20.12.2018 Die Gerichte in Braunschweig sehen VW im Streit mit Käufern von Skandalautos weiter im Recht – vorläufig jedenfalls. Gestern verhandelte das Oberlandesgericht Braunschweig über eine von Myright.de finanzierte Pilot-Schadenersatzklage gegen VW (s. u., 05.01.2017) . Die war in erster Instanz beim Landgericht gescheitert. Myright.de hatte Berufung eingelegt. Vorläufige Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts: Die Klage des Käufers eines VW Eos mit illegaler Motorsteuerung ist abzuweisen. Weder berechtigen die mögliche Verletzung der EU-Zulassungsregeln den Besitzer zum Schadenersatz noch sei eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung zu erkennen. Die bei weitem meisten Gerichte sehen das anders.
Rechtlich wichtigster Punkt: Bei den EU-Regeln über die Typzulassung handele es sich nach der vorläufigen Rechtsauffassung des Gerichts um Vorschriften, die dem Binnenmarkt und dem Umweltschutz dienen, meint Vorsitzende Christa Niestroj. Verstöße gegen sie geben dem Besitzer des Autos kein Recht auf Schadenersatz. Die Typzulassung und die Erklärung des Herstellers, dass das von ihm gelieferte Auto dem genehmigten Typ entspricht, sei auch nach Bekanntwerden des Skandals gültig geblieben.
Konsequenz dieser Rechtsauffassung: Die Zulassungsstellen hätten auch nach Bekanntwerden des Skandals jedes betroffene Auto nicht nur weiterfahren, sondern auch neu zulassen müssen, obwohl die Abgasreinigung, mit der der Wagen genehmigt wurde, bei Fahrten im Straßenverkehr gar nicht in Betrieb ist. Erst nach Aufhebung oder Änderung der Typzulassung durchs Kraftfahrtbundesamt ist es danach möglich, Besitzer von Autos mit illegaler Motorsteuerung in die Pflicht zu nehmen.
Das habe der Europäische Gerichtshof (EuGH) in dem gerade im Oktober erst verkündeten Urteil zum Kältemitteleinsatz bei Mercedes ganz anders gesehen, argumentierte Klägeranwalt Christopher Rother von Hausfeld Rechtsanwälte. Zumindest müsse das Oberlandesgericht Braunschweig das Verfahren aussetzen und beim Gericht in Luxemburg nachfragen, wie die EU-Regeln zur Typzulassung zu verstehen sind. Er und seine Kollegen haben jetzt noch mal etwas Zeit, weitere Argumente zu formulieren. Am Dienstag, 5. Februar, will das Gericht eine Entscheidung verkünden.
Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 04.10.2018
Aktenzeichen: C-668/16
17.12.2018 VW bekommt jetzt ganz direkten und womöglich sehr teuren Ärger mit der Politik. Das Land Baden-Württemberg fordert vom Konzern Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung wegen der Lieferung von Autos mit illegaler Abschaltung der Abgasreinigung als Dienstwagen. Das sei eine „haushaltsrechtliche Verpflichtung“, sagte eine Sprecherin des Finanzministeriums in Stuttgart den Nachrichtenagenturen. Mögliche Einnahmen müsse sich das Land rechtzeitig und vollständig sichern. Ein Vergleichsangebot des Landes habe Volkswagen abgelehnt, hieß es weiter. Noch in dieser Woche will das Kabinett in Stuttgart beschließen, Klage zu erheben. Um wie viele Autos und um wie viel Geld es geht, ist noch unklar. Die verschiedenen Ministerien prüfen gerade, welche Dienstwagen betroffen sind.
13.12.2018 Der Bundesgerichtshof teilt mit: Die für den 8. Januar angekündigte Verhandlung über die Klage eines Skandalautokäufers gegen einen Händler ist abgesagt. Der Kläger habe seine Klage zurückgenommen. Einzig plausibler Hintergrund: VW und er haben einen für den Verbraucher günstigen Vergleich abgeschlossen. Es gibt aber auch schon einen neuen Termin: Am Mittwoch, 27. Februar, verhandelt der 8. Senat des Bundesgerichtshofs über einen Fall, in dem der Käufer eines VW Tiguan von 2015 Neulieferung eines Wagens ohne illegale Abschaltung der Abgasreinigung fordert. Das Oberlandesgericht Bamberg hatte die Klage abgewiesen. Weitere Einzelheiten in der offiziellen Ankündigung des Termins.
13.12.2018 Rechtsanwalt Tobias Ulbrich berichtet: Das Landgericht Heilbronn hat Volkswagen verurteilt, einen Euro 5-VW Touareg mit 3.0 TDI-Dieselmotor der Baureihe EA 897 zurückzunehmen und den Kaufpreis zu erstatten. „Soweit ersichtlich ist das die erste Verurteilung für einen 3.0 Liter-TDI dieser Art“, freut sich Rechtsanwalt Tobias Ulbrich über den Erfolg für seine Mandantin. Volkswagen streite nämlich nach wie vor ab, dass die Motorsteuerung dieser Fahrzeuge die Abgasreinigung je nach Fahrsituation ebenfalls rechtswidrig reduziert oder abschaltet.
Das Gericht stellte fest: Der umstrittene Touareg verfügt über eine unerlaubte Abschalteinrichtung. Nach Ansicht des Gerichts bedurfte es dafür nicht einmal eines Sachverständigen-Gutachtens. Die Volkswagen AG habe der Darstellung der Verbraucheranwälte nichts entgegengesetzt. „Da der Touareg-Motor auch in vielen anderen hochpreisigen VW- und Audi-Modellen verbaut wurde, ist von einer neuen Klagewelle im Bereich der Oberklassefahrzeuge auszugehen“, erklärte Prof. Dr. Marco Rogert, Ulbrichs Partner, zur Bedeutung des Urteils.
Landgericht Heilbronn, Urteil vom 30.11.2018
Aktenzeichen: (III) 5 O 117/18
Klägerinvertreter: Rogert & Ulbrich Rechtsanwälte, Düsseldorf
13.12.2018 Klare Ansage aus Luxemburg: Die EU-Kommission darf vom EU-Parlament und -Rat festgesetzte Umweltschutzregeln nicht aufweichen, indem sie für auf andere Art als bisher gemessenen Schadstoffausstoß sehr viel höhere Grenzwerte verordnet. Das hat das Gericht der Europäischen Union entschieden. Die Verordnung, wonach Euro-6-Diesel im realen Fahrbetrieb viel mehr Stickoxid ausstoßen dürfen als in Prüfstandversuchen, ist deshalb nichtig. Wegen der Rechtssicherheit und um Nachteile für die Umwelt zu verhindern, darf sie aber ab Rechtskraft des Urteils noch ein Jahr lang weiter angewendet werden. Die EU-Kommission kann gegen das Urteil noch Rechtsmittel einlegen. Es entscheidet dann der Europäische Gerichtshof.
Geklagt hatten die Städte Paris, Brüssel und Madrid. Sie sind zuständig für die Entscheidung über Fahrverbote zur Einhaltung der Grenzwerte zum Beispiel für Stickoxid in der Atemluft. Dazu hätten wegen der hohen Grenzwerte auch für Autos mit Dieselmotoren, die nach der Euro 6-Norm zugelassen waren, Fahrverbote verhängt werden müssen. Beschränkungen für der seinerzeit aktuellen Norm zugelassene Fahrzeuge durften die Städte aber nicht verhängen und sahen sich damit daran gehindert, die Stickoxid-Belastung in der Luft wie von den EU-Regeln gefordert zu senken.
Gericht der Europäischen Union, Urteil vom 13.12.2018
Aktenzeichen: T-339/16, T-352/16 und T-391-16
10.12.2018 Das Oberlandesgericht Karlsruhe teilt mit: Erstmals hat vor dem für VW-Fälle in Nordbaden zentral zuständigen 17. Senat eine mündliche Verhandlung über eine Berufung gegen ein VW-Skandalurteil des Landgerichts Heidelberg stattgefunden. Laut Hinweis- und Beweisbeschluss vom 6. Dezember erscheint die Berufung der VW AG gegen das Urteil bereits als unzulässig. Sie sei nicht ordnungsgemäß begründet. Die Klägerin wird mit ihrer Berufung gegen die Abweisung der gleichzeitig erhobenen und auf Sachmangelrechte gestützte Klage gegen den Händler, der ihm den Wagen verkauft hatte, demgegenüber wohl Erfolg haben. Das Gericht will Beweis darüber erheben, wie viele Kilometer die Klägerin mit dem Wagen gefahren ist. Sie muss den Wagen daher im Januar bei Gericht vorführen. Weitere Einzelheiten in der Presseerklärung des Gerichts.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 06.12.2018
Aktenzeichen: 17 U 4/18
Klägervertreter: Rechtsanwalt Wolfgang Ruck, Heidelberg
[ergänzt 13.12.2018]
06.12.2018 Soeben melden die Nachrichtenagenturen: Zwei Wochen nach dem Start haben sich bereits mehr als 81 000 VW-Käufer für die Teilnahme an der Musterklage angemeldet. Mehr noch: „Wir rechnen damit, dass die Zahl der Anmeldungen weiter steigt“, sagte Klaus Müller, Chef des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (vzbv).
03.12.2018 Innerhalb von der ersten Woche haben sich 28 000 VW-Käufer beim Bundesamt für Justiz für die Teilnahme an der Musterfeststellungsklage gegen die Volkswagen AG angemeldet. Das berichtet der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Er klagt mit Unterstützung des ADAC gegen den Autokonzern. Das Oberlandesgericht Braunschweig soll feststellen, dass VW den Käufern der Skandalautos mit illegaler Motorsteuerung zum Schadenersatz verpflichtet ist. Alle Einzelheiten zu dieser und zwei weiteren Musterfeststellungsklagen unter test.de/musterklagen.
22.11.2018 Spektakuläres Urteil des Landgerichts Augsburg: Volkswagen muss Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zahlen. Nicht mal eine Entschädigung für die mit dem inzwischen über sechs Jahre alten Wagen gefahrenen Kilometer gewährt das Gericht dem Autohersteller. Der Kläger erhält den vollen Kaufpreis in Höhe von 29 907,66 Euro zurück. Begründung für das soweit test.de bekannt in diesem Punkt einzigartige Urteil: „Dies widerspräche dem Gedanken des Schadensersatzes nach sittenwidriger Schädigung“, schreibt Vorsitzender Richter am Landgericht Rudolf Weigell wörtlich in die Urteilsbegründung. Es ging um einen VW Golf Plus Trendline 1.6 TDI. Gekauft hatte ihn der Kläger Mitte 2012. Die Erstattung des Kaufpreises erhält er nur, wenn er den Wagen zurückgibt.
Landgericht Augsburg, Urteil vom 14.11.2018
Aktenzeichen: 021 O 4310/16 (nicht rechtskräftig)
Klägervertreter: KMP3G Rechtsanwälte Klamert Tremel + Partner, München
15.11.2018 Erstmals soweit bekannt verurteilte ein Gericht die Audi AG zu Schadenersatz wegen des Abgasskandals. Noch dazu mit einer für die Behörden und den VW-Konzern verheerenden Begründung: Der umstrittene Audi A1 mit TDI-Motor habe nicht der vom Hersteller gelieferten Übereinstimmungserklärung entsprochen, auf dessen Grundlage der Wagen später zugelassen wurde, begründeten die drei Richterinnen der 42. Kammer des Landgerichts Ingolstadt ihr Urteil. Rechtsanwalt Dr. Ralf Stoll hebt hervor: Auf der Grundlage des Urteils haben über den VW-Skandal und die 1.2, 1.6 und 2.0 TDI-Motoren hinaus alle Käufer von Audi-Modellen mit illegaler Motorsteuerung Anspruch auf Schadenersatz. Weitere Details zum Urteil auf auf den Internetseiten von Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwälte.
Landgericht Ingolstadt, Urteil vom 15.05.2018
Aktenzeichen: 42 O 1199/17 (nicht rechtskräftig)
Klägervertreter: Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwälte, Lahr
test.de ergänzt: Auch jenseits der Schadenersatzpflicht des Herstellers hat die vom Landgericht Ingolstadt vertretene Rechtsauffassung weitreichende Folgen. Das Auto durfte auf ihrer Grundlage weder verkauft noch zugelassen und gefahren werden. Die Behörden hätten es und alle anderen Skandalautos sofort aus dem Verkehr ziehen müssen. Sämtliche Kaufverträge wären nichtig. Ganz ähnlich hatte das Landgericht Augsburg mal zu einer Klage sowohl gegen einen Händler als auch VW argumentiert (siehe unten, 31.05.2018). Die meisten anderen Gerichte halten die Kaufverträge demgegenüber für wirksam und verurteilen VW wegen Sachmangelhaftung oder vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung. Auch die Verwaltungsgerichte halten die Übereinstimmungserklärung trotz der illegalen Motorsteuerung für wirksam und gültig (siehe unten, 29.08.2018).
15.11.2018 Freude bei Werdermann von Rüden Rechtsanwälten in Berlin: Das Landgericht Itzehoe hat die Daimler AG verurteilt, an einen Mandanten Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zu zahlen. Wird das Urteil rechtskräftig, muss das Unternehmen den Kaufpreis abzüglich einer Entschädigung für die mit dem Wagen gefahrenen Kilometer zahlen.
Landgericht Itzehoe, Urteil vom 16.10.2018
Aktenzeichen: 7 O 133/18 (nicht rechtskräftig)
14.11.2018 Opel ist mit dem Versuch gescheitert, den vom Kraftfahrtbundesamt angeordneten Rückruf von knapp 100 000 Zafira, Cascada und Insignia mit Euro 6-Dieselmotoren zu stoppen. Laut der Richter am Verwaltungsgericht in Schleswig sei der Zwangsrückruf wahrscheinlich rechtmäßig, nachdem auf den freiwilligen Rückruf von Opel hin etliche Tausend Autos noch keine legale Motorsteuerung ohne unzulässige Abschaltung der Abgasreinigung erhalten haben. Opel kann sich gegen die Entscheidung noch beim Oberverwaltungsgericht beschweren.
Verwaltungsgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 09.11.2018
Aktenzeichen: 3 B 127/18
12.11.2018 Der Bundesgerichtshof macht sich daran zu klären, ob und unter welchen Voraussetzungen Käufer mangelhafter Autos die Lieferung eines neuen Wagens verlangen können. Der für viele Verbraucherrechtsfragen zuständige VIII. Senat des höchsten deutschen Gerichts ließ die Revision wegen eines Verfahrens zu, in dem ein Skandalautobesitzer vor dem Landgericht Bayreuth und dem Oberlandesgericht Bamberg mit dem Versuch gescheitert war, die Lieferung eines neuen Tiguan mit legaler Motorsteuerung zu erzwingen. Bei diesem Neulieferungsanspruch müssen sich Verbraucher keine Nutzungen anrechnen lassen. Sie erhalten ein neues Auto, ohne für die mit dem alten Wagen gefahrenen Kilometer zahlen zu müssen. Viele Gerichte haben solche Klagen abgewiesen, wenn das Originalauto nicht mehr lieferbar ist und nur eine veränderte Nachfolgeversion auf dem Markt ist. Das Oberlandesgericht Bamberg hatte die Berufung des Klägers einstimmig per Beschluss verworfen, obwohl verschiedene Gerichte anders geurteilt hatten. Der Kläger beschwerte sich beim Bundesgerichtshof darüber, dass das Oberlandesgericht trotz der abweichenden Urteile und der grundsätzlichen Bedeutung der Sache keine Revision zu gelassen. Daraufhin haben die Bundesrichter die Revision jetzt zugelassen. Wann sie über den Fall urteilen, steht noch nicht fest. Es wird mindestens etliche Monate dauern.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.10.2018
Aktenzeichen: VIII ZR 225/17
08.11.2018 In Köln sollen von April 2018 alle Diesel-Autos bis Euro 4 aus der Umweltzone verbannt werden. In Bonn sollen zwei stark befahrene Straßen für ältere Diesel gesperrt werden. So will es jedenfalls das Verwaltungsgericht in Köln. Alle Einzelheiten unter test.de/dieselfahrverbote.
07.11.2018 Rechtsanwalt Jörg Brinkmann aus Hückelhoven-Baal berichtet: Das Landgericht Mönchengladbach ist mit Verweis aufs Oberlandesgericht Köln der Auffassung: Skandalautos sind nach Installation der neuen vom Kraftfahrbundesamt genehmigten Motorsteuerung nicht mehr mangelhaft, da kein Entzug der Zulassung mehr droht. Allerdings: Wenn Autobesitzer behaupten, das Update verschlechtere Leistung,Verbrauch und/oder Haltbarkeit, dann muss VW darlegen und beweisen, dass dem nicht so ist. Richterin Dagmar Kuhn hat jüngst beschlossen: VW muss im Detail erklären, wie die neue Motorsteuerung funktioniert. Außerdem soll einer der Professoren des Lehrstuhls für Verbrennungskraftmaschinen an der Technischen Hochschule Aachen ein Sachverständigengutachten erstatten. Voraussetzung: Der verklagte Autohändler zahlt einen Vorschuss für die Gutachterkosten in Höhe von 10 000 Euro ein.
Landgericht Mönchengladbach, Beschluss vom 17.10.2018
Aktenzeichen: N O NNN/NN
Klägervertreter: Rechtsanwalt Jörg Brinkmann, Hückelhoven-Baal
05.11.2018 Soweit bekannt ist jetzt erstmals überhaupt auch Porsche wegen des Abgasskandals zu Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung verurteilt worden. Das Landgericht Stuttgart verurteilte das Unternehmen, dem Besitzer eines Geländewagens vom Typ Cayenne mit 3.0 Liter-TDI-Motor Schadenersatz zu zahlen. Weitere Einzelheiten in der Legal Tribune Online und morgen in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Landgericht Stuttgart, Urteil vom 25.10.2018
Aktenzeichen: 6 O 175/17 (nicht rechtskräftig)
Klägervertreter: Rechtsanwalt Tobias Honzal, Kanzlei Dr. Kraft & Rudolph, Wangen im Allgäu
05.11.2018 Rechtsanwältin Katharina Deckert aus München berichtet: Die Oberlandesgerichte Karlsruhe und München sehen VW-Fälle verbraucherfreundlich. Das Oberlandesgericht Karlsruhe wies zu einer Sachmangelklage gegen einen Händler darauf hin, dass es Skandalautos für erheblich mangelhaft hält, Käufer solcher Autos vor dem Rücktritt keine Frist zur Nacherfüllung setzen müssen und bei der Anrechnung der mit Skandalautos gefahrenen Kilometern mit einer Gesamtlaufleistung von 250 000 Kilometern zu rechnen ist. Außerdem spreche viel dafür, dass VW selbst wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung hafte. Das Oberlandesgericht München hält darüberhinaus für richtig, dass ein in den VW-Konzern eingegliederter Händler sich die Täuschung über die Umweltfreundlichkeit zurechnen lassen muss, so dass der Autobesitzer den Kaufvertrag in solchen Fällen auch wegen arglistiger Täuschung anfechten kann.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Hinweis vom 22.05.2018
Aktenzeichen: 17 U 11/18
Oberlandesgericht München, Beschluss vom 03.04.2018
Aktenzeichen: 32 U 3864/17
Klägervertreterin jeweils: Rechtsanwältin Katharina Deckert, München
05.11.2018 In eigener Sache: Wir haben heute wie angekündigt letztmals Urteile zu VW-Skandalautos mit 1.2, 1.6 und 2.0 Liter TDI-Motoren der Baureihe EA189 in unsere Urteilsliste aufgenommen. Über Urteile zu Autos mit illegaler Motorsteuerung, die das Kraftfahrtbundesamt erst später hat zurückrufen lassen, berichten wir weiter fortlaufend. Auch die verschiedenen Sammelverfahren sowie die Musterfeststellungsklage des vzbv gegen VW beobachten wir weiterhin.
Bilanz bisher: VW wurde mindestens 752 Mal verurteilt. Gegen Händler listen wir 505 verbraucherfreundliche Urteile und Beschlüsse auf. Außerdem dokumentieren wir 64 Urteile, in denen die Justiz Rechtsschutzversicherern aufgab, Streitigkeiten wegen des Abgasskandals zu finanzieren.
05.11.2018 Gansel Rechtsanwälte und Baum Reiter & Collegen haben ebenfalls eine Liste mit von den Rechtsanwälten erstrittenen Urteilen zum Abgasskandal veröffentlicht. Die Urteile sind im Volltext abrufbar.
18.10.2018 Erstmals seit vielen Jahren wieder hat der Verkehrsclub Deutschland (VCD) auch Autos mit Dieselmotor in seine Auto-Umweltliste aufgenommen. Die nach der Norm Euro 6d-Temp zugelassenen Autos seien sauber und sparsam, lobte der alternative Verkehrsclub bei der Veröffentlichung der aktuellen Liste umweltfreundlicher Autos. Er nennt außerdem ganz oder teilweise von Elektromotoren angetriebene Autos sowie solche mit sparsamen und sauberen Benzinmotoren.
17.10.2018 Das Kraftfahrtbundesamt in Flensburg will übereinstimmenden Medienberichten zufolge den Rückruf von insgesamt 100 000 Opel-Modellen der Baureihen Cascada, Insignia und Zafira anordnen. Es geht offenbar um Autos mit oft reduzierter Ad-Blue-Einspritzung. Rechtsanwalt Dr. Ralf Stoll hat bereits erste Klagen gegen Opel eingereicht. Er liefert Einzelheiten zum Opelskandal.
17.10.2018 Auch Audi zahlt wegen des Abgasskandals ein Bußgeld an die Staatskasse. 800 Millionen Euro kostet das Unternehmen die Abschaltung oder Reduktion der Abgasreinigung im Fahrbetrieb jetzt noch zusätzlich. VW hatte bereits ein Bußgeld in Höhe von einer Milliarde Euro gezahlt. Unabhängig davon laufen die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen eine ganze Reihe von Mitarbeitern des VW-Konzerns. Ex-Audi-Chef Rupert Stadler sitzt nach wie vor in Untersuchungshaft.
12.10.2018 Kurzer Prozess vor dem Oberlandesgericht Köln: Die Richter dort wollen eine Verurteilung von VW zu Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung durchs Landgericht Aachen (Urteil vom 19.01.2018, Aktenzeichen: 7 O 233/17) durch einstimmigen Beschluss zurückweisen. Der Hinweisbeschluss dazu stammt bereits von Juli. Die Richter am Oberlandesgericht Köln sehen nicht einmal Anlass dazu, den Fall erneut mündlich zu verhandeln. Ob es in dem Fall noch eine weitere Entscheidung gab oder das Verfahren wie oft in VW-Fällen nach Vergleich beendet wurde, ist unbekannt.
Oberlandesgericht Köln, (Hinweis-)Beschluss vom 16.07.2018
Klägervertreter: Rechtsanwalt Marco Kellenter, von KH Rechtsanwälte, Heinsberg
11.10.2018 Der Bundesgerichtshof will am Mittwoch, 9. Januar 2019, erstmals einen VW-Skandal-Fall verhandeln. Es geht um einen Skoda Octavia Scout 2.0 TDI. Der Kläger forderte vom Händler einen Teil des Kaufpreises zurück, weil der Wagen mangelhaft sei. Während des Rechtsstreits erhielt der Wagen die neue nach Ansicht des Kraftfahrtbundesamtes legale Motorsteuerung. Der Kläger blieb trotzdem dabei: Der Wagen ist mangelhaft. Es sei nicht ausgeschlossen, dass das Update Nachteile wie Mehrverbrauch, Leistungsverlust und weiterhin überhöhten Schadstoffausstoß bringe. Das Landgericht Zwickau und das Oberlandesgericht Dresden wiesen seine Klage zurück. Es sei nicht mal wie vom Kläger gefordert ein Sachverständigengutachten einzuholen. Die Befürchtung, dass die neue Motorsteuerung nicht korrekt funktioniere, reiche dafür nicht aus, hatten die Richter in Sachsen argumentiert. Weitere Einzelheiten in der Terminsankündigung für die Presse.
08.10.2018 Das Oberlandesgericht München teilt auf Nachfrage von test.de mit: Vier der fünf Fälle, in denen das Gericht der Auffassung war, VW müsse ein Gutachten zur Wirksamkeit des Updates finanzieren (s. u., 29.06.2017), haben sich jeweils durch Rücknahme der Klage erledigt; wahrscheinlicher Hintergrund: VW hat die Kläger großzügig entschädigt und die sich im Gegenzug verpflichtet, das Verfahren ohne Urteil zu beenden. Das Verfahren 8 U 1711/17 sei noch nicht beendet, dort könnte noch ein Urteil ergehen.
08.10.2018 Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) meint: Zur Verhängung von Zwangshaft gegen Regierungsmitglieder in Bayern bedarf es keiner Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Der Verband reagiert damit auf einen Hinweis des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes, wonach es der Einschaltung des Europa-Gerichts in Brüssel bedarf (s. u, 27.08.2018). Das Land Bayern ist rechtskräftig dazu verurteilt, Luftreinhaltepläne zu verschärfen und Fahrverbote vorzusehen. Die Gerichte haben bereits zweimal Zwangsgelder verhängt. Die hat das Land gezahlt. Fahrverbote allerdings hat die Staatsregierung immer noch nicht angeordnet. Einzelheiten zum Stand der Dinge in der Presseerklärung der DUH.
02.10.2018 Die Bundesregierung hat heute früh in der Nacht ihr Dieselkonzept verabschiedet. Die Verhandlungen waren kompliziert und langwierig. Jetzt soll gelten:
· Autos mit Schadstoffklasse Euro 4 und Euro 5 werden von Fahrverboten verschont, wenn sie weniger 270 Milligramm Stickoxid je Kilometer Fahrt ausstoßen.
· Für Besitzer von Autos mit Euro 4 oder Euro 5 und über 270 Milligramm Stickoxid-Ausstoß je Kilometer, die in einer Stadt mit Dieselfahrverboten arbeiten, oder die dort oder in einem angrenzenden Landkreis wohnen, oder die Fahrverbot sonst besonders hart treffen gilt: Sie sollen eine Tauschprämie erhalten. Sie soll den besonderen Wertverlust ausgleichen, den Autos mit Dieselmotor durch die Debatte um ihren Schadstoffausstoß erlitten haben. Sie soll auch für den Kauf eines sauberen Gebrauchtwagens eingesetzt werden können.
· Sofern es sich um einen Wagen mit Euro 5 handelt, soll der Besitzer zusätzlich die Option auf Nachrüstung haben. Auf seinen Wunsch soll der Hersteller auf seine Kosten mit voller Haftung für Mängel einen geeigneten Katalysator einbauen.
Um das umzusetzen soll das Bundesimmissionsschutzgesetz geändert werden. Zur Kontrolle darf die Polizei aufs Zentrale Fahrzeugregister zugreifen, eine blaue Plakette sei daher nicht erforderlich.
Hinzukommt noch eine Förderung in Höhe von 80 Prozent der Kosten für die Nachrüstung von schweren Kommunalfahrzeugen wie Müllwagen oder Straßenreinigungsmaschinen und für Handwerker und Lieferfahrzeuge.
Rechtlich gewagt: Die Maßnahmen gelten nur für Städte, in denen die bisherigen Messungen eine Belastung der Luft mit über 50 Mikrogramm Stickoxid je Kubikmeter Luft ergeben haben. Die Bundesregierung gehe davon aus, dass Städte mit einer Belastung der Luft von durchschnittlich nicht mehr als 50 Mikrogramm je Kubikmeter Luft den EU-Grenzwert künftig ohne Verkehrsbeschränkungen einhalten können. test.de kann das nicht nachvollziehen. Der EU-Grenzwert liegt bei 40 Mikrogramm Stickoxid je Kubikmeter Luft. Die Behörden in Brüssel haben ohnehin schon ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik eingeleitet, bei dem Milliarden Euro teure Strafzahlungen drohen.
Kritik am Diesel-Konzept äußerte bereits Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). „Leider bleiben wichtige Fragen weiterhin offen und zentrale Punkte vage“, monierte der Verbraucherschützer. Vor allem sei noch unklar, ob es einen individuellen Anspruch auf Nachrüstung gibt.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) bezeichnete den Regierungsplan sogar als „doppelte Nulllösung“. Die Regelungen seien nicht ausreichend, um Gesundheit und Umwelt so zu schützen, wie die EU-Grenzwerte es verlangen. „Fahrverbote lassen sich so nicht vermeiden“, sagte Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.
Ein erster Härtetest des Regierungsplans steht unmittelbar bevor: Am kommenden Dienstag, 9. Oktober, verhandelt das Verwaltungsgericht Berlin über eine Klage des DUH auf Verschärfung des Luftreinhalteplans für Berlin. Wenn das Gericht dort Fahrverbote weiter für nötig hält, könnte der Regierungsplan schon wieder Makulatur sein; die Bundesregierung geht davon aus, dass Fahrverbote für Berlin und andere Städte mit einer Stickoxid-Belastung von durchschnittlich bis zu 50 Mikrogramm je Kubikmeter Luft nicht erforderlich seien.
02.10.2018 Rechtsanwalt Dr. Ralf Stoll weist zum Chronik-Beitrag von gestern darauf hin: Die dreijährige Verjährung von Schadenersatzansprüchen beginnt erst am Ende des Jahres, in dem Geschädigte von allen wesentlichen Umständen erfahren, die sie zum Schadenersatz berechtigen. VW hat sich aber erst im Jahr 2016 an Autobesitzer gewandt. Die Verjährung zum Ende dieses Jahres gilt nur, wenn Autobesitzer bereits 2015 erfahren haben, dass ihr Wagen mit einer illegalen Motorsteuerung ausgerüstet ist, etwa dadurch, dass sie die Fahrzeug-Identifizierungsnummer auf einer der Internetseiten des VW-Konzerns eingegeben haben. Die Darlegungs- und Beweislast für den Beginn der Verjährung trifft VW. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Zugriffe auf die Skandalauto-Datenbank ausreichend gut dokumentiert sind.
