Der Halter muss fürs Abschleppen zahlen, wenn der Wagen unberechtigt auf fremden Privatgrundstücken stand. Das vom Grundstücksbesitzer beauftragte Abschleppunternehmen muss nicht den Fahrer ermitteln. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Allerdings: Die Rechnungen von Unternehmen wie der Parkräume KG sind regelmäßig überhöht. So viel müssen Autofahrer nicht zahlen. Vom Vorwurf der schweren Erpressung hat der BGH Unternehmenschef Gehrke indes freigesprochen.
Das Auto gibt es erst nach Zahlung zurück
Schon 2009 hatte der Bundesgerichtshof geurteilt: Grundstückbesitzer dürfen widerrechtlich auf ihrem Grund und Boden abgestellte Autos abschleppen lassen. Die Kosten dafür hat ihnen der Falschparker zu ersetzen. Und erst wenn der Falschparker gezahlt hat, muss ihm der Grundstücksbesitzer verraten, wo sein Wagen jetzt steht. „Zurückbehaltungsrecht“ nennen Juristen das. Es gilt auch bei Überschreitung der Parkzeit. Wenn auf Kundenparkplätzen Schilder wie „Parkzeit höchstens 60 Minuten“ hängen, dann ist das verbindlich. Wer länger bleibt, riskiert das Abschleppen.
Halter haftet
Jetzt steht fest: Auch der Halter haftet. Er sei verpflichtet, das widerrechtlich abgestellte Auto sofort vom Grundstück zu entfernen. Wenn er das nicht tue, so der BGH, dürfe der Grundstücksbesitzer den Wagen abschleppen lassen und Ersatz für die dafür erforderlichen Kosten verlangen. Das gilt auch, wenn der Autohalter selbst gar nichts vom Falschparken weiß. „Geschäftsführung ohne Auftrag“ heißt das im Bürgerlichen Gesetzbuch. Es berechtigt den Grundstücksbesitzer zum Abschleppen falsch geparkter Autos auf Kosten des Halters. Das hat der Bundesgerichtshof in einem weiteren Grundsatzurteil entschieden. Es ist jetzt Sache des Halters, sich die Kosten fürs Abschleppen vom eigentlich verantwortlichen Fahrer ersetzen zu lassen.
Service für Grundstücksbesitzer
Falschparker sind für Supermärkte, Krankenhäuser und Immobilienunternehmen ein Problem: Sie blockieren Kunden- und Besucherparkplätze. Ein verlockendes Angebot macht diesen Firmen die „Parkräume KG“: „Wir befreien Ihre Flächen von Falschparkern!“ Mitarbeiter der Parkräume KG kontrollieren die Parkplätze, rufen bei Bedarf den Abschleppwagen und kümmern sich um das Eintreiben der Abschleppgebühren. Der Grundstücksbesitzer muss nichts bezahlen und sich auch um nichts kümmern. Im Gegenzug tritt er seine Forderungen gegen Falschparker an die Parkräume KG ab.
Horrende Rechnungen von der Parkräume KG
Das Problem dieses Geschäftsmodells: Für Falschparker wird es sehr teuer. Mindestens 125 Euro kostet nach den Preislisten der Parkräume KG bereits die Vorbereitung zum Abschleppen. Kommt der Wagen dann tatsächlich an den Haken, sind an Werktagen tagsüber 250 Euro fällig. Beim Abschleppen aus einem Parkhaus an einem Feiertag beläuft sich die Rechnung sogar auf mindestens 395 Euro.
Streit um die Kosten
Das geht zu weit, findet der Münchner Jurist Dirk Gründler. Er verteidigte zahlreiche Autofahrer gegen die überhöhten Forderungen der Parkräume KG. In der Regel mit Erfolg: Mehr als die fürs Abschleppen ortsüblichen Kosten darf das Unternehmen nicht kassieren, urteilte schließlich der Bundesgerichtshof in letzter Instanz.
