
Türchen für Türchen mehr Vorfreude auf Weihnachten – von wegen: Die Stiftung Warentest hat Rückstände von Mineralölen und ähnlichen Substanzen in der Schokolade von 24 Adventskalendern für Kinder nachgewiesen. Einige der Mineralölbestandteile könnten krebserregend sein. Sie dürften vorrangig aus den Kartonverpackungen stammen, die aus recyceltem Altpapier hergestellt wurden. Eine der weiteren Mineralöl-Quellen: Maschinenöle aus der Produktionskette.
[Update: 28.11., 13.00 Uhr: Stiftung Warentest und BfR stimmen überein]
Bei der Bewertung der Ergebnisse des Tests von Adventskalendern, bei denen Mineralölbestände gefunden wurden, kommen die Stiftung Warentest und das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zu gleichen Schlussfolgerungen. Zur vollständigen Stellungnahme der Stiftung Warentest [Ende Update]
Hoch belastet: Arko, Confiserie Heilemann, Rausch
Nicht aus Neugier, sondern wegen eines dringenden Verdachts hat die Stiftung Warentest die Türchen von 24 handelsüblichen Adventskalendern schon vor dem 1. Dezember geöffnet: Gesundheitsschädliche Mineralöle könnten die Schokolade belasten. Tatsächlich haben die Tester in jeder Kalenderschokolade Mineralöle und verwandte Substanzen nachgewiesen. Die Schokostückchen von 9 Kalendern enthielten sogar besonders kritische Mineralölbestandteile. Es handelt sich um sogenannte aromatische Mineralöle. Ein Teil davon steht in Verdacht, Krebs zu erregen. Besonders hoch waren die Gehalte an aromatischen Mineralölen in den Kalendern von Arko, der Confiserie Heilemann und Rausch. Doch Substanzen, die womöglich krebserregend sein können, haben in Lebensmitteln nichts zu suchen. Die Tester kennen bei diesen kein Pardon und haben alle 9 Adventskalender mit diesen Substanzen an das Ende der Testtabelle gestellt (siehe Spalte „Aromatische Kohlenwasserstoffe“). Aus gesundheitlicher Vorsorge sollten Verbraucher – insbesondere Kinder – diese Schokoladen nicht verzehren (siehe auch Unser Rat).
[Update: 26.11., 17.00 Uhr: Arko nimmt Kalender aus dem Verkauf]
Der Anbieter Arko bestätigte gegenüber der Stiftung Warentest schriftlich, dass er aufgrund der Testergebnisse das betroffene Produkt aus dem Verkauf genommen habe. Kunden können demnach bereits erworbene Kalender in die Arko-Filiale zurückbringen und erhalten dann den Kaufpreis erstattet. [Ende Update]
Weitere Mineralöltypen gefunden

Die Kalender von Arko, der Confiserie Heilemann und Rausch waren zudem stark mit nicht-aromatischen Mineralölen belastet. Hohe Gehalte dieses Mineralöl-Typs wiesen die Tester auch in den Kalendern von Friedel, Reichsgraf von Aldi (Nord) und den Schlümpfen nach. Das heißt: Hier fanden die Tester mehr als 10 Milligramm pro Kilogramm Schokolade. So viel kommt mit Abstand nicht in den anderen Kalendern vor. Die hohen Gehalte sind also durchaus vermeidbar. Die Stiftung Warentest hat sich bei ihrer Bewertung an Erfahrungswerten von Fachleuten orientiert, weil die EU noch keinen Grenzwert festgelegt hat. Der Grund: Toxikologische Studien fehlen. Zurzeit können Wissenschaftler nicht eindeutig abschätzen, wie stark Mineralöle den Menschen gefährden. Einige Hinweise gibt es schon: So können sich insbesondere die kurzkettigen nicht-aromatischen Mineralöle im menschlichen Gewebe anreichern; im Tierversuch werden sie mit Entzündungserscheinungen der Leber in Zusammenhang gebracht.
Ein Schokostück täglich vertretbar
Insgesamt 12 Kalender waren zum Zeitpunkt der Analyse nur gering mit diesen Mineralölen belastet und gleichzeitig frei von aromatischen Mineralölrückständen. Darunter sind teure Markenprodukte, etwa von Milka und Hussel, sowie Discounter-Ware für ein paar Cent von Netto Markendiscount, Norma und Lidl (siehe Testtabelle). Die Stiftung Warentest hält es für vertretbar, wenn sich Kinder und Erwachsene täglich ein Schokoladenstück aus diesen Adventskalendern genehmigen. Bei höheren Belastungen wie in den Kalender von Aldi (Nord) / Reichsgraf und den Schlümpfen ist es augenblicklich schwierig, eine Empfehlung zu geben.
