
Klaus Müller ist seit gut einem Jahr Präsident der Bundesnetzagentur. Zuvor war er Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv). © Bundesnetzagentur
Eine funktionierende Post gehört zur Infrastruktur, sagt Bundesnetzagentur-Chef Müller im Interview. „Verfehlungen sollten finanzielle Konsequenzen haben“, findet er.
Im letzten Jahr haben viele Postkunden ihre Post gar nicht oder nur verspätet erhalten. Wir haben Ende 2022 darüber berichtet (Ärger mit der Post). Klappt die Postzustellung 2023 besser?
Die Bundesnetzagentur hat 2022 einen Beschwerderekord von Postkunden verzeichnet. Der Höhepunkt war im Oktober 2022 erreicht: Rund 9 400 Beschwerden nur in diesem einen Monat. Weil die Post alles daransetzen wollte, das Weihnachtsgeschäft so gut wie möglich abzuwickeln, haben die Beschwerden zum Glück dann etwas nachgelassen. Sie sind aber weiterhin auf einem sehr hohen Niveau. Im Januar 2023 waren es mehr als 4 000. Das Bundeswirtschaftsministerium will das Problem angehen und hat für ein neues Postgesetz bemerkenswerte Eckpunkte vorgelegt.
Bundesnetzagentur soll mehr kontrollieren und strafen können
Was muss sich ändern, damit sich die Briefzustellung für Postkunden verbessert?
Erstens: Das Bundeswirtschaftsministerium will die veränderten Kommunikationsgewohnheiten der Menschen berücksichtigen. Es gibt immer weniger Menschen, die Briefe schreiben. Immer mehr kommunizieren auf elektronischem Weg. Für den Briefversand wird diskutiert, dass Kundinnen und Kunden wählen können: Entweder nutzen sie den normalen Standardbrief, der länger dauern kann, oder einen Brief, der schnell ankommt.
Zweitens: Die Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten der Bundesnetzagentur sollen gestärkt werden. Im Telekommunikations- und Energiemarkt gibt es solche Möglichkeiten schon länger. Im Postmarkt sind unsere Möglichkeiten derzeit leider bescheiden.
Drittens: Es soll mehr Wettbewerb im Briefmarkt geben. Die Bundesnetzagentur schaut aber weiterhin kritisch auf die Deutsche Post und ihre Wettbewerber.
Ist es wirklich eine Verbesserung, wenn die Deutsche Post Briefe künftig nicht mehr spätestens nach zwei Tagen zustellen muss, sondern erst nach vier Tagen – dann aber garantiert?
Angesichts der zunehmenden elektronischen Kommunikation, etwa über E-Mail, gibt es in anderen europäischen Ländern genau diese Zweiteilung von Laufzeiten: den normalen Brief, der länger dauert, und eine sehr zuverlässige und schnelle Zustellung von Briefen, eine Premium-Zustellung, wenn man das so nennen möchte. Sie wäre dann aber auch etwas teurer für die Kunden. Das muss ich ehrlicherweise sagen. Diese Zweiteilung kann aber auch bei der ökologischen Bilanz der Post positive Effekte erzielen.
Gesetzgeber ist gefordert
Was braucht die Bundesnetzagentur, um für mehr Verbraucherschutz im Postmarkt zu sorgen?
Wir brauchen die gesetzliche Befugnis dafür. Wenn wir Qualitätsstandards im Postbereich durchsetzen sollen, brauchen wir dafür eine gesetzliche Grundlage, die es uns ermöglicht, selbstständig Defizite zu überprüfen. Und Verfehlungen, von welchem konkreten Unternehmen auch immer, sollten finanzielle Konsequenzen haben.
Wenn bisher die Bundesnetzagentur nicht wirklich durchsetzen kann, dass die Post sich an das Postgesetz hält – kann das dann ein Verbraucher auf dem Klageweg schaffen?
Das ist ein unrealistisches Szenario. Dies kann ich nach 16 Jahren Arbeit für den Verbraucherschutz sagen. Einzelne Verbraucherinnen oder Verbraucher haben gegenüber der Post eine rechtlich schwache Position. Deshalb würde ich es begrüßen, wenn der Bundestag hier das Gesetz nachschärft. Das Parlament kann dafür sorgen, dass die Postkunden nicht mit ihrem Ärger alleine gelassen werden, und dass die Bundesnetzagentur als Aufsichtsbehörde Probleme nicht nur benennen, sondern auch dafür sorgen kann, dass diese konsequent und dauerhaft abgestellt werden.