Rechnungsprüfung vor Gericht
Entscheidend sei, was in der Umgebung für solche Dienstleistungen üblicherweise gezahlt wird, sagte die Vorsitzende BGH-Richterin Christina Stresemann bei der Verhandlung eines Abschlepp-Falls im Juli 2014. Im Zweifel muss die Parkräume KG beweisen, dass ihre Forderung angemessen ist. Schon zuvor hatten die Richter Forderungen der Parkräume KG oft gekürzt. In München hielten die Gerichte Beträge von 100 bis 175 Euro für richtig. Das Amtsgericht Köpenick gewährte der Parkräume KG 130 statt der laut Preisliste fälligen 250 Euro.
Tipp: Betroffene können trotz des Zurückbehaltungsrechts oft ohne zu zahlen schnell erfahren, wo ihr Wagen steht So kommen Sie an Ihr Auto.
Zum Abschleppen von Privatparkplätzen:
Bundesgerichtshof, Urteil vom 05.06.2009
Aktenzeichen: V ZR 144/08
Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.12.2011
Aktenzeichen: V ZR 30/11
Zur Höhe der Kosten fürs Abschleppen:
Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.07.2014
Aktenzeichen: V ZR 229/13
Zur Halterhaftung:
Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.03.2016
Aktenzeichen: V ZR 102/15
Viel Ärger über Abschlepp-Wucher
Der Ärger über die teuren Rechnungen der „Parkräume KG“ füllt zahlreiche Foren und Blogs. Das Unternehmen war nach eigener Darstellung jedenfalls zeitweise für bundesweit etwa 3 000 Grundstücke zuständig. Wie viele es aktuell sind, ist unbekannt; das Unternehmen macht derzeit keine Angaben. Parkräume KG-Gründer Joachim K. Gehrke stand zwischenzeitlich sogar wegen schwerer Erpressung unter Anklage. Die Staatsanwaltschaft in München hielt es für strafbar, wenn Gehrke und Mitarbeiter der Parkräume KG überhöhte Rechnungen durchsetzen, indem sie erst nach vollständiger Bezahlung verraten, wohin sie falsch geparkte Autos haben abschleppen lassen. Doch das Landgericht München sprach den Unternehmer frei.
Freispruch bestätigt
Im Dezember 2016 hat der Bundesgerichtshof (BGH) den Freispruch im Wesentlichen bestätigt. Grund für den Freispruch: „Angesichts der damals weitgehend streitigen zivilrechtlichen Rechtslage zur Höhe erstattungsfähiger Abschleppkosten und zur Geltendmachung von Zurückbehaltungsrechten an falsch parkenden Fahrzeugen sowie der umfangreichen Rechtsberatung des Angeklagten hat der Bundesgerichtshof keinen Anlass gehabt, die Beweiswürdigung des Landgerichts, wonach der Angeklagte insgesamt gutgläubig gehandelt hat, aus Rechtsgründen zu beanstanden“, heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts. Inwieweit die Forderungen der Parkräume KG überhöht waren, sei im Strafverfahren nicht weiter aufzuklären. Nur ein einziger Fall war in Karlsruhe noch offen geblieben, doch in diesem hat die zuständige Staatsanwaltschaft in München inzwischen entschieden: Sie sieht von der Verfolgung ab, da die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung bestehe.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.12.2016
Aktenzeichen: 1 StR 253/16 (Pressemitteilung des Gerichts dazu)
Neuer Ärger
Neuer Ärger
Doch trotz der zahlreichen Grundsatzurteile zum Thema: Die Parkräume KG ist weiter tätig, offenbar ohne Änderungen ihres Geschäftsmodell. Fragen der Stiftung Warentest dazu beantwortete das Unternehmen bislang nicht. Zuletzt ärgerten sich Autofahrer im Kreis Unna in Westfalen über die horrenden Rechnungen des Unternehmens. Und: Erneut liegen der Staatsanwaltschaft in München Strafanzeigen gegen die Verantwortlichen bei der Parkräume KG vor.
* Diese Meldung erschien erstmals am 16. Januar 2012 auf test.de. Sie wurde seitdem mehrfach aktualisiert, zuletzt am 16. Mai 2019.