Mineralöle reichern sich im Schokoladenfett an
Schokolade besteht aus reichlich Fett, in dem sich Mineralöle gut anreichern können. Die Schokostückchen aus Adventskalendern sind in dieser Hinsicht besonders gefährdet: Sie umgibt sehr viel Karton, der meist aus recyceltem Altpapier hergestellt wurde und mineralölhaltige Farben aus dem Zeitungsdruck enthalten kann. Teilweise liegt die Verpackung direkt auf der Schokolade auf. Die flüchtigen Mineralölbestandteile entweichen aus dem Verpackungsmaterial und können dann in die Schokolade übergehen oder in den geschlossenen Innenraum des Kalenders ausgasen. Auch die neu aufgedruckten Winterlandschaften, Weihnachtsmänner und Maskottchen können aus Farben mit Mineralölen bestehen, die in die Süßigkeiten wandern. Mit der Druckfarbe können auch sogenannte Photoinitiatoren auf die Kalender kommen. Im Test konnte nur bei einem Produkt, dem Kalender von Arko, ein Photoinitiator nachgewiesen werden. Es war Benzophenon – und zwar in deutlicher Menge. Doch mit nur einem Schokostück am Tag würden selbst Kleinkinder die täglich akzeptable Aufnahmemenge nur zu 2 Prozent ausschöpfen.
Auch Maschinenöl aus der Herstellung gefunden
Darüber hinaus haben die Tester bei acht Produkten Mineralöl nachgewiesen, das offenbar von Maschinen herrührt. Viele Hersteller nutzen es, um ihre Maschinen zu schmieren, zu säubern und zu pflegen. Maschinenöl kann aber auch direkt aus der Umwelt in Lebensmittel geraten, zum Beispiel über Abgase. Folgende Adventskalender enthielten Rückstände, die auf Maschinenöl deuten: Aldi (Nord) / Reichsgraf, Aldi (Süd) / Wintertraum, die Schlümpfe, Friedel, Milka, Netto Markendiscount / Santa Claus in Town, Smarties, The Simpsons.
Langes Lagern erhöht Risiko
Wissenschaftliche Versuche zeigen: Je länger ein Lebensmittel lagert und Mineralölen ausgesetzt ist, desto mehr dringen davon in das Produkt ein – vor allem bei Raumtemperatur. Viele der schätzungsweise 50 Millionen Adventskalender, die in Deutschland jedes Jahr verkauft werden, liegen bereits viele Wochen vor dem Vernaschen der Schokolade im Handel. Mancher Adventskalender könnte nach dem angegebenen Mindesthaltbarkeitsdatum auch noch für die nächste oder übernächste Adventszeit herhalten – zum Beispiel der von Rausch, der laut Anbieter mindestens bis zum 07.02.2014 haltbar sein soll. Doch bis dahin dürfte die Füllung nicht mehr schmecken und die Mineralöle weiter auf sie übergegangen sein.
Weichmacher, Kadmium, Keime
Unerwünschte Verpackungsrückstände in Adventskalendern können aber nicht nur aus dem Pappgehäuse kommen, sondern auch aus den Schokoladenformen und Außenfolien aus Kunststoff: Sie können unter anderem Substanzen freisetzen, die den Mineralölen sehr ähnlich sind. Zudem besteht das Risiko, dass aus dem Kunststoff noch Weichmacher in die Schokostückchen übergehen. Doch einzig der Kalender von Lindt wies sehr geringe Mengen des Weichmacher DEHA auf. Schokolade kann immer auch Kadmium enthalten, das in höheren Mengen etwa die Nieren schädigen kann. Der Grund: Es reichert sich natürlicherweise in den Bohnen von Kakaopflanzen an, die auf auf vulkanischen Böden gedeihen. Im Test war nur die Schokolade von Hachez gering mit Kadmium belastet. Bei allen anderen Produkten spielte es keine Rolle. Entwarnung auch für Keime: 23 Produkte waren in dieser Hinsicht unauffällig, nur in der Schokolade von Gepa wiesen die Tester eine vergleichsweise hohe Gesamtkeimzahl nach. Mehr Informationen stehen in der Testtabelle in der Spalte„Sonstige Kontaminanten".
Nicht die beste Schokoladenqualität
Bei der Geruch- und Geschmacksprüfung auf Fremdnoten fiel auf, dass die Schokoladen von 7 der 24 Kalender sehr leicht bis deutlich nach Pappe schmeckte siehe Spalte „sensorische Fremdnoten“ in der Testtabelle. Bei einigen Produkten zerging die Schokolade auch nicht auf der Zunge, sondern schmolz nur langsam ab. Das spricht für nur einfache Schokoladenqualität. Hochwertige Schokolade dagegen verführt mit zartem Schmelz. Beides entsteht durch sorgfältiges Konchieren, also dem stetigen Rühren der erwärmten Schokolade in der Produktion. Erstaunlich: Die großformatigen Kalender enthalten relativ wenig Schokolade. Die meisten in unserem Test verbargen nur insgesamt 75 Gramm hinter den Türchen – das ist nicht einmal eine Tafel Schokolade.
