
Tütensalat wird küchenfertig verkauft. Waschen Sie ihn am besten trotzdem.
„Ich bin schnell zubereitet und gesund“, scheint der Tütensalat aus dem Kühlregal zu rufen. Doch fast jeder zweite enthält zu viele Keime.
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Testergebnisse für 19 Abgepackte Mischsalate 06/2013Er wirkt wie frisch vom Feld in die Tüte gepurzelt. Doch küchenfertig abgepackter Salat hat schon einige Tage und viele Verarbeitungsschritte hinter sich: Er wurde sortiert, maschinell geschnitten, in verschiedenen Wasserbädern gewaschen und meist unter Schutzgas verpackt.
Trotz der aufwendigen Herstellung sind Keime ein Problem. Keiner der 19 Tütensalate im Test schneidet am Verbrauchsdatum mikrobiologisch gut oder sehr gut ab. Knapp die Hälfte ist hier ausreichend oder mangelhaft. Wir haben die abgepackten Salate auch auf Pestizide und Nitrat untersucht. Nitrat spielte eine untergeordnete Rolle. Pestizide fielen in zwei Produkten negativ auf: beide von Rewe.
Bis zu 50 Millionen Keime pro Gramm Salat sind am letzten Tag der Haltbarkeit akzeptabel. Diesen Richtwert für die Gesamtkeimzahl hat die Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie definiert – weitere Richtwerte gibt es für Hefen und Schimmelpilze. Ein knappes Einhalten bewerteten wir mit befriedigend. Werden diese Werte deutlich überschritten, können empfindliche Personen Magen-Darm-Beschwerden bekommen.
Insgesamt enthielten 9 von 19 Salaten zu viele Keime, insbesondere Hefen. Der Beutel des Insalata Arcobaleno von Almaverde war schon aufgebläht, der Salat verdorben. Die gute Nachricht: In keinem Produkt fanden wir gefährliche Krankheitserreger wie Salmonellen, Listerien oder Ehec.
Empfindlich wie Hackfleisch
Damit sich Keime im Tütensalat nicht zu schnell vermehren, muss er durchgehend bei höchstens 6 Grad Celsius gekühlt werden. Passiert das nicht, haben Keime leichtes Spiel. Abgepackter Salat ist genauso empfindlich wie Hackfleisch. Deshalb sollte er kein Mindesthaltbarkeits-, sondern ein Verbrauchsdatum tragen: Bis zu diesem Tag muss man das Produkt essen, sonst kann es gesundheitlich bedenklich werden. Wir haben die Salate am Verbrauchsdatum oder einen Tag davor geprüft.
Tipp: Personen mit einem schwachen Immunsystem, Kleinkinder, Schwangere und Ältere sollten vorsichtshalber auf verzehrfertig abgepackten Salat verzichten. Generell gilt: Kaufen Sie Tütensalat einige Tage vor dem Verbrauchsdatum. Transportieren Sie ihn in der Kühltasche und essen Sie ihn dann möglichst bald.
Verletzter Salat nährt Keime
Wie kommen die Keime eigentlich in die Tüte? Schon auf dem Feld siedeln sie vor allem auf den äußeren Salatblättern. Das ist völlig natürlich, aber zum Beispiel auch davon abhängig, auf welchem Boden der Salat wächst und wie er bewässert wird. Salate für die Tüte wachsen im Freien – nur so sind sie knackig genug für die Verarbeitung. Nach der Ernte werden grober Schmutz und die äußeren Blätter entfernt. Dann fahren die Salatköpfe in gekühlten Lkw oft mehrere tausend Kilometer von Südeuropa nach Deutschland. Hier wird der Salat per Hand kontrolliert und sortiert. Danach zerkleinern ihn besonders scharfe automatische Messer. Die zerstören die intakte Blattstruktur und damit den natürlichen Schutz der Salatblätter. Zellsaft tritt aus: Der Salat „blutet“.
Keime können sich von diesem Zellsaft hervorragend ernähren. Zusätzlich ist die Angriffsfläche um ein Vielfaches vergrößert, sodass sich die Keime ab diesem Zeitpunkt besonders stark vermehren.
Wettlauf gegen die Zeit

Keimexplosion ohne Kühlschrank
Mit verschiedenen Maßnahmen nehmen die Hersteller den Kampf gegen die Keime auf. Direkt nach dem Schneiden wandert der Salat in ein eisgekühltes Sprudelbad. Das entfernt Schmutz und Insekten. Ein zweites Eiswasserbad reduziert weiter Zellsaft und Keime. Ein kurzes Bad in warmem Wasser oder Wasserzusätze wie Chlor oder milde Säuren können die Keimzahl noch effektiver senken. Zum Schluss wird die Salatmischung mit Trinkwasser abgespült und in riesigen waschmaschinenartigen Trommeln geschleudert.
