Advents­kalender mit Schoko­laden­füllung

Reklamieren oder wegwerfen?

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Kunden, die aus Sorge um Rück­stände wie Mineralöle die Schokolade aus den Advents­kalendern nicht essen wollen, fragen sich natürlich: „Kann ich den Kalender nicht einfach beim Händler reklamieren und das Geld zurück verlangen?“ Der Wort­laut des Kauf­rechts erscheint eindeutig: Grund­sätzlich können Kunden bei Mängeln stets reklamieren. Ob das aber zum Erfolg führt, ist fraglich.

Händler bei Mängeln in der Pflicht

Können Kunden – etwa mit dem Kauf­beleg – nach­weisen, dass Sie die Ware bei einem bestimmten Händler erworben haben, können sie diesen Händler in die Pflicht nehmen. Sie müssen sich nicht an den Hersteller des Advents­kalenders wenden. Inner­halb des ersten halben Jahres ab Kauf gilt sogar: Der Händler muss dann bei einer Reklamation belegen, dass die Ware zum Verkauf­zeit­punkt mängelfrei war. Kann er das nicht, dann haftet er und muss Ersatz leisten oder den Mangel beheben. Das heißt: Er muss den Kalender gegen einen unbe­lasteten Kalender tauschen oder – was natürlich völlig unrealistisch ist – nachbessern, zum Beispiel die Rück­stände in der Schokolade entfernen. Kann oder will der Händler weder das eine noch das andere leisten, können Kunden vom Geschäft zurück treten und ihr Geld zurück verlangen.

Juristische Einordnung ungewiss

Soweit die Theorie. In der Praxis dürfte eine Kalender-Reklamation aber komplizierter werden. So hat die Europäische Union bisher keine Grenz­werte erlassen, die von den Herstel­lern einzuhalten sind und bei Über­schreitung etwa ein Vertriebs­verbot recht­fertigen würden. Auch fehlen für die Mineralöle in Lebens­mitteln toxikologische Studien, mit denen sich eindeutig abschätzen ließe, ob über­haupt eine Gesund­heits­gefahr besteht. Wie also Juristen die Frage „Mangel oder nicht?“ derzeit beur­teilen würden, ist völlig offen.

Reicht nicht der Verdacht auf eine Belastung?

Kunden mit viel Rechts­gespür könnten auf die Idee kommen, dass es auf eine bestimmte Belastung eigentlich gar nicht ankommen muss und könnten argumentieren: „Allein der Verdacht auf eine Belastung macht die Ware unbrauch­bar. Wer weiß denn jetzt noch, was man essen darf und was nicht?“ Der Gedanke ist klug. So hat der Bundes­gerichts­hofes bereits im Jahr 1969 geur­teilt, dass schon der Verdacht auf eine Gesund­heits­gefähr­dung ausreichen kann, damit eine Ware als „mangelhaft“ im Rechts­sinn gilt und Kunden erfolg­reich reklamieren können. Entschieden hatte der Bundes­gerichts­hof das im Fall von argenti­nischem Hasen­fleisch, bei dem die Behörden in Teilen einer Groß­lieferung Salmonellen fest­gestellt hatten. Ein Kunde hatte deshalb seine Bestellung reklamiert und am Ende Recht bekommen – obwohl sich sein Kauf später sogar als unbe­denk­lich heraus­stellte. Bereits weil der Verdacht einer Gesund­heits­gefähr­dung nahe lag und der Kunde das Fleisch nur mit unzu­mutbar hohem Aufwand hätte über­prüfen können, durfte er es reklamieren (Az. VIII ZR 176/66). Der Haken an der eigentlich eindeutigen Entscheidung: Der Bundes­gerichts­hofs hatte sie im Fall eines professionellen Zwischenhänd­lers getroffen. Ob auch Privatkunden Ware reklamieren können, wenn der Verdacht einer Gesund­heits­gefähr­dung besteht, hat seitdem kein Gericht entschieden. Der BGH hatte seiner­zeit ausdrück­lich offen gelassen, ob seine Entscheidung auch für Privatkunden gilt.

Auf Kulanz des Händ­lers setzen

Kunden, die einen Advents­kalender gekauft haben, bei dem die Stiftung Warentest vom Verzehr der Schokolade abrät, sollten sich die Vorweihnachts­zeit angesichts der Unsicherheiten nicht mit Rechts­ärger belasten. Möglicher­weise reicht es bereits, den Verkäufer um eine Rück­nahme auf Kulanz zu bitten. Umfragen haben gezeigt, dass viele Handels­ketten sogar dann umstandslos Ware zurück nehmen, wenn Kunden gar keinen Mangel beklagen, sondern die Ware einfach nicht mehr haben wollen.