01.10.2018 In eigener Sache: Nur noch diesen Monat werden wir die Liste mit Urteilen zum Abgasskandal wie bisher aktualisieren. Zum Jahresende verjähren Schadenersatzansprüche wegen des im September 2015 bekannt gewordenen Skandals um die Abgasreinigung in 1.2, 1.6 und 2.0 TDI-Motoren. Besitzer solcher Autos sollten daher auf der Grundlage unserer Urteilsliste bis 31. Oktober entscheiden, ob sie gegen VW vorgehen. Nur wegen Autos, bei denen die Manipulation der Abgasreinigung erst nach dem Jahreswechsel 2015/2016 bekannt wurde, können auch nach 31.12.2018 noch Schadenersatzansprüche durchgesetzt werden. Urteile zu solchen Fällen veröffentlichen wir weiterhin fortlaufend. Auch die Berichterstattung sonst werden wir wie bisher fortlaufend aktualisieren und dabei immer auch über besonders wichtige oder spannende Urteile berichten.
20.09.2018 Die schwarz-grüne Landesregierung in Hessen will gegen die Verurteilung zur Verschärfung des Luftreinhalteplans für Frankfurt am Main um ein Dieselfahrverbot Berufung einlegen. Wie test.de es erwartet hat (s. u. 10.09.2018): Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit werden in der hessischen Metropole in absehbarer Zeit keine Dieselfahrverbote in Kraft treten.
18.09.2018 Das Landgericht Regensburg hat einen Autohändler zur Neulieferung eines Wagens verurteilt. Es ist unserer Kenntnis nach das erste Urteil dieser Art, das rechtskräftig geworden ist. Der Fahrer eines Polos erhält jetzt ein komplett neues Auto gleichen Typs und gleicher Ausstattung, aber mit legaler Motorsteuerung. Für die mit dem Skandalauto gefahrenen Kilometer muss er keinen Cent zahlen. So ordnet es das Gericht für die Neulieferung an. Beim Rücktritt vom Kaufvertrag müssen sich Autobesitzer den Wert der mit dem Wagen gefahrenen Kilometer anrechnen lassen. Geurteilt hatte das Landgericht Regensburg in erster Instanz bereits im Juli 2017. Das Oberlandesgericht Nürnberg wies die Berufung des Händlers durch einstimmigen Beschluss zurück. Der Fall schaffte es dann sogar noch bis vor den Bundesgerichtshof. Der Händler nahm seine Rechtsbeschwerde aber wieder zurück. Weitere Einzelheiten zum Fall auf vw-schaden.de.
Landgericht Regensburg, Urteil vom 19.07.2017
Aktenzeichen: 7 O 1892/16 (1)
Oberlandesgericht Nürnberg, Beschluss vom 20.12.2017
Aktenzeichen: 12 U 1567/17
Bundesgerichtshof, Einstellung des Verfahren nach Rücknahme
Aktenzeichen: VIII ZB 10/18
Klägervertreter: Rechtsanwälte Dr. Stoll & Sauer, Lahr
17.09.2018 Jetzt doch: Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sprach sich jedenfalls für einen Teil der Skandalautos für Hardware-Nachrüstungen aus. Davon distanzierte er sich inzwischen aber wieder. Auf jeden Fall will er Diesel-Besitzern Fahrverbote ersparen. Von der Industrie forderte er gegenüber der Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), den Besitzern alter Diesel so wörtlich „höchst attraktive Angebote“ für den Wechsel zu sauberen Autos zu machen. Sie seien „zwingend in der Pflicht“, sagte Scheuer. Das gelte nicht nur für VW. Weitere Einzelheiten im Interview der FAZ mit Scheuer (kostenpflichtig) oder in der Zusammenfassung vom Deutschlandfunk.
10.09.2018 Auch in Frankfurt sind nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Wiesbaden Fahrverbote fällig (Urteil vom 05.09.2018, Aktenzeichen: 4 K 1613/15.WI, Pressemitteilung des Gerichts). In vielen Berichten dazu heißt es wie zum Beispiel bei Spiegel Online: „Auch in Frankfurt am Main wird es ein Fahrverbot für ältere Dieselfahrzeuge geben.“ Oder sogar: „Gericht verhängt Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in Frankfurt am Main“ (Die Welt auf der Grundlage einer AFP-Meldung).
Die Spiegel-Aussage ist nicht sicher und die der Welt schlicht falsch. Richtig ist: Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat das Land verpflichtet, im Luftreinhalteplan unter anderem ein Dieselfahrverbot aufzunehmen. Das Gericht selbst kann kein Fahrverbot anordnen. Das hat Folgen. Die Durchsetzung des Fahrverbots ist nicht sicher. Wenn das Land sich weigert, das Fahrverbot zu erlassen, kann das Gericht nur ein Zwangsgeld zu verhängen. Das ist an die Staatskasse zu zahlen.
Die Landesregierung in Bayern hat bereits zwei Zwangsgelder gezahlt und macht dennoch keine Anstalten, dass von den Gerichten in Bayern geforderte Dieselfahrverbot für München anzuordnen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof prüft jetzt, ob er gegen verantwortliche Minister oder Regierungsbeamte Zwangshaft anordnen kann. Das ist aber nicht sicher. Wie sich die hessische Landesregierung jetzt verhalten wird, ist unklar. Hinzu kommt: Sie kann auf jeden Fall noch Berufung gegen das Urteil einlegen.
Alle Details zum Thema finden Sie in unseren FAQ Fahrverbote in Innenstädten.
10.09.2018 Das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht hat seine Rechtsauffassung zur Stilllegung von nicht nachgerüsteten Skandalautos (s. u., 29.08.2018) in einer weiteren Entscheidung bestätigt (Beschluss vom 17.08.2018, Aktenzeichen: 8 B 548/18).
29.08.2018 Die Verwaltungsgerichte sind fast geschlossen der Auffassung: Der sofortige Entzug der Zulassung nicht fristgerecht nachgerüsteter Skandalautos ist nicht zu beanstanden. So hat es jüngst auch das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht bestätigt (Beschluss vom 17.08.2018, Aktenzeichen: 8 B 865/18).
Allerdings: Jedenfalls nach Auffassung einzelner Verwaltungsgerichte ist Voraussetzung, dass die für die Typzulassung zuständige Behörde die ursprüngliche Typgenehmigung durch die Anordnung geändert hat, eine neue Motorsteuerung ohne Abschaltung der Abgasreinigung zu entwickeln und nachzurüsten. Das hat das Kraftfahrtbundesamt in Flensburg für in Deutschland typ-zugelassene Skandalautos getan.
Manche Skandalautotypen wie etwa solche der Marke Skoda wurden jedoch von der Zulassungsbehörde in anderen EU-Ländern zugelassen und gabs keine Anordnung von Änderungen. In solchen Fällen sei die Typgenehmigung zwar rechtswidrig, aber weiter wirksam. Demzufolge würde der Entzug der Zulassung ausscheiden (Verwaltungsgericht Stuttgart, Beschluss vom 27.04.2018, Aktenzeichen: 8 K 1962/18, wohl auch: Verwaltungsgericht Potsdam, Beschluss vom 14.06.2018, Aktenzeichen: VG 10 L 303/18, zu dem die Begründung allerdings noch nicht vorliegt, sondern es nur eine Pressemitteilung gibt.)
Besitzer solcher Autos können gegen die Stilllegungs-Anordnung mit Aussicht auf Erfolg vors Verwaltungsgericht ziehen. Hintergrund für diese Sicht der Rechtslage: Die Richter gehen davon aus, dass die Typgenehmigung sich auf tatsächlich hergestellte Autos bezieht. Sie erscheint dann als rechtswidrig, wenn diese Autos das Abgas nicht oder nicht immer korrekt reinigen.
test.de hält diese Sicht der Dinge für zweifelhaft. Die Typgenehmigung bezieht sich auf die Beschreibung des Autotyps und seiner Eigenschaften durch den Hersteller. Die Mechanismen zur Reduktion oder Abschaltung der Abgasreinigung im Fahrbetrieb waren in diesen Beschreibungen nicht enthalten. Der Sache nach haben die Zulassungsbehörden regelmäßig den Autotyp genehmigt, wie er im Prüfstand-Modus funktioniert. Die ursprüngliche Typgenehmigung erscheint danach als rechtmäßig. Allerdings entsprachen die tatsächlich hergestellten Autos dieser Typgenehmigung nicht.
Zu dieser Sicht der Dinge neigen die Zivilgerichte. Die logische Konsequenz wäre dann allerdings: Alle Skandal-Autos hätten sofort und ohne weiteres aus dem Verkehr gezogen werden müssen. Sämtliche Kaufverträge über solche Autos wären wegen des Verstoßes gegen ein gesetzliches Gebot nichtig. So sah das bisher nur ein einziges Gericht (Landgericht Augsburg, Urteil vom 07.05.2018, Aktenzeichen: 082 O 4497/16).
27.08.2018 Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) berichtet: Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof denkt darüber nach, wegen der Verweigerung von Dieselfahrverboten Verantwortliche aus Politik und Behörden bis hin zum Bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder in Zwangshaft zu nehmen, nachdem das Gericht bereits zweimal ergebnislos Zwangsgelder verhängt hatte. Einzelheiten dazu in test.de/dieselfahrverbote.
23.08.2018 Rechtsanwalt Dr. Ralf Stoll meldet: Jetzt rückt auch Opel wegen des Abgasskandals in das Visier zivilrechtlicher Angriffe. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer, die bereits Tausende von VW-Skandal-Opfern vertritt, habe im Auftrag des Besitzers eines Opel Insignia 2,0 Diesel mit Ad-Blue-Tank beim Landgericht Offenburg die soweit bekannt erste Abgasskandal-Klage gegen die Adam Opel GmbH erhoben. Der Insignia-Besitzer habe sich beim Kauf eigens erklären lassen, wie die Adblue-Technik funktioniert. Als im Juli 2018 bekannt wurde, dass das Kraftfahrtbundesamt wegen der Opel-Modelle Insignia, Zafira und Cascada eine amtliche Anhörung wegen des Verdachts der Verwendung einer illegalen Abschalteinrichtung eingeleitet hat, entschloss sich der Kläger, Dr. Stoll & Sauer einzuschalten. Er geht davon aus, dass er genau wie die VW-Skandal-Opfer betrogen wurde.
20.08.2018 Jetzt steht fest: Auch Mercedes hat Hunderttausende von Autos mit Dieselmotor ausgeliefert, bei denen die Motorsteuerung die Abgasreinigung abschaltet oder reduziert, wenn die Autos nicht im Prüfstand stehen, sondern im Straßenverkehr unterwegs sind. So sieht es jedenfalls das Kraftfahrbundesamt. Es hat angeordnet, dass der Automobilhersteller die betroffenen Autos in die Werkstätten zurückruft und sie dort nachrüstet. Mercedes will Widerspruch einlegen. Gleichwohl entwickelt das Unternehmen für die betroffenen Autos eine neue Motorsteuerung ohne unzulässige Abschaltung der Abgasreinigung. Es geht laut Spiegel Online um insgesamt 24 verschiedene Modelle und 280 000 Autos und Kleinbusse in Deutschland und 700 000 europaweit (siehe auch Wer ist vom Abgas-Skandal betroffen?).
19.07.2018 Laut der Berliner Rechtsanwaltskanzlei Werdermann von Rüden hat das Landgericht Stuttgart beschlossen, ein umfassendes Sachverständigengutachten zu einer Mercedes-Motorsteuerung einzuholen (Beschluss vom 09.07.2018, Aktenzeichen: 23 O 56/18). Der Kläger hatte im Jahr 2014 einen Mercedes GLA 220 CDI gekauft. In diesem Fahrzeug ist ein Motor des Typs OM 651 eingebaut. Im Rahmen eines Hinweis- und Beweisbeschlusses weist das Gericht darauf hin, dass die Rechtsanwälte des Klägers schlüssig vorgetragen haben, dass in dem Motor eine unerlaubte Einrichtung zur Abschaltung der Abgasreinigung eingebaut sei und dies nicht ohne entsprechende Kenntnis des Vorstandes erfolgt sein kann.
Die Daimler AG muss jetzt erklären, wieso sie der Auffassung ist, dass es sich bei der Abschalteinrichtung um eine erlaubte Maßnahme handelt und ob und der Vorstand hiervon wusste. „Wir glauben nicht, dass Daimler unseren Ausführungen etwas Wesentliches entgegenhalten kann. Aber wir sind sehr gespannt auf die Ausführungen, die belegen sollen, dass der gesamte Vorstand nichts von diesem Betrug mitbekommen haben soll“, erklärte Rechtsanwalt Johannes von Rüden zu dem Fall.
Bei VW stand fest, dass die Motorsteuerung für rund 2,5 Millionen Autos illegal war, nachdem das Kraftfahrtbundesamt dem Konzern rechtsbeständig aufgegeben hatte, die Motorsteuerung zu ändern. Mercedes akzeptiert die Entscheidung der Beamten jedoch nicht und will verwaltungsrechtlich dagegen vorgehen.
19.07.2018 Der Bundesgerichtshof hat sich zum ersten Mal zum Abgasskandal geäußert – allerdings nur in einer Verfahrensfrage . Eine Frau aus Dillingen hatte wegen ihres bei einem Händler in Aalen erworbenen Skandalautos vor dem Landgericht Ellwangen (Jagst) sowohl gegen den Händler als auch gegen VW Klage erhoben. Das Gericht hielt sich wegen der Klage gegen VW für nicht zuständig. Es legte den Fall deshalb dem Oberlandesgericht in Stuttgart vor. So sieht es die Zivilprozessordnung in solchen Fällen vor.
Die Richter dort halten das Landgericht Ellwangen für zuständig. Allerdings hatte das Oberlandesgericht Nürnberg bereits im April 2017 in einem parallel gelagerten Fall beschlossen: Händler und Hersteller können nicht gemeinsam verklagt werden. Es sei jeweils ein anderes Gericht zuständig. Die allermeisten Gerichte sahen das anders, es gibt bereits Dutzende von Urteilen, in den Händler und Hersteller gleichzeitig verurteilt werden.
Wegen der Entscheidung aus Nürnberg schickten die Richter aus Stuttgart das Verfahren zum Bundesgerichtshof nach Karlsruhe. Der hat die vorherrschende Linie jetzt bestätigt. Auch wenn die Ansprüche gegen Händler und Hersteller sich auf unterschiedliche Grundlagen stützen, gehe es im Grunde ums gleiche, argumentierten die Bundesrichter. Händler und Hersteller können deshalb gemeinsam verklagt werden.
