
Kekse, Knäckebrot und Co enthalten Acrylamid. Wir haben 53 Produkte auf den Schadstoff geprüft. Böse Überraschungen gibt es keine, aber große Unterschiede.
Knuspermüsli am Morgen? Dazu Malzkaffee, mittags Pommes, am Nachmittag ein paar Kekse und abends Kartoffelchips. So gehts durch den Tag. Mit all den Leckereien nehmen wir Acrylamid auf. Der Stoff bildet sich in stärkehaltigen Lebensmitteln, die auf mehr als 120 Grad Celsius erhitzt werden und bräunen. Er ist nicht gänzlich zu vermeiden, aber sein Gehalt lässt sich senken. Gut so, denn er kann das Erbgut verändern und möglicherweise Krebs erzeugen.
Lebensmittel prüfen wir regelmäßig auf diesen Schadstoff. 2018 wurden die Richtwerte für den Schadstoff EU-weit verschärft. Deshalb haben wir jetzt 53 exemplarisch ausgewählte Nahrungsmittel ausschließlich auf Acrylamid getestet. Von Knuspermüsli bis Cracker – alle halten diese neuen Orientierungswerte ein. Das dürfte im Sinne der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit Efsa sein. Schon 2015 hatte sie festgestellt, dass Europäer im Schnitt zu hohe Mengen Acrylamid aufnehmen: täglich rund 0,4 bis 1,4 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht.
Hersteller sollen ihre Produktionsprozesse ständig überprüfen. Liegt der Gehalt über dem Richtwert, sind sie gehalten, ihn zu senken. Sieben Produkte im Test kommen dem jeweiligen Richtwert nahe und sind nur ausreichend, darunter Knuspermüsli, Kaffee-Ersatz, Knäckebrot und Kekse, auch Bioware. Speziell für Kinder gedachte Produkte müssen besonders strenge Richtwerte einhalten. Alle geprüften Kinderkekse und der -zwieback liegen weit darunter.
Unser Rat
Die Acrylamidgehalte aller 53 Lebensmittel im Test liegen unter den Richtwerten der EU, viele deutlich. Es gilt: Je weniger, desto besser. Daher raten wir zu Produkten mit besonders niedrigen Gehalten.
Deutschland im Vergleich vorn
Ausländische Partnerorganisationen der Stiftung Warentest haben gleichzeitig mit uns Chips und Co auf Acrylamid getestet: Sie fanden Richtwert-Überschreitungen vor allem bei Keksen und Chips. Im Vergleich stehen bei uns verkaufte Produkte gut da.
In Deutschland wurde schnell reagiert, als Forscher 2002 erstmals auf Acrylamid in Lebensmitteln stießen. Die Regierung startete ein Programm, um die Schadstoffbildung zu verringern. Aus regelmäßig erhobenen Daten leiteten Wissenschaftler Signalwerte her – Vorläufer der EU-Richtwerte.
Nicht nur im Essen
Wie viel Acrylamid Raucher aufnehmen und welche weiteren Quellen es gibt, steht in unseren FAQ Acrylamid.
Wie viel Acrylamid ist bedenklich?
Theoretisch können schon kleinste Dosen Acrylamid krebserregend sein. Deshalb lässt sich auch kein mit Sicherheit unbedenklicher Mindestgehalt für Lebensmittel festlegen. Es gibt nur je nach Produktgruppe unterschiedliche Richtwerte. Sie hängen davon ab, was bei der Herstellung technisch machbar ist, um den Acrylamidgehalt zu minimieren. Vollkorn-Knuspermüsli etwa hat einen niedrigen Richtwert von 300 Mikrogramm pro Kilogramm (µg/kg), Kaffee-Ersatz nur aus Zichorie einen hohen: 4 000 µg/kg. Kleinkinder nehmen im Verhältnis zum Gewicht mehr Acrylamid auf als Erwachsene. Für sie ausgelobte Produkte haben daher strengere Werte. Beurteilt haben wir, wie stark die untersuchten Lebensmittel den jeweiligen Richtwert ausschöpfen.
Wie nehme ich weniger davon auf?
Essen Sie nicht zu viel Frittiertes und Co: Wer Chips, Cracker und Kekse häufig verzehrt, ist stärker gefährdet als diejenigen, die solche Nahrungsmittel selten verputzen. Wählen Sie aus den Tabellen die mit den besseren Noten in puncto Acrylamid aus. Achten Sie beim Selberkochen auf die wichtigsten Tipps „Was kann jeder selbst tun“, weiter unten.