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Gelöschter Nutzer am 05.12.2012 um 21:22 Uhr
@imwithstupid

"ein im Lebensmittel vorkommendes natürliches Element oder Substanz was unter Umständen durch seine geringe Konzentration ungiftig ist, heißt nicht, das die Industrie seine Konzentration um das tausendfache einbringen kann und es immernoch ungiftig ist." Gerade die Kadmiumkonzentration im Kakao kann extrem hoch sein, je nach Herkunft des Kakaos. Die gefundenen Mineralölrückstände dagegen sind in ihrer Konzentration tatsächlich nicht nur winzig, es gibt auch keinerlei Erkenntnisse darüber, ob diese Stoffe schädlich oder vollkommen harmlos sind.

Gelöschter Nutzer am 05.12.2012 um 21:19 Uhr
@imwithstupid

"ich weiß welche weniger belastet ist und welche mehr, einfach ein bisschen darauf achten!!!" Das ist ja auch OK. Darum ging es mir ja nie. Ich betonte sogar öfters, daß ich Tests grundsätzlich begrüße. Kritisiert habe ich dagegen die Art der Aufmachung und die gewollte oder zumindest zu erwartende Angstmacherei. Niemand weiß, ob die Rückstände in den Schokoladen gefährlich sind. Genauso gut könnten sie absolut harmlos sein, zumal in den geringen Mengen. Uran im Trinkwasser und Kadmium in jeder Schokolade ist von seinen Wirkungen her bekannt und deshalb erst einmal bei weitem schädlicher. Wenn sie sich also davor fürchten würden, wäre dies noch immer übertrieben aber wenigstens wissenschaftlich begründet.

Insider2012 am 05.12.2012 um 09:53 Uhr
@imwithstupid

Ich gebe Ihren Ausführungen uneingeschränkt recht. Vielen Schadstoffquellen, von denen man weiß, kann man sich nicht entziehen. Das es noch einige Schadstoffquellen gibt von denen man (noch) nichts weiß, macht die Sache auch nicht angenehmer und dies alles ist schon schlimm genug. Aus dieser Kenntnis zu schließen: "Ist doch eh egal, auf das bisschen mehr kommt es auch nicht mehr an“ wäre fatal und dumm. Sich darüber aufzuregen wie die StiWa den Bericht präsentiert hat, oder das es noch keinen gesundheitsgefährdenden Nachweis gibt, ist doch einfach nur hohl. Zu den Rauchern: Hier muss ich sagen: Entweder man lebt gesundheitsbewusst und versucht sich giftfrei zu ernähren, oder es ist einem egal. Aber sich über Schadstoffe in der Schoki zu entsetzen und vor lauter Aufregung erst mal ne Kippe anzünden, das finde ich schon sehr widersprüchlich. Von den Folgen des Passivrauchens (Stichwort: eigene Kinder) ganz zu schweigen.

imwithstupid am 05.12.2012 um 00:47 Uhr
Nachtrag@remember_carthage

nur mal so: ein im Lebensmittel vorkommendes natürliches Element oder Substanz was unter Umständen durch seine geringe Konzentration ungiftig ist, heißt nicht, das die Industrie seine Konzentration um das tausendfache einbringen kann und es immernoch ungiftig ist. Der menschliche Körper produziert im Zuge der Verdauung aus Zucker Alkohol. ...gebe ich meinem Kind deshalb n Bier oder lebt ein Alkoholiker deshalb gesünder, da er ja etwas zu sich nimmt was der Körper doch produziert? ?? Oder lasse ich mein Kind an der Solarzellen nagen da doch Kadmium auch in der Schoki vorkommen kann??? Dann wäre doch auch Atommüll unschädlich nur weil der menschliche Körper selbst eine gewisse Strahlung enthält und abgibt wie die Natur um uns herum....

imwithstupid am 05.12.2012 um 00:23 Uhr
@mile48

das mit den rauchern mag stimmen. ..doch wenn man die Verantwortung für sich selbst nicht übernehmen kann oder man selbst sein Leben nicht ändern kann, sollte man der nächsten Generation bessere Werte vermitteln und für die eine grössere Verantwortung übernehmen die noch länger leben wollen/müssten/sollten. ..ich denke keiner mag sich die Qual vorstellen wenn ein Kind vor den Eltern seinen letzten Atemzug macht und man sich Gedanken macht ob man es hätte verhindern können....und plötzlich stellt man fest das die Lieblingsschokolade vom Hersteller Produktionsrückstände enthält die "vielleicht" oder in ein bis zwei Jahren nachgewiesen giftig ist. Ist es nicht das worüber man nachdenken sollte? Was tun wir??? Und Warum? Ich bin aus dem Bereich MaschinenBau und Wirtschaft und ich kann sagen es ist *wenn man will* produktionstechnisch und finanziell machbar ein Lebensmittel einfach Lebensmittel sein zu lassen ohne Rückstände und Einträge! !!!!