Die Kanzlei mit den meisten Doppelklagen ist Dr. Stoll und Sauer in Lahr. Die Rechtsanwälte dort hatten soweit bekannt als erste damit begonnen, VW und Händler gemeinsam zu verklagen. Christoph Eggert, früher Richter am Oberlandesgericht Düsseldorf und inzwischen Pensionär, nannte die Strategie beim Autorechtstag 2017 in Königswinter in seinem Vortrag über den Abgasskandal deshalb: „Stoll & Sauer‘sche Doppelzange“.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.06.2018
Aktenzeichen: X ARZ 303/18
16.07.2018 Auch Opel ist wegen des Abgasskandals ins Visier des Kraftfahrbundesamts geraten. Die Beamten haben Vertreter des Unternehmens aufgefordert, binnen zwei Wochen Stellung zu Ungereimtheiten in der Motorsteuerung von drei Modellen zu nehmen. Es geht übereinstimmenden Berichten zufolge um insgesamt 60 000 Insignia, Zafira und Cascada mit nach der Norm Euro 6 schadstoffarmen Dieselmotoren. Opel wies die Vorwürfe zurück. Soweit die Motorsteuerung die Abgasreinigung verringere, sei das zum Schutz des Motors nötig, hieß es.
12.07.2018 Jubel in den Rechtsanwaltskanzleien Rogert & Ulbrich in Düsseldorf und Dr. Stoll & Sauer in Lahr: Das Oberlandesgericht Oldenburg geht davon aus, dass VW Käufer von Skandalautos vorsätzlich und sittenwidrig geschädigt hat. Die Richter in Oldenburg erklärten: „Der Senat geht (…) davon aus, dass das Landgericht die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 826 BGB zu Recht bejaht hat.“ Mit anderen Worten: Sie wollen das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 12.01.2018, Aktenzeichen: 2 O 779/17, bestätigen und die Berufung von VW dagegen zurückweisen.
„Soweit ersichtlich hat sich damit erstmals ein Oberlandesgericht derart deutlich positioniert, was deliktische Ansprüche gegen Volkswagen angeht“, ordnet Rechtsanwalt Tobias Ulbrich den Hinweis ein. Etwas zurückhaltender äußert sich das Oberlandesgericht Karlsruhe in einem Hinweis zum Verfahren 13 U 17/18: „Nach vorläufiger Rechtsauffassung des Senats spricht (…) deutlich mehr für eine Haftung der VW AG auf Schadensersatz nach § 826 BGB als dagegen. Ob die Haftung auch über § 831 BGB begründet werden kann, was nach dem Bußgeldbescheid der Staatsanwaltschaft Braunschweig durchaus im Raum steht, hängt vom Parteivortrag in den jeweiligen Verfahren ab“, heißt es in dem Schreiben an die Parteien.
Verfahrensrechtlicher Hintergrund: VW hat bisher verbraucherfreundliche Oberlandesgerichts-Urteile zum Abgasskandal konsequent verhindert, indem der Konzern Skandalopfern kurz vor der Verhandlung ihrer Sache so viel Geld bot, dass diese ihre Klagen zurücknahmen oder eine Vereinbarung über die Beendigung des Prozesses abschlossen. Einen Teil der meist großzügigen Entschädigung der Kläger in solchen Fällen zahlt VW dafür, dass sich die Skandalopfer und ihre Anwälte zum Stillschweigen über den Fall verpflichten. Einem solchen vorzeitigen Ende des Verfahrens kommen die Richter in Oldenburg und Stuttgart mit ihren Hinweisen zuvor. Vermutlich wird auch von beiden Fällen in Oldenburg und Karlsruhe nie wieder etwas zu hören sein, sondern erneut hinter den Kulissen ein für die Kläger lukrativer Vergleich geschlossen.
Oberlandesgericht Oldenburg, Hinweis vom 19.06.2018
Aktenzeichen: 2 U 9/18
Klägervertreter:Rogert & Ulbrich Rechtsanwälte, Düsseldorf
Oberlandesgericht Karlsruhe, Hinweis vom 06.07.2018
Aktenzeichen: 13 U 17/18
Klägervertreter: Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwälte, Lahr
09.07.2018 Das Landgericht Stuttgart geht für einen VW Sharan Highline Bluemotion 2.0 TDI von einer Gesamtfahrleistung von 400 000 Kilometer aus. Das berichtet Rechtsanwalt Markus Klamert von KMP3G-Rechtsanwälte in München. Nach dem Urteil hat der Kläger Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zu erhalten. Der fällt beim Landgericht Stuttgart erheblich höher aus als sonst oft, weil es für die Berechnung der Entschädigung für die mit dem Wagen gefahrenen Kilometer von 400 000 und nicht wie sonst häufig von nur 250 000 Kilometern ausgeht.
Rechenbeispiel: Der Wagen hat 25 000 Euro gekostet. Er ist inzwischen 100 000 Kilometer gefahren. Nach dem Landgericht Stuttgart muss VW dem Besitzer 25 000 Euro Kaufpreis - (25 000 Euro / 400 000 Kilometer * 100 000 Kilometer =) 6 250 Euro Nutzungsentschädigung, also 18 750 Euro zahlen. Bei Rechnung mit einer Gesamtfahrleistung von 250 000 Kilometer verringert sich der Schadenersatz um 3 750 auf 15 000 Euro.
Allerdings: Laut Tatbestand des Urteils hatte VW nicht bestritten, dass der Wagen 400 000 Kilometer schafft. Das Gericht muss dann von dieser Laufleistung ausgehen. Ob die VW-Anwälte es versäumt haben, die Gesamtlaufleistung zum Thema zu machen oder ob das Gericht ihre Darstellung des Fall in dem Punkt nur für nicht ausreichend hielt, blieb unklar. Markus Klamert sieht jedenfalls einen Trend. Das Oberlandesgericht in Köln sei in einem anderen Fall bereits von 500 000 Kilometern ausgegangen, erklärte er. Viele Richter hätten kein Verständnis mehr für das Verhalten von VW im Abgasskandal.
Landgericht Stuttgart, Urteil vom 29.06.2018
Aktenzeichen: 24 O 360/17
Klägervertreter: KMP3G Klamert Tremel und Partner, München
05.07.2018 Zwei Abgasskandal-Fälle liegen aktuell beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Unter dem Aktenzeichen VIII ZR 78/18 ist die Revision gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts Dresden anhängig. Das hatte zu einem Fall geurteilt, bei dem offenbar erst kurz vor oder nach Installation der neuen laut Kraftfahrtbundesamt und VW legalen Motorsteuerung Klage erhoben worden war: Der Käufer muss beweisen, dass das Auto trotz Softwareupdate noch mangelhaft ist.
Vage Befürchtungen zu Nachteilen der neuen Motorsteuerung seien nicht ausreichend, heißt es in der Begründung zu dem Urteil. Ebenso wenig reiche aus, pauschal eine Wertminderung des Autos zu behaupten. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens dazu erscheine sonst als bloßer Ausforschungsbeweis. Der ist im deutschen Zivilprozessrecht unzulässig.
In einem weiteren Verfahren mit dem Aktenzeichen VIII ZR 225/17 geht es um einen Beschluss des Oberlandesgerichts Bamberg. Das hatte zu einer Klage auf Lieferung eines ganz neuen Wagens mit legaler Motorsteuerung entschieden: Eine solche Ersatzlieferung scheide aus, wenn der Fahrzeugtyp so nicht mehr hergestellt werde, sondern inzwischen durch ein neues Modell mit anderer Motorisierung ersetzt worden sei. Das Gericht ließ die Revision nicht zu. Dagegen beschwert sich der Kläger beim Bundesgerichtshof. In beiden Verfahren ist laut BGH-Sprecherin Dietlind Weinland noch nicht absehbar, wann eine Entscheidung fällt.
05.07.2018 Unterdessen arbeiten die Instanzgerichte auf Hochtouren. Allein heute hat test.de 35 neue Urteile zugunsten von Skandalautobesitzern in die Abgasskandal-Urteilsliste aufgenommen.
28.06.2018 Werdermann von Rüden-Rechtsanwälte in Berlin haben jetzt die Begründung für die erste Verurteilung der Daimler AG wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung vorgelegt (s. u. 14.06.2018). Besonders interessant: „Bei gleichen Betriebsbedingungen verhält sich das System auf dem Prüfstand vielmehr genauso wie auf der Straße (und umgekehrt)“, hatten die Daimler Anwälte wörtlich formuliert, um das Unternehmen gegen den Vorwurf zu verteidigen, dass die Abgasreinigung nur im Prüfstand vollständig funktioniere.
Richter Lukas Beck am Landgericht Hanau sah daran jedoch keinen Widerspruch zur Behauptung des Klägers, nachdem die Daimler-Anwälte auch in der mündlichen Verhandlung seine gezielten Nachfragen zum Thema nicht beantworteten und sich auch keine erneute Darstellung der Technik vorbehielten. Auch zur Verantwortung für die illegale Motorsteuerung hatte sich das Unternehmen nicht geäußert. Der Richter ging daher davon aus, dass die nach dem Aktiengesetz Verantwortlichen Bescheid wussten und deshalb die Daimler AG zu Schadenersatz verpflichtet ist.
Werdermann von Rüden-Rechtsanwälte vertreten nach eigener Darstellung noch in 56 weiteren Fällen Kläger, die von Daimler Schadenersatz fordern. Aus ihrer Sicht sind viel mehr Autos der Marke Mercedes-Benz vom Abgasskandal betroffen als bisher bekannt. Detaillierte Informationen zum Abgasskandal bei Mercedes auf der Homepage der Kanzlei.
22.06.2018 Verschiedene Autohersteller versuchen aktuell offenbar, bisher den Behörden verschwiegene Mechanismen zur Reduzierung der Abgasreinigung nachträglich genehmigen zu lassen. Das berichtet Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH) in einem ausführlichen Interview bei heise.de. Resch schildert eine ganze Reihe weiterer, wenige bekannter Hintergründe zum Abgasskandal und hatte auch kritische Fragen zu beantworten. Die Auto-Redaktion von heise.de hatte die DUH wiederholt zum Teil heftig kritisiert.
21.06.2018 Gewichtige Post aus Amerika: Myright.de hat von den US-Behörden eine Festplatte mit rund 600 000 Seiten Dokumenten zum VW-Skandal erhalten. Die werten die Experten des Unternehmens jetzt aus, um Material für die Schadenersatzklagen gegen VW zu sammeln, berichtete Myright-Geschäftsführer Jan-Eike Andresen. Es handele sich nicht nur um Schriftverkehr mit den Behörden, sondern auch um interne Unterlagen aus dem VW-Konzern.
18.06.2018 Audi-Chef Rupert Stadler ist im Zuge des Abgasskandals wegen des Verdachts auf Betrug und mittelbare Falschbeurkundung in Untersuchungshaft. Das hat die Staatsanwaltschaft am Landgericht München II mitgeteilt. Es bestehe Verdunkelungsgefahr. Mit anderen Worten: Die Strafverfolger glauben, dass Stadler seine mutmaßlichen Straftaten vertuschen will. Es ist das erste Mal überhaupt, dass der amtierende Vorstandsvorsitzende eines deutschen Autoherstellers hinter Gitter kommt. Weitere Einzelheiten im Onlinebericht der Süddeutschen Zeitung.
18.06.2018 Zwischenerfolg für Myright.de im Streit mit VW: Laut Oberlandesgericht Braunschweig muss sich jetzt das Landgericht mit einem Befangenheitsantrag des Rechtsdienstleisters befassen. Der hatte Klage wegen der Schadenersatzforderungen von rund 15 000 Skandalautobesitzern erhoben. Die Richterin bezweifelte, dass die Abtretung der Forderungen wirksam ist, obwohl sich VW dazu bis dato noch gar nicht geäußert hatte. Die Richterin hält sich gleichwohl nicht für befangen. Das Landgericht gab den Befangenheitsantrag daraufhin gleich ans Oberlandesgericht weiter. Das geht so nicht, hieß es jetzt von dort. Zunächst muss jetzt das Landgericht über den Befangenheitsantrag entscheiden – ohne die Mitwirkung der womöglich voreingenommenen Richterin.
15.06.2018 Die gestern gemeldeten ersten Urteile gegen die Daimler AG hat die Berliner Kanzlei Werdermann von Rüden-Rechtsanwälte erstritten, auch wenn test.de von Ihnen über Dr. Lehnen erfahren hat. Auch Werdermann von Rüden informieren auf ihrer Homepage ausführlich über die ersten Mercedes-Urteile im Abgasskandal.
14.06.2018 Erste Verurteilungen der Daimler AG zu Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung meldet Rechtsanwalt Dr. Christof Lehnen. Gut für Betroffene: Die zahlreichen Klagen gegen den VW-Konzern und seine Händler haben der Durchsetzung der Rechte gegen Autohersteller allgemein den Weg bereitet, berichtet der Anwalt aus Trier. Sowohl Rechtsschutzversicherer als auch Gerichte haben einschlägige Erfahrungen und meist eine klare Linie. Weitere Einzelheiten in der Presseerklärung der Kanzlei.
14.06.2018 Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat gegen die VW AG ein Bußgeld in Höhe von fünf Millionen Euro verhängt. Außerdem schöpfen die Strafverfolger wirtschaftliche Vorteile in Höhe von 995 Millionen Euro ab, die der Autokonzern mit den angeblich sauberen Dieselmotoren mit der unzulässigen Abschaltung der Abgasreinigung erzielt hat. Möglich macht es ein Tatbestand im Ordungswidrigkeitengesetz. „Wer als Inhaber eines Betriebes oder Unternehmens (...) die Aufsichtsmaßnahmen unterläßt, (...) um in dem Betrieb oder Unternehmen Zuwiderhandlungen gegen Pflichten zu verhindern, (...) handelt ordnungswidrig“, heißt es dort. „Es handelt sich um eine der höchsten Geldbußen, die jemals in der Bundesrepublik Deutschland einem Unternehmen auferlegt worden ist“, erklärt die Staatsanwaltschaft in Braunschweig. Zum Vergleich: Die VW AG meldete allein für das erste Quartal 2018 einen Umsatz von 58,2 Milliarden Euro und einen Gewinn von 4,21 Milliarden Euro. Der Konzern hat den Bußgeldbescheid nach Darstellung der Strafverfolger bereits akzeptiert.
Keinen Einfluss hat der Bußgeldbescheid auf die Zivilverfahren und die Ermittlungsverfahren gegen derzeit 48 (Ex-)Mitarbeiter des Konzerns wegen des Verdachts verschiedener Straftaten.
