu viel ist, Finger weg von diesen Produkten. Kurvenbilder / Informationsdaten aus mehreren Online Anbieter und Online Banking sind heute meine Hilfsmittel. Bei Interesse, mache Dein eigenes Ding und las dir viel Zeit, das eingesetzte Kapital muss abkömmlich sein! Leider lässt dieser Bericht nicht mehr als 1000 Zeichen zu!
Insgesamt guter Artikel. Aber: Wie wurde das Chance-Risiko-Verhältnis, welches u.a. bei Fehler 4 genannt wird, berechnet? Das ist mir nicht klar und lässt mich bei diesem Vergleich etwas zweifeln. Danke für eine Antwort. Eine gängige Suchmaschine wurde bereits bemüht. Aber die Ergebnisse kann ich auf die Untersuchung hier nicht transferieren.