Die Post verstößt derzeit offensichtlich in zwei Punkten gegen das Postgesetz: Sie hat weniger Postfilialen als vorgeschrieben. Und sie räumt selbst ein, dass sie Briefe nicht überall werktäglich zustellt. Was heißt das für das Rechtsempfinden der Bürger?
Jeder muss sich auf die Post verlassen können
Die Menschen müssen sich auf Institutionen und Infrastrukturen in unserem Land verlassen können. Auch Gerichte und Unternehmen, die Briefe verschicken, gehen davon aus, dass die Post funktioniert. Jeder muss sich auf die Post genauso verlassen können wie auf die Energie- und Telekommunikationsinfrastruktur.
Die Deutsche Post hat damit gedroht, sich aus dem Universaldienst zurückzuziehen. Dann müsste sie gesetzliche Vorgaben, wie eine werktägliche Zustellung, gar nicht mehr erfüllen. Wie sehen sie dies?
Dies habe ich aus den Medien erfahren. Wir haben bei der Post nachgefragt, und sie hat uns mitgeteilt, sie habe solche Pläne nicht; der Universaldienst bleibt also.
Im Postbereich haben Sie die Instrumente noch nicht, die sie brauchen. Im Mobilfunkbereich können Sie seit langem Bußgelder und andere Strafmaßnahmen durchsetzen (Abzocke am Telefon, Aufsicht schaltet Abofalle ab). Das hat Mobilfunkunternehmen aber nicht daran gehindert, zusammen mit sogenannten Drittanbietern auf der Telefonrechnung Geld abzurechnen und vom Konto abzubuchen für Leistungen, die die Telefonkunden nie bestellt haben (Handy-Abofallen). Die Bundesnetzagentur hat Jahre gebraucht für eine Allgemeinverfügung, die diese Praktiken unterbinden soll. Warum sollen wir glauben, dass die Aufsichtsbehörde energisch für die Verbraucherrechte von Postkunden sorgt?
Aus unserer Sicht enthält Ihre Frage Spekulationen und gibt weder die Tatsachen noch die rechtliche Situation sauber wider. Wenn uns konkrete Probleme direkt, über die Marktbeobachtung der Verbraucherzentralen oder andere zivilgesellschaftliche Akteure gemeldet werden, dann können wir bei klarer gesetzlicher Grundlage und guter Ausstattung auch im Postbereich zu ihrer Lösung energisch beitragen. So wie wir es in vielen Bereichen seit Jahren tun.
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Man muss die Leistungen der Deutschen Post natürlich immer mit der Konkurrenz vergleichen. Und es gibt ja private Postdienstleister. Oft sind sie Tochterunternehmen von Zeitungsverrlagen. Und hier habe ich bereits Erfahrung mit einigen gemacht. Die Zustellgeschwindigkeit von Briefen, die mit privaten Postdienstleistern aufgegeben wurden, waren bisher in praktisch allen von mir getesteten Fällen katastrophal. Versende ich einen Brief mit der Deutschen Post kommt dieser am nächsten Tag oder am übernächsten Tag an. Längere Laufzeiten sind nach meiner Erfahrung absolute Ausnahmen. Bei der Konkurrenz wird mit zwei Tagen gerechnet. Allerdings pro Unternehmen. Bei einem Brief quer durch Deutschland können das auch schon einmal drei Unternehmen sein. Dann wartet man auf einem Brief vier, fünf oder noch mehr Tage.
Was sehr gerne in diesen Artikeln nicht beachtet wird, ist der Kunde der die Post erhält selbst.
Ich arbeite Nebenberuflich als Zeitungszusteller für die Tageszeitungen und kann sagen, ein Teil der Menschen ist selbst schuld.
Bei jedem 2. bis 3. Postkasten fehlt das Namensschild und die Hausnummer!
Die Leute sollten erstmal für die „Basic‘s“ Sorgen und dann können sie auf die Post und Paketzusteller schimpfen!
Schließlich fährt nicht jeden Tag der selbe Zusteller so wie es vor 30 Jahren noch der Fall war. Die Zeiten sind leider vorbei…