12.06.2018 Jetzt steht endgültig fest: Auch Mercedes steckt tief im Abgasskandal. Das Kraftfahrtbundesamt hält die Motorensteuerung in 238 000 Autos der Marke in Deutschland und 774 000 in Europa für illegal. Die Daimler AG soll Mechanismen zur Abschaltung der Abgasreinigung aus den Programmen entfernen und die Besitzer der Autos in die Werkstätten rufen. Dort sollen ihre Wagen eine neue Motorsteuerung erhalten. Welche Modelle genau betroffen sind, ist noch unklar. Fest steht nur: Es geht um Kleintransporter vom Typ Vito, C-Klasse-Limousinen und GLC-Modelle. Der Autokonzern hält den Zwangsrückruf für rechtswidrig und hat Widerspruch eingelegt. Gleichwohl bleibt die Behörde dabei: Der Rückruf ist Pflicht. Erstaunlich: Weder beim Ministerium, noch beim Kraftfahrtbundesamt oder Mercedes findet sich eine halbwegs detaillierte Presseinformation zum Thema. Es gibt nur ein 50 Sekunden kurzes Video von Bundesverkehrsminister Andreas Franz Scheuer.
11.06.2018 Endlich eine Oberlandesgerichtsentscheidung zum VW-Skandal: Das Oberlandesgericht Köln hat die Verurteilung eines Händlers zur Erstattung des für ein Skandal-Auto gezahlten Kaufpreises bestätigt. Das berichtet Rechtsanwalt Dr. Christof Lehnen von Dr. Lehnen & Sinnig in Trier. Bisher hatten der VW Konzern und seine Händler eine Verurteilung in zweiter Instanz konsequent verhindert, indem die jeweiligen Kläger – meist großzügig – entschädigt und das Verfahren außergerichtlich erledigt wurde. Der Fall aus Köln ist den VW-Anwälten und Juristen offenbar schlicht durchgerutscht. „Wir gehen davon aus, dass Volkswagen diesen Prozess einfach aus den Augen verloren hat. Kein Wunder, denn schließlich sind tausende Prozesse zum Abgasskandal anhängig und nahezu alle entwickeln sich zugunsten der geschädigten Autokäufer“, erklärte Dr. Lehnen zum Verfahren. Das Gericht wies die von VW unterstützte Berufung gegen ein Urteil des Landgerichts Köln sogar durch einen Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurück. Die Richter hielten das Rechtsmittel einstimmig für aussichtslos, sahen nicht mal eine grundsätzliche Bedeutung der Sache und hielten auch eine Revision beim Bundesgerichtshof zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts nicht für nötig. Weitere Einzelheiten zum Verfahren in der Pressemitteilung der Kanzlei.
Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 28.05.2018
Aktenzeichen: 27 U 13/17
Klägervertreter: Dr. Lehnen & Sinnig Rechtsanwälte, Trier
07.06.2018 Rechtsanwalt Tobias Ulbrich von Rogert & Ulbrich in Düsseldorf berichtet: Die Kanzlei hat bisher 25 Klagen wegen Autos von Mercedes mit mutmaßlich manipulierten Diesel-Motoren erhoben, die ersten bereits im Jahr 2016. Hunderte weitere Klagen seien in Vorbereitung. Er rechnet in den nächsten Wochen mit ersten Urteilen. Was die Verfahren schwierig mache: Mercedes nutze offenbar Reifenwechsel-, Inspektions- oder sonstige Werkstatttermine, um in Autos mit illegaler Steuerung heimlich eine geänderte Software zu installieren, ohne die Autos förmlich zurückrufen zu müssen. Details dazu in einem Beitrag der ZDF-Nachrichtensendung heute plus.
07.06.2018 Jetzt ist es offiziell: Weltweit rund 60 000 Audi A6 und A7 mit 3.0 TDI-Motor, die angeblich die Schadstoffklasse Euro 6 einhielten, müssen eine neue Motorsteuerung bekommen. Autos der Typen, die noch bei den Händlern stehen, dürfen nicht verkauft oder ausgeliefert werden. Das Kraftfahrt-Bundesamt hat den Rückruf angeordnet. Die Beamten sind davon überzeugt: Die Motorsteuerung schalte die Abgasreinigung unter bestimmten Bedingungen unzulässig ab. Kaum zu glauben: Es handelt sich um Autos, die Audi ausdrücklich als Ersatz für Skandal-Autos angeboten hatte und für die der Autohersteller eine Umwelt-Prämie zahlte. Details dazu bei Spiegel online.
07.06.2018 Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer aus Lahr hat unter vw-schaden.de/news-zum-vw-diesel-skandal kurze Berichte und die Original-Begründungen zu zahlreichen von ihr erstrittenen Urteilen veröffentlicht.
07.06.2018 test.de-Redakteur Christoph Herrmann wird morgen früh gegen 6.40, 7.40 und 8.40 Uhr im ZDF-Morgenmagazin Fragen zum VW-Skandal beantworten.
04.06.2018 Die Rechtsanwaltskanzlei Werdermann von Rüden aus Berlin berichtet: Sie führt aktuell rund 260 Verfahren gegen die Daimler AG wegen zu Lasten der Umwelt manipulierter Motorsteuerungen. 56 Fälle seien bereits vor Gericht. Jetzt bietet die Kanzlei Mercedes-Fahrern die Möglichkeit, online kostenlos zu prüfen, ob sie Rechte wegen des Abgasskandals mit Aussicht auf Erfolg geltend machen können. Rechtsanwalt Johannes von Rüden versprach: Das Informationsportal zu möglichen Manipulationen bei Mercedes werde fortlaufend aktualisiert. Aktuell letzter Stand: Das Landgericht Stuttgart hat entschieden, ein Sachverständigengutachten über die Motorsteuerung eines nicht näher genannten Autos der Daimler AG einzuholen. Der Gutachter soll prüfen, ob die Motorsteuerung eine Untersuchung im Prüfstand erkennt und die Einstellungen dafür verändert, damit die Schadstoffgrenzwerte eingehalten werden.
Eine ähnlich große Anzahl an Mercedes-Klagen wegen des Abgasskandals meldet die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer. 265 Mercedes-Besitzer haben Forderungen gegen den Daimler-Konzern und seine Händler angemeldet. Hinzu kommt noch gut ein Dutzend Fälle, bei dem es um den Widerruf von Kreditverträgen zur Finanzierung von Autos aus dem Daimlerkonzern geht.
31.05.2018 Gute Nachricht für Skandalauto-Besitzer: Sie können möglicherweise erheblich länger als bisher angenommen gegen Verkäufer dieser Autos vorgehen. Das Landgericht Augsburg urteilte: Verkäufe von Skandalautos sind nichtig. Laut EU-Zulassungsregeln dürfen nur Autos gehandelt werden, die den Abgasvorschriften entsprechen. Haben sie wie die VW-Skandalautos eine illegale Motorsteuerung, dürfen Händler sie nicht verkaufen. Tun sie es trotzdem, ist der Vertrag wegen des Verstoßes gegen die Regelung nichtig. Ob der Händler vom Verstoß etwas wusste, spielt dabei keine Rolle. Der Käufer des Wagens kann Erstattung des Kaufpreises als ungerechtfertigte Bereicherung verlangen. Gut für ihn: Die Forderung verjährt erst frühestens drei Jahre nach Ende des Jahres seiner Entstehung und nicht schon zwei Jahre nach Lieferung des Autos. Entscheidender Zeitpunkt ist die Bezahlung des Autos. Verjährt sind Forderungen nur für Autos, die schon bis 31.12.2014 bezahlt wurden. Nichtig ist nicht nur der erste Verkauf des Wagens. Auch als Gebrauchtwagen dürfen Skandalautos nach Auffassung des Landgerichts Augsburg nicht verkauft werden und sind entsprechende Verkäufe nichtig. Auch Leasing- und Mietverträge erfasst die EU-Zulassungsverordnung als Verbotsgesetz. Weitere Einzelheiten auf der Homepage der Rechtsanwälte.
Landgericht Augsburg, Urteil vom 07.05.2018
Aktenzeichen: 082 O 4497/16 (nicht rechtskräftig)
Klägervertreter: Rechtsanwälte Dr. Stoll & Sauer, Lahr
[erweitert und korrigiert am 07.06.2018, ursprünglich war das Aktenzeichen falsch angegeben]
28.05.2018 Mercedes Benz rückt in den Mittelpunkt des Interesses des Bundesverkehrsministeriums und des Kraftfahrtbundesamtes. Spiegel-Redakteure fanden heraus: Bis zu 600 000 Autos mit Euro 6-Turbodieselmotoren brauchen eine neue Motorsteuerung, weil die aktuelle Variante die Abgasreinigung oft ganz oder teilweise illegal abschaltet. Mercedes bestreitet das und will Widerspruch einlegen. Weitere Einzelheiten bei Spiegel Online.
24.05.2018 Die Begründungen der Urteile des Bundesverwaltungsgerichts zu Dieselfahrverboten liegen vor. Am Donnerstag, 31. Mai 2018, verhängt Hamburg die ersten Sperren für dreckige Diesel. Mehr dazu in unseren FAQ Fahrverbote in Innenstädten.
22.05.2018 Bemerkenswertes Urteil aus Österreich: Das Landgericht Eisenstadt verurteilte Volkswagen dazu, an den Eigner eines Audi Q3 den Kaufpreis abzüglich Nutzungsentschädigung zu erstatten, obwohl der Wagen die neue vom Kraftfahrtbundesamt in Flensburg zugelassene Motorsteuerung erhalten hatte.
Anders als die Gerichte in Deutschland ließ die Richterin in Eisenstadt den Schadstoffausstoß des Wagens vor und nach dem Softwareupdate von Sachverständigen untersuchen. Ergebnis: Auf dem Prüfstand war so oder so alles in Ordnung. Bei Fahrten im Straßenverkehr allerdings überschritt der Wagen den Grenzwert für Stickoxid im Originalzustand um 247 Prozent und nach dem Update der Motorsteuerung immer noch um 77 Prozent.
Allenfalls 20 bis 30 Prozent Überschreitung wären nach Auffassung des Gerichts noch akzeptabel gewesen, fast 80 Prozent seien jedoch eindeutig zu viel, meinte die Richterin. VW dagegen hatte argumentiert: Es komme allein auf den Schadstoffausstoß im Prüfstand an, für Fahrten im Straßenverkehr gebe es überhaupt keinen Grenzwert.
09.05.2018 Neues Kapitel im VW-Skandal: Gestern wurde bekannt, dass Audi sogar im Zuge der beim Diesel-Gipfel vereinbarten freiwilligen Umtausch-Aktion noch neue Euro-6-Autos mit illegaler Motorsteuerung geliefert hat. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge sollen bei weltweit gut 60 000 Wagen der Typen A6 und A7 mit 200 Kilowatt-/271 PS-TDI-Motoren die Einspritzung von Adblue zur Bindung des Stickoxids im Abgas verringert worden sein, wenn der Vorrat im Tank zur Neige ging, bevor eine Inspektion anstand.
Audi wollte offenbar wie andere Hersteller auch verhindern, dass Käufer der hochwertigen Karossen sich beim Nachfüllen der klebrigen Harnstoff-Flüssigkeit selbst die Finger schmutzig machen müssen. Eins der A6-Modelle mit Adblue-Reduktion war offenbar bis zuletzt im Angebot. Inzwischen hat Audi die Auslieferung dieses Wagens gestoppt. Details dazu bei Spiegel-Online und welt.de.
07.05.2018 Die große Koalition ist sich einig: Das Gesetz über Musterfeststellungsklagen soll zügig verabschiedet werden und am Donnerstag, 1. November 2018, in Kraft treten. Es könnte dann auch wegen Schadenersatzansprüchen gegen VW noch ein Musterverfahren geben, an dem sich Opfer des VW-Skandals ohne Risiko und mit allenfalls geringen Kosten beteiligen können. Schadenersatzforderungen von Skandalauto-Besitzern gegen die Volkswagen AG verjähren frühestens am 31.12.2018. test.de wird zum neuen Gesetz so schnell wie möglich Antworten auf die wichtigsten Fragen liefern.
07.05.2018 Die US-Strafverfolger haben nach Anklageerhebung (s.u., 04.05.2018) einen Haftbefehl gegen Ex-VW-Chef Winterkorn erlassen. Sie halten den Manager für flüchtig. In Deutschland ist Winterkorn allerdings sicher vor Verhaftung. Eine Auslieferung an die USA ist unzulässig.
04.05.2018 Erneut marschiert die US-Justiz vorneweg bei der Aufklärung des VW-Skandals. Sie hat jetzt Ex-VW-Vorstandschef Martin Winterkorn unter Anklage gestellt. Die US-Strafverfolger sehen den Verdacht auf Verschwörung zum Verstoß gegen US-Umweltgesetze. Winterkorn ist aus ihrer Sicht Mittäter.
Vom Verfahren in den USA könnten auch Verbraucher und VW-Aktionäre in Europa profitieren. Wenn gerichtsfest feststeht, dass Winterkorn daran beteiligt war, Dieselmotoren so zu steuern, dass die Abgasgrenzwerte nur im Prüfstand eingehalten wurden, kann VW sich gegen Schadenersatzklagen wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung endgültig nicht mehr verteidigen.
Aktuell tragen die VW-Anwälte immer noch vor, dass die Verantwortlichen im Unternehmen zunächst nichts von der illegalen Motorsteuerung wussten. Soweit VW dennoch immer wieder zum Schadenersatz verurteilt wird, liegt das nur daran, dass das Unternehmen bisher die Unwissenheit der Manager nicht beweisen kann oder will.
Auch deutsche Staatsanwälte ermitteln wegen des VW-Skandals gegen Winterkorn und andere damalige VW-Manager. Ob und wann sie Anklage erheben, ist aber völlig offen. In den USA dagegen sind bereits zwei VW-Manager zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.
19.04.2018 Die Urteile gegen VW und seine Händler häufen sich. Die test.de-Urteilsliste nennt aktuell 261 verbraucherfreundliche Verurteilungen von Volkswagen und anderen Unternehmen des VW-Konzerns und 354 Verurteilungen von Autohändlern im Zuge des Abgasskandals, wobei Urteile sowohl gegen den Hersteller als auch Händler hier wie dort gezählt werden.
Der ADAC hat ebenfalls eine Urteillssammlung zusammengestellt. VW wurde danach 169 Mal verurteilt, während 44 Klagen gegen den Hersteller abgewiesen wurden. In 231 Fällen sahen nach der ADAC-Urteilssammlung die Gerichte Autohändler in der Pflicht zur Sachmangelhaftung. 75 Klagen gegen Händler wiesen sie ab. hier
19.04.2018 Ekhard Zinke, der Chef des Kraftfahrtbundesamtes, muss doch nicht als Zeuge in einem Schadenersatzprozess wegen eine Porsche Macan mit mutmaßlich illegaler Motorsteuerung vor dem Landgericht Heilbronn auftreten. Das berichtet Spiegel Online. Porsche überwies dem Bericht zufolge der Kanzlei von Rechtsanwalt Dr. Ralf Stoll 94 112 Euro für den Besitzer des Porsche-Geländewagens. Das ist der volle Kaufpreis für den Wagen samt Zinsen und Anwaltskosten. Das Gerichtsverfahren ist damit erledigt.
