Anleger verschwenden viel Geld mit den immer gleichen Fehlern. Wir zeigen, wie es besser geht.
Mehr als 5 Prozent Rendite. Im aktuellen Zinsumfeld wäre das für Anleger ein Traumergebnis. Tatsächlich ist das die Rendite, die Zigtausenden Kleinanlegern zwischen 2005 und 2015 durch die Lappen gegangen ist. Das zeigt eine Studie im Auftrag von Finanztest, durchgeführt von den Wirtschaftsprofessoren Andreas Hackethal und Steffen Meyer. Sie haben für 2005 bis 2015 fast 40 000 Wertpapierdepots von Direktbankkunden analysiert.
Ein Vermögen verschenkt
Das Gesamtergebnis ist ernüchternd: Mit einer durchschnittlichen Rendite von rund 3,1 Prozent pro Jahr blieben Anleger weit hinter den Wertzuwächsen des Gesamtmarktes zurück. Da die Depots im Durchschnitt zu rund 80 Prozent Aktienanlagen und nur zu etwa 20 Prozent Anleihen enthielten, wäre im Untersuchungszeitraum eine Rendite von 8,7 Prozent realistisch gewesen. Voraussetzung: Anleger hätten in den breiten Markt investiert und dann stillgehalten. Passivität wäre die ideale Strategie gewesen (Warum Börsenanfänger keine Angst haben müssen).
Depotbesitzer hätten sogar ihre Nerven schonen können. Eine Indexmischung mit dem MSCI World hätte ihnen nicht nur geringere Wertschwankungen, sondern auch ein besseres Chance-Risiko-Verhältnis gebracht (siehe Grafik unten).
Trügerische Expertise
Für die Misere sind nicht unbedingt mangelnde Finanzkenntnisse verantwortlich. Auch gut informierte Anleger treffen oft fragwürdige Entscheidungen. Mit dem Interesse am Börsengeschehen wächst die Neigung, die „Expertise“ anzuwenden.
Anleger stellen dann Aktienportfolios nach den Kriterien zusammen, die sie für passend halten. Reinfälle drohen nicht nur mit Geheimtipps, wie den zahllosen spekulativen Aktien, vor denen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) immer wieder warnt. Auch die Zusammenstellung bekannter und bewährter Aktien birgt höhere Risiken, als Anleger sich eingestehen.
Beispiel: Die Aktie des dänischen Pharmakonzerns Novo Nordisk war jahrelang eine der Topempfehlungen in Börsenbriefen und Anlegermagazinen. Das Unternehmen hatte als Weltmarktführer für Diabetesmedikamente seinen Altaktionären phänomenale Gewinne beschert.
Doch Anlegern, die diese Aktie zum Höchstkurs im August 2015 gekauft haben, nutzt das wenig. Sie sind zurzeit mit rund 40 Prozent im Minus. Hätten sie stattdessen einen „langweiligen“ MSCI−World−ETF genommen, stünde ein rund 10-prozentiger Wertzuwachs zu Buche, denn so ein Indexfonds folgt der allgemeinen Marktentwicklung.
Disziplin bringt bessere Rendite
Wie unsere Untersuchung zeigt, begehen Anleger immer wieder dieselben Fehler – auch gut Informierte. Wer sich täglich mit dem Börsengeschehen auseinandersetzt, ist permanent in Versuchung, irgendwie auf die Fülle von Nachrichten und Einschätzungen zu reagieren. Doch damit richtet er tendenziell eher Schaden an, als sein Depot zu verbessern. Unser Rat: Wer die zu ihm passende Vermögensaufteilung und Anlagestrategie gefunden hat, sollte diese unbeirrt durchziehen.
Diagnose und Abhilfe
Auf den folgenden Seiten gehen wir ausführlich auf die häufigsten Anlagefehler ein, beschreiben ihre Auswirkungen und erklären, wie Anleger es besser machen können.
Wie die Depotanalyse gezeigt hat, war die schwache Wertentwicklung meist nicht die Folge eines einzelnen Fehlers, sondern eher die Kombination aus mehreren.
Aus der Perspektive des nüchternen Beobachters fällt vor allem eins auf: Wenige Anleger behalten den dauerhaften Blick auf das große Ganze, nämlich ihr Gesamtvermögen. Auch eine anfangs sinnvolle Aufteilung gerät durch unbedachte Aktionen aus der Balance.
Wer etwa bei akutem Geldbedarf seinen gut gelaufenen globalen Aktienfonds mit Gewinn verkauft, um die Verlustpositionen im Depot nicht anzutasten, macht genau das Falsche. Nach der Transaktion hat das Depot eine schlechtere Risikostreuung, das Gewicht der Investmentruinen ist nun sogar größer. Häufig ist es sinnvoller, sich von ihnen zu trennen – vor allem, wenn sich die Verluste steuerlich mit künftigen Gewinnen verrechnen lassen.