Wie riskant ist Acrylamid?
Bislang ist die Wirkung des Schadstoffs auf den Menschen nicht vollends geklärt. In Langzeitstudien erkrankten Ratten und Mäuse, denen sehr hohe Mengen Acrylamid verabreicht wurden, an Krebs. Außerdem können Acrylamid und sein Abbauprodukt Glycidamid – es wird im Körper gebildet – das Erbgut verändern. Ein Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit stufte Acrylamid 2015 als möglicherweise krebserregend für den Menschen ein. Stoffe mit dem Potenzial, das Erbgut zu schädigen und Krebs auszulösen, stellen in jeder Menge ein Risiko dar. Es nimmt zu, je mehr Acrylamid man aufnimmt.
Was enthält besonders viel Acrylamid?
Lebensmittel, die Stärke enthalten und frittiert, gebacken, gebraten oder geröstet werden, können viel Acrylamid enthalten: Pommes, Kartoffelchips, Cracker auf Kartoffelbasis, Lebkuchen, Röstkaffee, löslicher Kaffee, Kaffee-Ersatz. Für sie gelten höhere Richtwerte als für andere Produkte. 2016 testeten wir Espressobohnen und prüften sie auch auf Acrylamid. Alle Espressi blieben unter dem Richtwert. Selbst dann noch, wenn man den aktuellen, niedrigeren Wert von 400 µg/kg ansetzt. Im Test von Heißluftfritteusen frittierten wir Pommes. Egal, aus welchem Gerät: Die Acrylamidgehalte machten uns keine Sorgen.
Was tun die Hersteller?
Die Europäische Kommission hat Strategien ausgegeben, um die Acrylamidgehalte in Lebensmitteln zu senken. Unter anderem sind Industrie, Gastronomen und Bäckereien gehalten, sie anzuwenden. Für Kartoffelchips etwa sollen Hersteller bevorzugt Kartoffelsorten mit niedrigem Zuckergehalt verarbeiten und festgelegte Frittiertemperaturen einhalten. Bäcker sollen allzu dunkle Krusten vermeiden, Restaurantköche sollen solche Lebensmittel bei so niedriger Temperatur wie möglich braten, backen und frittieren.
Was kann jeder selbst tun?
Je stärker man Toast bräunt, je länger Kekse oder Pizza bei hohen Temperaturen im Ofen backen, desto mehr Acrylamid bildet sich. Deshalb gilt: Vergolden statt verkohlen! Kartoffel- und Getreideprodukte nur kurz anbraten, dann die Temperatur drosseln. Bratkartoffeln aus gekochten Kartoffeln enthalten weniger Acrylamid als solche aus frischen. Fürs Backen gilt: So lange wie nötig, so kurz wie möglich. Öfen mit Umluft höchstens bis 180 Grad heizen, ohne Umluft bis 200 Grad. Pommes frites möglichst bei Temperaturen unter 170 Grad frittieren.
Wie kontrolliere ich den Konsum?
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit Efsa schätzt, dass Erwachsene in Europa mit dem Essen täglich im Schnitt 0,4 bis 1,4 Mikrogramm (µg) Acrylamid pro Kilo Körpergewicht aufnehmen. 0,4 Mikrogramm entsprechen bei einer Person, die 60 Kilo wiegt, etwa 24 Mikrogramm. Isst ein 60-Kilo-Mensch viel von den Produkten im Test mit den höchsten Acrylamidgehalten, liegt er schnell deutlich darüber – etwa wenn er Folgendes am Tag verzehrt:
2 Tassen Getreidekaffee (à 2 g Pulver) = | zirka 1,6 µg |
+ 50 Gramm Knuspermüsli = | zirka 11,5 µg |
+ 4 Scheiben Knäckebrot (à zirka 9 g) = | zirka 9 µg |
+ 5 Butterkekse (à 10 g) = | zirka 11 µg |
+ ½ Tüte Kartoffelchips (100 g) = | zirka 27 µg |
Aufnahme insgesamt = | zirka 60 µg |
Tipp: Ermitteln Sie, wie viel Acrylamid Sie täglich konsumieren – mithilfe des Acrylamidrechners.