Allerdings: Laut Spiegel wäre Zinke auch ohne die Zahlung von Porsche nicht als Zeuge über die offenbar auch aus Sicht seiner Behörde illegale Motorsteuerung vor dem Landgericht erschienen. Grund: Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer verweigerte die bei Äußerung von Beamten zu dienstlichen Vorgänge notwendige Aussagegenehmigung. Gegenüber dem Spiegel begründete das Ministerium das mit der Neutralitätspflicht der Behörde. Wieso die einer wahrheitsgemäßen Zeugenaussage entgegensteht, blieb unklar. Einzelheiten im Spiegel-Online-Bericht.
19.04.2018 Razzia wegen des Verdachts auf Abgasbetrug bei Porsche: 30 Staatsanwälte und 160 Polizeibeamte rückten an, um Büros bei dem Sportwagenhersteller zu durchsuchen. Sie haben zwei Porsche Manager und einen weiteren Mitarbeiter im Verdacht, die Montage von Motoren mit illegaler Steuerung veranlasst zu haben. Einzelheiten dazu in den Stuttgarter Nachrichten.
09.04.2018 Einem Spiegel-Bericht zufolge plant die Bundesregierung jetzt doch ein Milliarden Euro schweres Nachrüstprogramm für Dieselautos mit erhöhtem Stickoxidausstoß. Das Geld dafür soll über einen Fonds vor allem von den Herstellern, aber auch aus der Staatskasse kommen. Die Aktion soll laut Spiegel von dieser Woche zunächst jene Diesel betreffen, für die es für den Export in die USA zum Beispiel bereits fertige Nachrüst-Sets gibt. Außerdem sollen wohl nur Autos in den besonders von Fahrverboten bedrohten Regionen Stuttgart, Rhein-Main und München eine solche Nachrüstung erhalten. Einige weitere Details bei Spiegel-Online, der gesamte Artikel im Spiegel 15/2018.
30.03.2018 Gut für viele VW-Skandal-Opfer: Der Oberlandesgericht Köln sieht sie auch nach Nachrüstung der Autos mit der vom Kraftfahrtbundesamt genehmigten Motorsteuerung berechtigt, vom Kaufvertrag zurückzutreten. VW und seine Händler sehe das nicht als Nacherfüllung des Vertrags. Es bleibe deshalb dabei, dass die Autos als mangelhaft zu gelten haben. Nur wenn dem Händler gelingt, dass die neue Motorsteuerung alle Anforderungen erfüllt und keine Nachteile bei Haltbarkeit, Verbrauch und Leistung mit sich bringt, ist der Rücktritt vom Kaufvertrag ausgeschlossen. Setzt sich diese Rechtsauffassung durch, dürfte der VW-Konzern so ziemlich alle Rechtsstreitigkeiten zwischen Skandalautobesitzern und Händlern verlieren. Details zur Entscheidung in der Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Köln.
29.03.2018 Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) will elf weitere Städte verklagen, um Fahrverbote für Diesel-Autos mit überhöhtem Stickoxid-Ausstoß zu erzwingen. Es geht um Dortmund, Bochum, Düren, Paderborn, Offenbach, Heilbronn, Ludwigsburg, Backnang, Esslingen, Marbach und Reutlingen.
27.03.2018 Rund 40 000 der insgesamt 840 000 britischen Skandalautobesitzer wollen gemeinsam gegen Volkswagen vor Gericht ziehen. Mehrere Anwaltskanzleien beantragten in London ein sogenanntes Gruppengerichtsverfahren. Bisher habe der Autokonzern nicht angemessen auf die Forderungen reagiert, erklärte Gareth Pope von der Kanzlei Slater und Gordon. Die auf Schadenersatzforderungen spezialisierten Rechtsanwälte vertreten nach eigenen Angaben allein über 40 000 VW-Skandal-Opfer. Noch in dieser Woche soll die Entscheidung darüber fallen, ob der Antrag zulässig ist und ein Gruppengerichtsverfahren beginnen kann.
20.03.2018 Hahn Rechtsanwälte in Hamburg informieren am Freitag, 23. März, um 18.30 Uhr im Emporio Tower am Dammtorwall über das in der Hansestadt bevorstehende Dieselfahrverbot. Einzelheiten zur Veranstaltung auf der Homepage der Kanzlei.
19.03.2018 Der VW-Skandal weitet sich endgültig auch auf andere Hersteller aus. Das Landgericht Münster (Hinweisbeschluss vom 21.11.2017, Aktenzeichen: 04 O 68/17) hält die Motorsteuerung eines Mercedes V 250 für verdächtig. Wenn es dem Hersteller nicht gelingt, den Richter davon zu überzeugen, dass die Motorsteuerung trotz eindeutiger Hinweise auf illegale Abschaltung der Abgasreinigung korrekt ist, wird er Mercedes zu Schadenersatz verurteilen. Rechtsanwalt Tobias Ulbrich rechnet in den nächsten Wochen mit dem Urteil in der Sache. Er glaubt nicht, dass Mercedes die Motorsteuerung offenlegt und einen ernsthaften Versuch unternimmt, den Richter davon zu überzeugen, dass alles mit rechten Dingen zugeht.
15.03.2018 Rechtsanwalt Wietbrok aus Hamburg-Heimfeld berichtet: Das Landgericht Hamburg hat soweit bekannt erstmals überhaupt dem Käufer eines VW-Skandal-Autos recht gegeben, der erst nach dem Update der Motorsteuerung vom Vertrag zurückgetreten war. Es verurteilte einen Autohändler dazu, einen nagelneuen typgleichen Wagen gleicher Ausstattung zu liefern (Urteil vom 07.03.2018, Aktenzeichen: 329 O 105/17). Der Wagen bleibe trotz der Nachrüstung mangelhaft. Weitere Einzelheiten zum Verfahren auf der Homepage der Kanzlei.
09.03.2018 Stickstoffdioxid schadet der Gesundheit. Nach einer Studie des Umweltbundesamtes ist das Gas, dass zu einem erheblichen Teil aus modernen Dieselmotoren stammt, für rund 6 000 Todesfälle im Jahr 2014 verantwortlich. Außerdem seien acht Prozent oder 437 000 der Diabetes mellitus-Erkrankungen und für 14 Prozent oder 439 000 der Asthmaerkrankungen auf die Belastung der Luft mit Stickstoffdioxid zurückzuführen. Weitere Details direkt beim Umweltbundesamt.
08.03.2018 Es wird immer deutlicher: Die meisten, wenn nicht alle Autohersteller haben die Reinigung der Abgase von giftigen Stickoxiden in ihren Dieselmotoren illegal ganz oder teilweise abgeschaltet. Bisher habe er noch keinen einzigen Antrag auf Erteilung einer Typengenehmigung gesehen, in dem ein Hersteller die Abschaltung der Abgasreinigung etwa wegen besonders hoher oder niedriger Lufttemperaturen offengelegt habe, erklärte Rechtsanwalt Prof. Dr. Marco Rogert test.de gegenüber. Jedenfalls nach Auffassung der meisten Gerichte heißt das: Die Motorsteuerung mit solchen ohne ausdrückliches Plazet der Zulassungsbehörden versehenen Abschalteinrichtungen ist illegal.
Rechtlich unterscheiden sich solche Autos nicht von den VW-Skandalautos: Sie sind mangelhaft. Besitzer können vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn die zweijährige Verjährung noch nicht abgelaufen ist. Der Hersteller ist nach Auffassung zahlreicher Landgerichte schadenersatzpflichtig, wenn er nicht nachweisen kann, die fürs Unternehmen verantwortlichen nichts von der Manipulation wussten.
Gleichzeitig häufen sich im VW-Skandal die Verurteilungen von Händlern und VW-Konzern auf Erstattung des Kaufpreises oder Lieferung neuer Autos mit legaler Motorsteuerung. Rechtsanwälte Rogert & Ulbrich berichten: In noch keinem einzigen Fall sei die Klage eines Mandanten gegen VW oder einen Händler rechtskräftig abgewiesen. Dr. Stoll & Sauer haben die mit Abstand meisten Abgas-Skandal-Urteile erstritten, nicht wenige davon sowohl gegen VW als auch den Händler.
Erste Klagen gegen andere Hersteller als VW sind inzwischen entscheidungsreif. test.de glaubt: Sie werden genau so Erfolg haben, wie viele VW-Skandal-Klagen. Zumindest Besitzer von Dieselautos mit Verkehrsrechtsschutz sollten sich beraten lassen. Wenn für Ihren Wagen ausreichend genau dokumentiert ist, dass die Motorsteuerung illegal ist, haben Klagen gute Aussichten auf Erfolg. Ohne Rechtsschutzversicherung allerdings ist das Prozesskostenrisiko kaum zu stemmen. Eine Prozessfinanzierung, wie sie myright.de im VW-Skandal anbietet, gibt es für die Durchsetzung von Forderungen gegen andere Abgas-Skandal-Hersteller bisher noch nicht.
05.03.2018 Einem Spiegel-Bericht zufolge befürchtet die Bundesregierung Fahrverbote auch für Euro-6-Diesel. Autos mit solchen Motoren haben bei Messungen im Straßenverkehr kaum weniger Stickoxid im Abgas gehabt als solche mit älteren Euro-5-Maschinen. Sofern die für ältere Diesel geltenden Fahrverbote nicht ausreichen, um die strengen EU-Grenzwerte in stark belasteten Innenstädten zum Beispiel von München, Stuttgart oder Düsseldorf einzuhalten, gibt es von Rechts wegen keine Alternative zu erweiterten Fahrverboten. Weitere Einzelheiten bei Spiegel-Online.
02.03.2018 Ansturm auf Rechtsanwälte und Prozessfinanzierer im VW-Skandal: Seit Verkündung des Bundesverwaltungsgerichtsurteils zu Diesel-Fahrverboten (s. u., 27.02.2018, und hier) stehen bei Rechtsanwälten mit VW-Skandal-Erfahrung die Telefon nicht mehr still. Insbesondere Rechtsanwälte Rogert & Ulbrich sowie die Dr. Stoll & Sauer und Myright.de berichten: Wegen der drohenden Fahrverbote melden sich zahlreiche VW-Skandal-Opfer, die bisher noch keine rechtlichen Schritte eingeleitet haben. Auch die Anwälte für den Autokreditwiderruf, allen voran die Kanzlei Dr. Lehnen & Sinnig, verzeichnen ein stark erhöhte Anzahl von Anfragen.
01.03.2018 Bemerkenswerter Vergleichsvorschlag eines Richters in einem VW-Skandal-Verfahren am Landgericht München II kurz nach Bekanntwerden der Tierversuche mit Abgasen aus Dieselmotoren: „1. Die Beklagte (Volkswagen AG, Anm. d. Red.) verpflichtet sich, das Fahrzeug des Klägers (…) auf ihre Kosten hardwaremäßig mit einer SCR-Katalysator-Abgasreinigungsanlage dergestalt nachzurüsten, dass das Fahrzeug (…) nicht mehr als 80 mg/km NOx emittiert. (…) 2. Die Beklagte verpflichtet sich darauf hinzuwirken, dass mindestens ein Mitglied ihrer Geschäftsführung an mindestens zwei Wochenenden (…) mindestens je acht Stunden auf der Menschenaffen-Anlage der (…) Tierpark Hellabrunn AG oder eines anderen (…) zoologischen Gartens (…) nach Einteilung der Tierpfleger mitarbeitet.“ Rechtsanwälte Rogert & Ulbrich aus Düsseldorf vertreten den Kläger. Auch auf ihre Nachfrage hin äußerte sich VW zu dem Vergleichsvorschlag bislang nicht.
27.02.2018 Schon im Sommer wird es wahrscheinlich Fahrverbote für Autos mit Dieselmotoren und hohem Stickoxidausstoß geben. Das Bundesverwaltungsgericht hat soeben den Weg frei gemacht für die Verschärfung von Luftreinhalteplänen und der Verhängung von Fahrverboten durch die örtlichen Straßenverkehrsbehörden. Einzelheiten sind noch nicht bekannt. test.de liefert Antworten zu den wichtigsten Fragen.
26.02.2018 Der ADAC ist davon überzeugt: Es gibt zur Vermeidung von Fahrverboten keine Alternative zur Nachrüstung von Autos mit Euro 5-Dieselmotoren mit zusätzlicher Technik zur Abgasreinigung. Seine Tests zeigen: Das reduziert den Stickoxid-Ausstoß um 70 bis 90 Prozent. Kosten je Auto: 1 400 bis 3 300 Euro. Mehr zum Thema und zu den Testergebnissen direkt beim ADAC.
09.02.2018 Nach Ansicht des Kraftfahrt-Bundesamtes funktioniert die Abgasreinigung bei BMW-Turbodieselmotoren entgegen der Vorwürfe der Deutschen Umwelthilfe (DUH, s. u. unter 05.12.2017) korrekt. Einzelheiten dazu bei Spiegel Online.
09.02.2018 Wieder hat der VW-Konzern in letzter Minute ein Oberlandesgerichtsurteil verhindert. Das berichtet die GDVI Verbraucherhilfe GmbH. Dem Bericht zufolge überwies ein Autohaus der Klägerin einfach die von Ihr geforderte Summe einschließlich es außergerichtlich an die Rechtsanwälte gezahlten Honorars. Das Klageverfahren erledigt sich damit; ein Urteil des Oberlandesgerichts wird es nicht mehr geben. Zumindest vorerst kann die Klägerin gleichzeitig auch ihr Skandalauto behalten. Bei Verurteilung des Händlers zur Kaufpreiserstattung hätte sie es sofort zurückgeben müssen.
07.02.2018 In der soweit bekannt aktuell größten Skandalauto-Klage sind die Anwälte der Autobesitzer der Meinung: Die zuständige Richterin am Landgericht Braunschweig ist befangen. Sie verteidige den Autokonzern gegen die Klage, ohne dass dieser selbst sich überhaupt schon zur Klage geäußert habe, schimpfte Rechtsanwalt Christoph Rother, Chef der Berliner Niederlassung der US-Kanzlei Hausfeld Rechtsanwälte gegenüber Spiegel online. Sie vertritt die Klage des Prozessfinanzierers Myright.de. Diesem Unternehmen haben insgesamt rund 30 000 Besitzer von Skandalautos aus dem VW-Konzern ihre Rechte abgetreten. test.de hatte das myright.de-Angebot als fair beurteilt. In dem Verfahren in Braunschweig geht es um die Schadenersatzforderungen von rund 15 000 Menschen. Die Richterin hat jetzt Zweifel daran geäußert, ob die Abtretung wirksam ist. Dabei hat VW das – bisher jedenfalls – noch gar nicht bestritten. Weitere Einzelheiten zum Verfahren in Braunschweig bei Spiegel online.