Nun kommt die Salatmischung in einen Kunststoffbeutel, meist mit einem Schutzgas. Das besteht aus einem auf die Salatmischung abgestimmten Verhältnis von Sauerstoff, Kohlendioxid und Stickstoff. Das Verfahren ist übliche Praxis und hat keine gesundheitlichen Auswirkungen. Es soll dafür sorgen, dass der Salat möglichst lange frisch bleibt und die Keime sich nicht zu schnell vermehren.
Keime kann man nicht schmecken
Der Test zeigt: Trotz des hohen technologischen Aufwands ist am Verbrauchsdatum kein Salat so wenig belastet, dass er ein Gut verdient hätte. Wir wiesen einerseits Enterobakterien und Pseudomonaden nach, die natürlicherweise in großer Anzahl auf Salat vorkommen. Andererseits fanden wir auch die klassischen Verderbniskeime wie Hefen und Schimmelpilze. Vor allem Hefen fielen in größeren Mengen auf. Weit über dem Hefe-Richtwert von 100 000 Keimen pro Gramm Salat lagen die „Bunte Mischung“ von Gartenfrisch Jung und der Insalata Arcobaleno von Almaverde. Bei Edeka und Kaiser’s war die Gesamtkeimzahl deutlich höher, als der Richtwert vorgibt.
Doch oft sind Keime nicht zu sehen oder zu schmecken. Die Havita-Salatmischung und die „Bunte Mischung“ von Gartenfrisch Jung schmeckten beispielsweise am Verbrauchsdatum trotz der vielen Hefen noch frisch. Rein äußerlich ist die Keimbelastung meist nur schwer zu erkennen.
Pestizidproblem in zwei Rewe-Salaten
Bei der Schadstoffprüfung schneiden die auffällig gewordene Havita-Salatmischung und der Almaverde-Insalata sehr gut ab, ebenso der Kindersalat von Bonduelle und der Mix von Aldi Süd. Anders der Blattsalat von Rewe. Er gehört zwar mikrobiologisch zu den besseren, ist aber am stärksten mit Pestiziden belastet. Von sieben verschiedenen Rückständen lag einer sogar über dem gesetzlichen Höchstwert. Der Salat durfte trotzdem verkauft werden, da Messunsicherheiten berücksichtigt werden müssen. Alle anderen Salate waren gar nicht oder kaum mit Pestiziden belastet.
Bei einem ist aber auch die geringe Belastung ein Problem: bei der Bunten Salatmischung von Rewe Bio. Er hätte nicht als Bioprodukt verkauft werden dürfen. Wir fanden fünf Pestizide, die für Biosalate nicht zugelassen sind. Davon lag aber keins über den EU-Höchstgehalten für konventionelle Produkte. Rewe reagierte bereits und gab an, das Produkt vorerst vom Markt zu nehmen. Der ökologische Landbau orientiert sich an den strengeren Richtlinien des Bundesverbands Naturkost Naturwaren: Wenn mindestens zwei Pestizide mit mehr als 0,01 Milligramm pro Kilogramm nachweisbar sind, ist der Anbieter in der Pflicht, nach Ursachen zu suchen. Dann muss die Frage geklärt werden, ob nach Biokriterien angebaut wurde.
In den meisten Salaten wiesen wir mehrere Pestizide nach. Fünf Produkte enthielten fünf oder mehr verschiedene Rückstände. Wie solche Mehrfachrückstände auf den menschlichen Körper wirken, ist bis heute nicht hinreichend erforscht.
Pestizide und Keime – da kann einem der Appetit vergehen. Kein Salat ist aber auch keine Lösung. Neben hauptsächlich Wasser liefert abgepackter Salat auch Ballaststoffe, die die Verdauung anregen, sowie Betakarotin, B-Vitamine und Folsäure. Vitamine verringern sich aber mit jedem Tag der Lagerung. Auch daher gilt: Essen Sie Tütensalat möglichst bald nach dem Einkauf und waschen Sie ihn vorher lieber noch einmal unter fließendem Wasser, auch wenn er küchenfertig verkauft wird.
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Interessanter Test. Insgesamt finde ich das Ergebnis aber durchaus OK. Geschnittener Salat muß rein biologisch bedingt mehr Keime haben als frischer am Stück. Die Keime sind ja auch erst einmal ungefährlich. Ich habe viele Jahre täglich diese Salate gegessen - ohne Folgen, außer für den Geldbeutel. Aber der Tipp, die Salate auf jeden Fall nochmals zu waschen, ist auf jeden Fall gut.