Grundsätzlich sollte sich der Anleger mit seiner aktuellen Depotmischung wohlfühlen. Es gibt keinen triftigen Grund, eine Aktie zu behalten, die man aus heutiger Sicht niemals wieder kaufen würde. Wer beim Geldanlegen auf Vernunft setzt, für den bleiben gute Renditen kein unerfüllbarer Traum.
Die meisten Depots bleiben unter der Messlatte
Die Grafik zeigt, welche Rendite fast 40 000 Depotbesitzer erzielt haben und welches Risiko sie dafür eingegangen sind. Jeder Punkt steht für ein Depot. 86 Prozent aller Depots liegen unterhalb der schwarzen Linie. Sie zeigt das Chance-Risiko-Verhältnis von Mischungen aus dem Weltaktienindex MSCI World und Tagesgeld.

© Stiftung Warentest

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Interessante und grundsätzlich wertvolle Untersuchung. Zweifel bleiben allerdings bei der Datengrundlage: Falls wirklich nur Depots von Direktbanken ausgewertet wurden, kann ein Gesamturteil zur Allokation gar nicht getroffen werden. Es fehlen viele, typische Anlageformen - und Depots bei Nicht-Direktbanken. Insofern kann die Auswertung - gerade die Rendite/Risiko-Punktewolke schein zu schön, um seriös zu sein - nicht repräsentativ sein. Ganz unabhängig davon: Es werden sicher viele Anlegerfehler gemacht und "Anlegerbildung" ist wichtig!
Mein Wunsch: Bitte geben Sie bei derartigen empirischen Untersuchungen für Interessierte immer noch etwas mehr zu den genauen Analysegrundlagen und -methoden an. Ein Link auf die Webseite ist ausreichend. - Danke für Ihre Arbeit!
@m-a-r-c: Das Chance-Risiko-Verhältnis beruht auf dem Performancemaß der Sharpe Ratio. Berechnet wurde dieses aus der Rendite p.a. im Beobachtungszeitraum und den Renditeschwankungen p.a. im Beobachtungszeitraum. Dazu wurde die Rendite zur Renditeschwankung in Beziehung gesetzt. (maa)
Sie haben Recht mit Wissen aber oftmals auch mit Glück kann man an der Börse Geld verdienen. Einen sehr wichtigen Punkt sprechen sie aber an: der richtige Zeitpunkt. Heute ist die SolarWorld Aktie so gut wie nichts wert - ein Investment in diesen Titel hätte somit auch direkt zur Privatinsolvenz führen können. Deshalb sind für die meisten nun mal ETFs oder Fond Mittel der Wahl um eine Rendite zu erwirtschaften. Wenn diese dann einige Prozentpunkte über der Inflation liegt, reicht dies doch völlig aus.
Beispiel: Meine Investition in eine PV Anlage im Jahr 2003, die Investitionssumme lag bei 35.000 €. Hätte ich die 35.000 € in Aktien der Herstellfirma "SolarWorld" im Mai 2003 angelegt, dann wäre ich heute fünffacher Millionär, vorausgesetzt ich hätte sie wieder zum richtigen Zeitpunkt verkauft. Einkaufswert im Mai 2003 ca. 40 € / Stk., = 875 Stück. Verkaufswert zwischen Okt. / Nov. 2007, pro Aktie 6.000 bis 7.200 €.
Die oben genannte Geschichte hat mich inzwischen zu einem erfolgreichen Aktionär gemacht, Wert 0,6 Mio. €. Meine Erfahrung, traue keinem Banker, Broker sowie Empfehlungen. Wichtig ist ein fundiertes Sachwissen sich anzueignen. Wenn einem die Arbeit zu viel ist, Finger weg von diesen Produkten. Kurvenbilder / Informationsdaten aus mehreren Online Anbieter und Online Banking sind heute meine Hilfsmittel. Bei Interesse, mache Dein eigenes Ding und las dir viel Zeit, das eingesetzte Kapital muss abkömmlich sein! Leider lässt dieser Bericht nicht mehr als 1000 Zeichen zu!
Insgesamt guter Artikel. Aber: Wie wurde das Chance-Risiko-Verhältnis, welches u.a. bei Fehler 4 genannt wird, berechnet? Das ist mir nicht klar und lässt mich bei diesem Vergleich etwas zweifeln. Danke für eine Antwort. Eine gängige Suchmaschine wurde bereits bemüht. Aber die Ergebnisse kann ich auf die Untersuchung hier nicht transferieren.