07.02.2018 Der ADAC Rechtsschutz weist Vorwürfe zurück, wonach er die Deckung für den Streit um Porsche Macan mit TDI-Motoren generell verweigere (s. u., 02.02.2018). Seit sich der Verdacht, dass auch bei diesen Motoren die Abgasreinigung nur im Prüfstand korrekt funktioniere, verdichtet habe, gebe das Unternehmen auch für Streitigkeiten um Porsche Macan Rechtsschutz. Generell gilt laut Unternehmenssprecher Jochen Oesterle: Der ADAC Rechtschutz zahle im Zusammenhang mit dem Abgasskandal sofort anwaltliche Beratung, behalte sich aber in jedem Einzelfall ausdrücklich die Prüfung der Erfolgsaussichten eines gerichtlichen Verfahrens vor. Allein die Frage, welche Motoren vom Skandal betroffen sind, bedürfe einer genauen Prüfung in Bezug auf die Erfolgsaussichten. Maßgeblich seien dabei fundierte belastbare Feststellungen, unter anderem des Kraftfahrt-Bundesamtes. test.de hält das allerdings für unzureichend. Erfolgaussichten haben Klagen gegen Autohersteller aus Sicht von Verbraucherschützern und -anwälten nicht erst, wenn die unzulässige Abschaltung oder Reduktion der Abgasreinigung feststeht, sondern bereits dann, wenn der Verdacht besteht.
02.02.2018 Für test.de nicht nachvollziehbar: Die ADAC-Rechtsschutzversicherung weigert sich, Besitzern von Porsche Macan mit TDI-Motor Klagen gegen den Händler und den Hersteller zu finanzieren. Nachdem Porsche die Wagen auf Druck des Kraftfahrt-Bundesamtes zurückgerufen hat, um eine neue Motorsteuerung zu installieren, hält test.de für sicher: Auch bei diesem Motor schaltet die Motorsteuerung die Reinigung der Abgase vor allem von Stickoxiden ab oder reduziert sie, wenn die Autos nicht im Prüfstand stehen, sondern im Straßenverkehr unterwegs sind. Nach Auffassung ganz vieler Zivilgerichte begründet das die Sachmangelhaftung der Händler und Schadenersatzansprüche gegen de Hersteller. Gleichwohl will die ADAC-Rechtsschutzversicherung für solche Streitigkeiten nicht zahlen, weil Klagen angeblich keine Aussicht auf Erfolg haben, berichtet Rechtsanwalt Dr. Ralf Stoll. Wie sie darauf kommt, ist unklar; die Nachfrage von test.de zu Dr. Stolls Vorwürfen beantwortete das Unternehmen bislang nicht. Dr. Stoll empfiehlt betroffenen Mandanten, Klage gegen die Versicherung zu erheben. Erste Urteile stünden bevor, kündigte der Rechtsanwalt aus Lahr an. test.de wird weiter berichten und Verurteilungen der ADAC- und anderer Rechtsschutzversicherungen in der Urteilsliste nennen.
30.01.2018 Wahnsinn: Die 3. und die 11. Kammer des Landgerichts Braunschweig verhandeln im Februar 52 VW-Skandal-Fälle (!). Das teilt die Pressestelle des Gerichts mit. Das Gericht ist für direkt gegen VW gerichtete Klagen zuständig. Sehr erfolgreich waren Kläger beim VW-Heimgericht bisher nicht. test.de kennt nur vier verbraucherfreundliche Urteile zum Rücktritt zum Kaufvertrag. Eine Verurteilung von VW zum Schadenersatz gab‘s in Braunschweig noch gar nicht.
30.01.2018 Das Verwaltungsgericht München hat gestern eine Zwangsgeld in Höhe von 4 000 Euro gegen die Landesregierung verhängt und eine weiteres angedroht. Es hatte bereits im Jahr 2012 auf eine Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) hin geurteilt: Der Luftreinhalteplan für das gesamte Münchener Stadtgebiet ist so verschärfen, dass die Grenzwerte für die Belastung mit Feinstaub und Stickoxid eingehalten werden. Das Urteil wurde rechtskräftig, nachdem das Oberverwaltungsgericht die Berufung für aussichtslos gehalten und das Land sie daraufhin zurückgenommen hatte. Als immer noch nichts geschah und die Schadstoffbelastung an den Messstellen in München kaum sank, beantragte die DUH, das Urteil zu vollstrecken und eine Zwangsgeld oder sogar Ordnungshaft für die zuständige Umweltministerin zu verhängen. Die Verhaftung der Ministerin lehnte das Gericht ab, doch das Zwangsgeld verhängte es. Die Behörden müssen die Verurteilung zur Verschärfung des Luftreinhalteplans endlich umsetzen, erklärten die Richter. Da eine großer Teil der Stickoxide in Großstädten aus Dieselmotoren kommt, müssen jetzt Maßnahmen gegen solche Autos ergriffen werden. Offen ist noch, ob stundenweise Sperrungen einzelner Straßenabschnitte für Autos, Liefer- und Lastwagen mit Dieselmotoren ausreichen oder ob und für welche Gebiete regelrechte Fahrverbote zu verhängen sind. Details zum Rechtsstreit in der Pressemitteilung der DUH.
Die DUH hat zahlreiche weitere Städte verklagt. Am Donnerstag, 22. Februar, verhandelt das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig über die Verpflichtung zur Verschärfung des Luftreinehalteplans für Stuttgart. Auch dort ist nicht erkennbar, wie der Grenzwert für Stickoxid ohne Fahrverbote für Diesel-Autos und Lastwagen eingehalten werden kann.
Zum Luftreinhalteplan:
Verwaltungsgericht München, Urteil vom 09.10.2012
Aktenzeichen: M 1 K 12.1046
Zur Vollstreckung:
Verwaltungsgericht München, Beschluss vom 29.01.2018
Aktenzeichen: M 19 X 17.5464
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 27.02.2017
Aktenzeichen: 22 C 16.1427
Verwaltungsgericht München, Beschluss vom 21.06.2016
Aktenzeichen: M 1 V 15.5203
29.01.2018 Die Bayerische Polizei hat ihre in den VW-Skandal verwickelten Einsatzfahrzeuge doch noch nachrüsten lassen. „Mittlerweile konnten wir uns mit der VW AG über die Abwicklung der Rückrufaktion einigen“, erklärte Michael Siefener, Sprecher des bayerischen Innenministeriums gegenüber test.de. Die meisten Skandal-Autos im Polizeidienst seien bereits nachgerüstet, einige wenige Wagen erhalten in den nächsten Tagen die geänderte Motorsteuerung von VW, berichtete er. Das bayerische Innenministerium hatte zunächst erklärt, die Polizei-Autos würden zunächst keine neue Motorsteuerung erhalten. Man befürchtete, dass die Haltbarkeit der Motoren unter der Maßnahme leiden könnte (s. u., 22.02.2017).
29.01.2018 Skandal im Skandal: Um die Harmlosigkeit der Abgase ihrer Dieselmotoren zu beweisen, hat VW in den USA Tierversuche unternommen. Zehn Affen mussten dafür die Abgase eine VW Beetle TDI einatmen. Offenbar wurden sogar an Menschen Versuche unternommen. VW hat sich inzwischen für die Versuche entschuldigt, andere Autohersteller gingen empört auf Distanz. Details dazu auf süddeutsche.de.
29.01.2018 Porsche muss etliche Tausend Geländewagen vom Typ Macan in die Werkstätten zurückrufen. Zwar initiierte der Sportwagen-Hersteller selbst den Rückruf. Das Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg hätte den Rückruf aber offenbar angeordnet, wenn Porsche nicht von sich aus aktiv geworden wäre. Es geht um 14 000 Autos in Deutschland und 51 500 Fahrzeuge in Europa. Porsche will die Besitzer der betroffenen Autos anschreiben, sobald das Kraftfahrt-Bundesamt die geänderte Motorsteuerung freigegeben hat. Einzelheiten zum Rückruf bei Spiegel Online.
26.01.2018 Das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf von Mittwoch (s. u., 24.01.2018) stellt Verwaltungsrechtler vor Rätsel. Die schriftliche Urteilsbegründung liegt noch nicht vor. Laut Pressemitteilung des Gerichts hat die 6. Kammer die Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) für unzulässig und unbegründet gehalten.
Bei der Zulässigkeit sind deutsche Verwaltungsgerichte traditionell streng. Kläger dürfen nur eigene Rechte geltend machen. Die europäischen Gerichte haben aber inzwischen wiederholt Umweltschutzverbänden das Recht zugesprochen, Behörden gerichtlich zu verschärften Umweltschutz und Maßnahmen im Einzelfall zu zwingen, erklärte DUH-Anwalt Remo Klinger.
Im Übrigen scheinen die Verwaltungsrichter der 6. Kammer in Düsseldorf soweit aus der Pressemitteilung erkennbar der Auffassung zu sein, dass die Skandalautos der EU-Typgenehmigung trotz der Abschaltung der Abgasreinigung im normalen Fahrbetrieb entsprechen. Da ist selbst das ausgesprochen herstellerfreundliche Kraftfahrt-Bundesamt anderer Meinung. Wenn allerdings Autos der EU-Typgenehmigung nicht entsprechen, spricht viel dafür, dass die Betriebserlaubnis nicht gilt. Sie erlischt nach einer Vorschrift in der Straßenverkehrszulassungsordnung jedenfalls dann sofort, wenn die Motorsteuerung nachträglich - etwa durch das sogenannte Chip-Tuning - geändert wird und der Wagen mehr Schadstoffe ausstößt. Es kann dann eigentlich nichts anderes gelten, wenn Autos ab Werk im Fahrbetrieb die im Prüfstand aktive Abgasreinigung reduzieren oder gar ganz abschalten.
Die DUH strebt jetzt eine so genannte Sprungrevision an. Dann würde der Fall sofort vor das Bundesverwaltungsgericht kommen. Voraussetzung ist, dass die Stadt Düsseldorf zustimmt. Verweigert sie die Zustimmung zur Sprungrevision, bleibt der DUH nur, Berufung einzulegen. Für die ist das Oberverwaltungsgericht in Münster zuständig.
24.01.2018 Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat entschieden: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat kein Recht dazu, die Behörden zu zwingen, Skandalautos aus dem Verkehr zu ziehen. Sie wies die Klage des Verbandes als unzulässig ab. Sie sei aber auch unbegründet, teilte das Gericht mit. Wörtlich heißt es in der Pressemitteilung: „Nach dem EU-Kfz-Zulassungsrecht komme es nur darauf an, die Grenzwerte auf dem Rollenprüfstand einzuhalten. Der Abgasausstoß auf der Straße sei zulassungsrechtlich unerheblich. Dabei obliege es den Straßenverkehrszulassungsbehörden festzulegen, bis wann Fahrzeuge, die noch kein Softwareupdate enthalten hätten, spätestens nachzurüsten seien.“ Genau so hatte VW argumentiert. Das war bei Politikern und Behörden auf Empörung gestoßen. Sie meinen: Auf keinen Fall durfte die Motorsteuerung die Abgasreinigung abschalten, wenn sie im Straßenverkehr unterwegs sind.
Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 24.01.2018
Aktenzeichen: 6 K 12341/17 (nicht rechtskräftig, die Berufung ist zugelassen)
22.01.2018 Jetzt kommt gleich an mehreren Stellen neue Bewegung in den VW-Skandal:
- Ein von der Bundesregierung in Auftrag gegebenes Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass eine Nachrüstung von Skandalautos auch mit veränderten Bauteilen geeignet ist, den Stickoxid-Ausstoß stärker zu verringern, als es bloße Software-Updates können. Kosten je Auto allerdings: Ungefähr 2 500 Euro. Zwingt die Bundesregierung VW und andere Hersteller dazu, solche Nachrüstungen vorzunehmen, führt das dementsprechend zu Kosten von etlichen Milliarden Euro. Allein für die Nachrüstung der 2,5 Millionen VW-Skandal-Autos sind auf der Grundlage des Regierungsgutachtens Teile und Arbeit im Wert von deutlich über sechs Milliarden Euro nötig. Selbst mit einer solchen Nachrüstung werden Euro-5-Diesel aber wohl nicht wirklich zukunftssicher und bleiben hinter dem Niveau von Euro6 und erst recht Euro6d zurück. Details zum Gutachten bei Spiegel-Online.
- Gleichzeitig wurde bekannt: Das Kraftfahrbundesamt ordnet den Rückruf zahlreicher Modelle von Audi mit V6-TDI-Motoren an. 130 000 Autos sind übereinstimmenden Berichten zu Folge betroffen. Offenbar aktiviert bei diesen Motoren die Steuerung die Abgasreinigung in der Warmlaufphase in der Regel nur bei Prüfstandversuchen, während die Motoren im Fahrbetrieb viel mehr Stickoxid ausstoßen. Besitzer solcher Autos dürften den Händlern gegenüber in den ersten zwei Jahren ab Übergabe des Autos die gleichen Rechte haben wie solche von VW-Skandalautos sonst auch. Wegen Schadenersatzforderungen gegen den Hersteller wird es darauf ankommen, ob auch diese Abschaltung der Abgasreinigung als absichtliche Manipulation zu Lasten der Umwelt erscheint. Pikant: Es geht auch um die Luxus-Modelle von Audi, mit denen Regierungsbeamte und Spitzenpolitiker gern unterwegs sind. Details dazu bei Spiegel Online.
- Bedrohlich für Fahrer von Skandal-Autos: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) zieht gegen verschiedene Städte vor Gericht, weil sie Autos mit illegaler Motorsteuerung stillgelegt wissen will. Bei Veränderung von Autos, die zu einer Erhöhung des Schadstoff-Ausstoßes führt, erlischt die Zulassung des Autos nach der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) von Gesetzes wegen, argumentiert DUH-Anwalt Remo Klinger. Die Behörden sind dann in der Pflicht, sie sofort aus dem Verkehr zu ziehen. Es könne dann nichts anderes gelten, wenn Autos von Anfang an nicht der Typgenehmigung entsprechen. test.de hält das Argument für überzeugend. Die strenge Regelung in der StVZO ist eigentlich für Fälle gedacht, in denen die Besitzer von Autos nachträglich Änderungen vornehmen, um zum Beispiel die Leistung des Motors zu steigern. Es ist aber kein überzeugender Grund erkennbar, wieso das nicht gelten soll, wenn Autos wegen der Abschaltung der Abgasreinigung im Fahrbetrieb schon ab Werk nicht der Typgenehmigung entsprechen. Bereits am kommenden Mittwoch verhandelt das Verwaltungsgericht in Düsseldorf über eine solche Klage der DUH. Details zu den DUH-Klagen im Bericht der Welt zum Thema.
- Am Donnerstag, 22. Februar, schließlich verhandelt das Bundesverwaltungsgericht über eine Klage der DUH auf Verabschiedung eines verschärften Luftreinhalteplans mit Diesel-Fahrverboten für Düsseldorf. Das Verwaltungsgericht dort hatte die Behörden entsprechend der gesetzlichen Vorschriften in der Pflicht gesehen, wirksam einzuschreiten, wenn regelmäßig Überschreitungen der Stickoxidwerte in der Luft gemessen werden. Der größte Teil des Stickoxids kommt aus modernen Dieselmotoren, in denen bei der Verbrennung ein sehr viel höherer Druck herrscht als in Benzin-Motoren zum Beispiel. Laut DUH ist die Einhaltung der Stickoxid-Werte nur zu erreichen, wenn Fahrverbote für Autos, Liefer- und Lastwagen mit Dieselmotoren verhängt werden. Einzelheiten in der Ankündigung des Verhandlungstermins.