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"ein im Lebensmittel vorkommendes natürliches Element oder Substanz was unter Umständen durch seine geringe Konzentration ungiftig ist, heißt nicht, das die Industrie seine Konzentration um das tausendfache einbringen kann und es immernoch ungiftig ist." Gerade die Kadmiumkonzentration im Kakao kann extrem hoch sein, je nach Herkunft des Kakaos. Die gefundenen Mineralölrückstände dagegen sind in ihrer Konzentration tatsächlich nicht nur winzig, es gibt auch keinerlei Erkenntnisse darüber, ob diese Stoffe schädlich oder vollkommen harmlos sind.
"ich weiß welche weniger belastet ist und welche mehr, einfach ein bisschen darauf achten!!!" Das ist ja auch OK. Darum ging es mir ja nie. Ich betonte sogar öfters, daß ich Tests grundsätzlich begrüße. Kritisiert habe ich dagegen die Art der Aufmachung und die gewollte oder zumindest zu erwartende Angstmacherei. Niemand weiß, ob die Rückstände in den Schokoladen gefährlich sind. Genauso gut könnten sie absolut harmlos sein, zumal in den geringen Mengen. Uran im Trinkwasser und Kadmium in jeder Schokolade ist von seinen Wirkungen her bekannt und deshalb erst einmal bei weitem schädlicher. Wenn sie sich also davor fürchten würden, wäre dies noch immer übertrieben aber wenigstens wissenschaftlich begründet.
Ich gebe Ihren Ausführungen uneingeschränkt recht. Vielen Schadstoffquellen, von denen man weiß, kann man sich nicht entziehen. Das es noch einige Schadstoffquellen gibt von denen man (noch) nichts weiß, macht die Sache auch nicht angenehmer und dies alles ist schon schlimm genug. Aus dieser Kenntnis zu schließen: "Ist doch eh egal, auf das bisschen mehr kommt es auch nicht mehr an“ wäre fatal und dumm. Sich darüber aufzuregen wie die StiWa den Bericht präsentiert hat, oder das es noch keinen gesundheitsgefährdenden Nachweis gibt, ist doch einfach nur hohl. Zu den Rauchern: Hier muss ich sagen: Entweder man lebt gesundheitsbewusst und versucht sich giftfrei zu ernähren, oder es ist einem egal. Aber sich über Schadstoffe in der Schoki zu entsetzen und vor lauter Aufregung erst mal ne Kippe anzünden, das finde ich schon sehr widersprüchlich. Von den Folgen des Passivrauchens (Stichwort: eigene Kinder) ganz zu schweigen.
nur mal so: ein im Lebensmittel vorkommendes natürliches Element oder Substanz was unter Umständen durch seine geringe Konzentration ungiftig ist, heißt nicht, das die Industrie seine Konzentration um das tausendfache einbringen kann und es immernoch ungiftig ist. Der menschliche Körper produziert im Zuge der Verdauung aus Zucker Alkohol. ...gebe ich meinem Kind deshalb n Bier oder lebt ein Alkoholiker deshalb gesünder, da er ja etwas zu sich nimmt was der Körper doch produziert? ?? Oder lasse ich mein Kind an der Solarzellen nagen da doch Kadmium auch in der Schoki vorkommen kann??? Dann wäre doch auch Atommüll unschädlich nur weil der menschliche Körper selbst eine gewisse Strahlung enthält und abgibt wie die Natur um uns herum....
das mit den rauchern mag stimmen. ..doch wenn man die Verantwortung für sich selbst nicht übernehmen kann oder man selbst sein Leben nicht ändern kann, sollte man der nächsten Generation bessere Werte vermitteln und für die eine grössere Verantwortung übernehmen die noch länger leben wollen/müssten/sollten. ..ich denke keiner mag sich die Qual vorstellen wenn ein Kind vor den Eltern seinen letzten Atemzug macht und man sich Gedanken macht ob man es hätte verhindern können....und plötzlich stellt man fest das die Lieblingsschokolade vom Hersteller Produktionsrückstände enthält die "vielleicht" oder in ein bis zwei Jahren nachgewiesen giftig ist. Ist es nicht das worüber man nachdenken sollte? Was tun wir??? Und Warum? Ich bin aus dem Bereich MaschinenBau und Wirtschaft und ich kann sagen es ist *wenn man will* produktionstechnisch und finanziell machbar ein Lebensmittel einfach Lebensmittel sein zu lassen ohne Rückstände und Einträge! !!!!