Gute Nachrichten zum Welt-Aids-Tag am 1. Dezember: Wenn HIV-Positive früh mit der Behandlung beginnen, bleiben sie länger am Leben und gesund. Zudem sinkt die Ansteckungsgefahr für andere, wie jüngste Studien zeigen. Daher empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO), Infizierte frühzeitig zu therapieren. In Deutschland ist das jetzt schon möglich. Zudem haben weltweit deutlich mehr Betroffene Zugang zu HIV-Medikamenten als noch vor zehn Jahren.*
WHO fordert sofortige Behandlung für alle HIV-Infizierten
Alle Menschen, bei denen eine Infektion mit HIV, dem Erreger der Immunschwäche-Krankheit Aids, diagnostiziert wurde, sollten unverzüglich Medikamente dagegen bekommen. Das schreibt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in einer neuen Leitlinie, die im Herbst 2015 veröffentlicht wurde. Bisher warten Ärzte meist ab, bis die Infektion fortgeschritten und die Zahl der angegriffenen Immunzellen namens CD4 unter einen gewissen Schwellenwert gesunken ist.
Frühe Therapie verbessert die Prognose
Die WHO beruft sich bei ihren Änderungen auf neue Studien. Eine davon ist unter der Abkürzung START bekannt geworden (kurz für Strategic Timing of Antiretroviral Treatment). 4 685 HIV-Infizierte aus 35 Ländern hatten daran teilgenommen. Alle waren zu Beginn von den Blutwerten her unauffällig und noch unbehandelt. Sie wurden nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen eingeteilt. Die eine bekam unverzüglich Medikamente gegen HIV, die andere erst bei Werten von weniger als 350 CD4-Zellen pro Mikroliter Blut. Von 2011 bis 2015 entwickelten 86 von den Patienten mit verzögerter Therapie Aids-bedingte Symptome oder starben. In der anderen Gruppe hingegen waren es 41 – nur ungefähr halb so viele. Es bleiben also deutlich mehr HIV-Positive am Leben und gesund, wenn sie frühzeitig Arzneimittel erhalten.
Ansteckungsgefahr sinkt massiv
Zudem verringert die frühe Therapie die Ansteckungsgefahr für andere. Das bestätigt eine Studie namens HPTN 052, deren erste Ergebnisse 2011 im New England Journal of Medicine erschienen und weltweit für Schlagzeilen sorgten. An der Untersuchung hatten fast 2 000 Paare teilgenommen, von denen ein Partner das HI-Virus in sich trug, und die bezüglich ihrer Angaben zu Bildung, Sexualverhalten und Kondomgebrauch vergleichbar waren. Eine Unterteilung der Paare in Gruppen zeigte nach einigen Jahren, dass die frühe Behandlung mit HIV-Medikamenten das Risiko, das Virus weiterzugeben, um mehr als 90 Prozent senkt.
Veränderte Empfehlungen in Deutschland zu erwarten
Die neue WHO-Leitlinie trägt diesen Forschungserkenntnissen Rechnung. Auch hierzulande werde sie „natürlich zu Veränderungen der Therapieempfehlungen führen“, sagt Dr. Annette Haberl, Pressesprecherin der Deutschen Aids-Gesellschaft auf Anfrage von test.de. Sie rechnet damit, dass die in Deutschland geltende Leitlinie in einigen Monaten überarbeitet ist. Derzeit sieht das Dokument eine Therapie vor, wenn der Betroffene Symptome einer Aids-Erkrankung aufweist oder weniger als 350 CD4-Zellen pro Mikroliter Blut hat – oder wenn beides zutrifft. Bei höheren Blutwerten ohne weitere Symptome „kann“ die Behandlung laut der momentan in Deutschland noch geltenden Leitlinie starten. Arzt und Patient müssen gemeinsam und individuell entscheiden. Wer der neuen WHO-Empfehlung folgen will, sollte das mit dem Arzt besprechen.
Frühe Diagnose durch HIV-Tests wichtig
Die meisten HIV-Infizierten in Deutschland würden schon jetzt erfolgreich behandelt, meint Annette Haberl. „Die Herausforderung für uns sind eher die Menschen, bei denen HIV spät – oft erst im Stadium Aids – diagnostiziert wird.“ Laut aktuellen Daten des Robert-Koch-Instituts leben derzeit rund 83 400 HIV-Positive in Deutschland – und geschätzte 13 200 davon wissen noch nichts von ihrer Infektion. Daher empfiehlt das Institut, Barrieren für HIV-Tests abzubauen, um durch frühzeitige Diagnosen frühere Behandlungen zu ermöglichen.
Chancen auf Behandlung weltweit gestiegen
International habe es in den letzten Jahren große Fortschritte bei der Bekämpfung der Krankheit gegeben, schreibt UNAIDS, das Anti-Aids-Programm der Vereinten Nationen in einer Presseerklärung. Inzwischen bekämen etwa 15,8 Millionen HIV-Infizierte Medikamente gegen die Erreger – das sind immerhin fast die Hälfte aller rund 37 Millionen Betroffenen und deutlich mehr als noch 2005. „Alle fünf Jahre haben wir die Zahl der Menschen mit lebensrettender Behandlung mehr als verdoppelt“, heißt es in der Pressemitteilung zum Welt-Aids-Tag 2015. Wenn der Trend anhalte, lasse sich die Aids-Epidemie sogar stoppen.
* Eine Kurzfassung dieser Meldung ist in test 12/2015 erschienen. Anlässlich des Welt-Aids-Tags am 1. Dezember 2015 haben wir unsere Meldung ergänzt und aktualisiert.
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