12.01.2018 Jetzt kommt es ganz dick für den VW-Konzern und seine Händler: Das Oberlandesgericht Hamm hält Klagen gegen Händler auf Erstattung des Kaufpreises für Skandalautos auch dann für begründet, wenn der Autokäufer dem Händler keine Frist zur Nachbesserung gesetzt hat. Sich auf diese Nachbesserung einzulassen, sei unzumutbar. Die Richter im 28. Senat des Gerichts gehen damit noch weiter als die am Oberlandesgericht Köln, die kurz vor Weihnachten einen gestern bekannt gewordenen verbraucherfreundlichen Hinweisbeschluss gefasst haben (s. u., 11.01.2018).
Ganz ungewöhnlich: Gerichtssprecher Christian Nubbemeyer berichtet in einer Pressemitteilung ausführlich über die in der mündlichen Verhandlungen erörterten vorläufigen Rechtsauffassungen des Gerichts. Eine solche Pressemitteilung ist test.de bislang noch nie untergekommen. Mutmaßlicher Hintergrund: In zahlreichen VW-Skandalfällen boten der Autokonzern und seine Händler in Berufungsverfahren vor den Oberlandesgerichten Skandalautobesitzern viel Geld, sobald sich abzeichnete, dass das Oberlandesgericht zugunsten der Autobesitzer entscheiden will. Wenn der Autobesitzer das annimmt, endet das Verfahren ohne Urteil, auf das sich andere Skandalautobesitzer berufen könnten.
Offenbar wollte das Oberlandesgericht verhindern, dass seine Rechtsauffassung erneut nicht publik wird. Immerhin: Das Oberlandesgericht Hamm hielt es anders als das in Köln für nötig, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Sehen die Richter dort eine grundsätzliche Bedeutung der Sache, würden sie die Revision zum Bundesgerichtshof in Karlsruhe zulassen. Laut VW haben bisher die Mehrzahl der Gerichte zugunsten des Autokonzerns entschieden und die Klagen von Skandalautobesitzern abgewiesen. Letztlich hängt vom Bundesgerichtshof ab, wie der Rechtsstreit um die meisten Skandalautos ausgehen wird.
Oberlandesgericht Hamm: Pressemitteilung vom 11.01.2018
11.01.2018 Das könnte der Durchbruch sein im Streit um die Sachmangelhaftung der Händler wegen des Verkaufs von Skandalautos: Das Oberlandesgericht Köln will die Berufung eines VW-Vertragshändlers gegen die Verurteilung, den für einen VW Beetle 1.6 TDI gezahlten Kaufpreis abzüglichen einer Nutzungsentschädigung zu erstatten, durch einstimmigen Beschluss zurückweisen. Mit anderen Worten: Die drei Oberlandesrichter im für die Entscheidung zuständigen 18. Senat des Gerichts sind der Meinung: Skandalautos sind erheblich mangelhaft, so dass der Rücktritt vom Kaufvertrag wirksam und der Kaufpreis zu erstatten ist — zumindest wenn es dem Händler nicht gelingt, rechtzeitig alle Mängel zu beseitigen.
Der VW-Argumentation, wonach kein erheblicher Mangel vorliege, erteilten die Richter in ihrem ausführlich begründeten Beschluss eine Absage. Die Vortäuschung einer korrekten Abgasreinigung im Fahrbetrieb gefährde die Zulassung und führe daher unabhängig von den Kosten der Nachrüstung zu einem erheblichen Mangel. Nach Ansicht der Oberlandesrichter in Köln ist das rechtlich eindeutig. Die Berufung sei daher per Beschluss zurückzuweisen. Eine Zulassung der Revision zum Bundesgerichtshof ist damit ebenfalls ausgeschlossen.
Außerdem steht fest: Soweit Landgerichte im Bezirk des Oberlandesgerichts Köln Klagen in gleich gelagerten VW-Skandalfällen abgewiesen haben, wird das Oberlandesgericht diese Urteile auf die Berufung der Betroffenen hin abändern — ein juristisches Desaster für den VW-Konzern.
Oberlandesgericht Köln, (Hinweis-)Beschluss vom 20.12.2017
Aktenzeichen: 18 U 112/17
Klägerinvertreter: Rechtsanwalt Hans-Joachim Poick aus der Kanzlei Hack und Jobs, Eschweiler
10.01.2018 Rund 180 000 VW-Käufer in der Schweiz sind ebenfalls vom VW-Skandal betroffen. Rund 2000 davon aus dem Westen der Alpenrepublik beteiligen sich jetzt über die Schweizer Verbraucherschutzorganisation Fédération romande des consommateurs (FRC) an der MyRight-Klage gegen Volkswagen. Die Rechte der Schweizer sollen wie die von rund 20 000 Deutschen über eine gesammelte Klageerhebung am Landgericht Braunschweig zur Geltung kommen. „Dieser erste zivilrechtliche Prozess ist für uns extrem wichtig. Dies stellt einen echten Druck auf den VW-Konzern dar, der im Gegensatz zu den in den Vereinigten Staaten getroffenen Vereinbarungen derzeit in Europa auf keine Forderungen von Verbrauchern eingeht“, sagt Sophie Michaud Gigon, Generalsekretärin der FRC.
Der FRC steht das Legal-Tech-Unternehmen myRight als Partner zur Seite. Die Schweizer Forderungen werden wie die vieler Deutscher Opfer des VW-Skandals über die Online-Plattform myRight.de gebündelt. Die deutsche Niederlassung der US-amerikanischen Anwaltskanzlei Hausfeld vertritt die Betroffenen vor Gericht. „Den Besitzern von Autos mit Betrugssoftware steht auch in der Schweiz zivilrechtlicher Schadenersatz zu“, sagt Christopher Rother, Hausfelds Partner in Deutschland .
International haben inzwischen mehr als 40 000 Kunden des VW-Konzerns ihre Ansprüche an myRight abgetreten. „Mit dieser Klage zeigen wir, dass Kunden in ganz Europa die Möglichkeit haben, ihre Interessen gegen den VW-Konzern durchzusetzen“, sagt Jan-Eike Andresen, Leiter der Rechtsabteilung bei myRight. „Wir sind stolz darauf, als Partner von Verbraucherverbänden unseren Beitrag dazu zu leisten, dass VW-Kunden europaweit ihr Recht bekommen“, ergänzt er.
19.12.2017 Erstmals sind offenbar von VW autorisierte Informationen darüber aufgetaucht, wie die nach Bekanntwerden des VW-Skandals geänderte Motorsteuerung funktioniert. Nach Informationen des Internetportals motor-talk.de wird der Diesel mit höherem Druck und gestaffelt in den Zylinder eingespritzt. Außerdem wird das Ventil für die Abgasrückführung anders gesteuert als bisher. Durch die Rückführung von unbrennbarem Abgas in den sonst nur mit einem Luft-Diesel-Gemisch gefüllten Zylinder sinken Temperatur und Druck im Brennraum und entsteht dadurch weniger Stickoxid.
Bei den Autos mit Ad-Blue erhöhte VW außerdem die Einspritzmenge des Additivs. Nachteil vor allem der geänderten Kraftstoffeinspritzung: Es entsteht mehr Russ als bisher. Der lagert sich im Partikelfilter ab und muss der daher öfter als bisher mit etwas Extra-Kraftstoff gezielt freigebrannt werden. Außerdem schließen und öffnen die Ventile für die Kraftstoffeinspritzung häufiger als bisher und müssen dem erhöhten Kraftstoffdruck standhalten.
Noch interessant: Konzernweit mussten die VW-Ingenieure 750 Varianten der Motorsteuerung überarbeiten und testen; laut Motortalk testete VW die neue Motorsteuerung allein für die Marke VW mit 223 Testwagen. Einzelheiten direkt bei Motor-talk.de. Wie so VW nicht selbst detailliert über die neue Motorsteuerung informiert, blieb unklar.
Pikant: Nach Berichten von test.de-Lesern waren auf der auf das Unternehmen Volkswagen Automobile Leipzig registrierten Seite www.vw-update.de vorübergehend ebenfalls weiterführende Informationen zum VW-Update online. Aus denen ergab sich unter anderem: Auch die neue Motorsteuerung enthält einen Prüfstandmodus. Wörtlich hieß es auf der aktuell nur über den Google-Webcache noch bruchstückhaft erreichbaren Seite: „Was bewirkt die Abschalt-Software? Hier erfahren Sie, wieso auf dem Prüfstand im Fahrzeug ein spezieller Prüfstand-Modus aktiviert wird, der zur Prüfung von Abgaswerten ein vorgegebenes Profil abruft.“
19.12.2017 Jetzt zieht auch der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) wegen des VW-Skandals vor Gericht. Der Käufer eines Skandalautos hat den Verbraucherschützern seine Ansprüche gegen einen Autohändler abgetreten. Der vzbv klagt jetzt vor dem Landgericht Bremen auf Erstattung des Kaufpreises. Zentrales Argument der Verbraucherschützer: VW Händler müssen ihren Kunden garantieren, dass durch die neue Motorsteuerung keine Folgeschäden auftreten. Tut der Händler das nicht, darf der Käufer des Autos vom Kaufvertrag zurücktreten. Weitere Details zum Verfahren in der Pressemitteilung des vzbv zum Fall.
05.12.2017 BMW-Diesel galten bisher als vergleichsweise sauber. Doch selbst bei ihnen ist die Motorsteuerung zweifelhaft. Die TV-Sendung ZDF Wiso berichtete gestern über aufwendige Messungen an einem BMW 320d von 2016, angeblich schadstoffarm nach Euro 6. Ein Motorexperte, Techniker der deutschen Urnwelthilfe (DUH) und Ingenieure des Tüv Nord kommen zum Ergebnis: Auch der BMW stößt im normalen Fahrbetrieb im Vergleich zu den Grenzwerten so viel mehr Stickoxid aus, dass auch bei ihm der Verdacht naheliegt: Unter bestimmten Bedingungen schaltet die Motorsteuerung die Abgasreinigung ab.
Bei mehr als 3500 Umdrehungen und 200 Newtonmeter Drehmoment stiegen die Stickoxidwerte im Abgas dramatisch an. Auf dem Prüfstand hält der Wagen die Grenzwerte unter Normbedingungen ein und überschreitet sie leicht, wenn die Bedingungen stimmen. Wird der für die Prüfung maßgebliche Neue Europäische Fahrzyklus (NEFZ) nachgefahren, ist die Abgasreinigung offenbar vorschriftsmäßig in Betrieb; jedenfalls liegen die Stickoxid-Werte nur geringfügig über strengen Euro6-Grenzwerten. Wird allerdings die Geschwindigkeit um nur zehn Prozent erhöht, steigt der Stickoxid-Ausstoß deutlich an. BMW beteuerte: Es gebe keine unzulässige Abschalteinrichtung. Die Motorsteuerung entspreche den gesetzlichen Vorgaben. Das Kraftfahrtbundesamt beantwortete Fragen der Wiso-Redaktion erst gar nicht.
04.12.2017 Erneut ein spektakulärer Erfolg für die Deutsche Umwelthilfe (DUH): Das Verwaltungsgericht Berlin verurteilte das Bundesverkehrsministerium dazu, dem Verein Einsicht in die Unterlagen zum VW-Skandal von September und Oktober 2015 zu gewähren. Es geht um die Korrespondenz mit anderen Ministerien, Kontakte zu den Autokonzernen, Besprechungsprotokolle und andere Unterlagen. Grundlage für die Forderung ist das Umweltinformationsgesetz. Allerdings: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts unter Vorsitz von Gerichtspräsidentin Erna Viktoria Xalter ließ die Berufung zu. Das Ministerium hatte zuletzt noch versucht, das Gericht zur Beiladung von 15 Unternehmen aus der Automobilindustrie zu zwingen. Das hätte das Verfahren zumindest um Monate verzögert. Doch das Gericht wies den Antrag ab und das Oberverwaltungsgericht bestätigte die Entscheidung, nachdem das Ministerium sich dort beschwert hatte. Weitere Einzelheiten in der Pressemitteilung der DUH.
Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 01.12.2017
Aktenzeichen: 2 K 288.16
Klägervertreter: Rechtsanwalt Prof. Dr. Remo Klinger, Berlin
09.11.2017 Rechtsanwalt Dr. Ralf Stoll berichtet: Das Oberlandesgericht Oldenburg hat Zweifel daran geäußert, ob die neue Motorsteuerung für VW-Dieselmotoren ausreicht, um alle Mängel der Autos zu beseitigen. In einer Verfügung zur Vorbereitung einer Verhandlung am Dienstag, 12. Dezember, heißt es wörtlich: „Der Senat teilt die Bedenken des Klägers, dass eine Nacherfüllung durch ein Software-Update möglich ist. (...) Selbst wenn durch das Software-Update der Stickoxidausstoß reduziert werden kann und die (versprochenen) Stickoxid-Grenzwerte eingehalten werden, bestehen Zweifel, dass dies nicht mit Folgeschäden (höherer Partikelausstoß, höherer Verbrauch oder geringere Motorleistung) verbunden ist.“ Ähnlich hatte sich bereits das Oberlandesgericht München geäußert (s. u., 29.06.2017). Ob es in dem Verfahren jetzt noch ein Urteil geben wird, ist offen. Viele Verhandlungstermine vor Oberlandesgerichten wurden in letzter Minute abgesagt, nachdem VW offensichtlich den Klägern jeweils viel Geld geboten hat, als sich eine verbraucherfreundliche Grundsatzentscheidung abzeichnete.
09.11.2017 Einer Umfrage unserer österreichischen Partnerorganisation Verein für Konsumenteninformation (VKI) zufolge macht die bei der Nachrüstung installierte geänderte Motorsteuerung für VW-Dieselmotoren entgegen der Darstellung von VW doch häufig Schwierigkeiten. 3 600 von 9 000 VW-Besitzern, die das Update durchführen ließen, berichteten laut VKI von Schwierigkeiten. In 1 800 Fällen beklagten sie erhöhten Dieselverbrauch, 1 400 Leistungsmängel in bestimmten Drehzahlbereichen, 1 000 Probleme beim Beschleunigen, 650 Probleme mit der Abgasrückführung und knapp 500 meldeten erhöhte Rußbildung. Alle Einzelheiten direkt beim VKI.
06.11.2017 Myright.de hat heute wegen der Schadenersatzforderungen von zunächst 15 374 Besitzer von Skandalautos Klage beim Landgericht Braunschweig eingereicht. Die Besitzer der Autos hatte ihre Forderungen gegen VW an das Unternehmen abgetreten. Jetzt klagt das Unternehmen gegen VW auf Zahlung von zunächst insgesamt rund 350 Millionen Euro Schadenersatz. Hat die Klage Erfolg, behält das Unternehmen 35 Prozent des Geldes als Provision. Geht die Klage verloren, müssen myright.de-Kunden nichts zahlen. Insgesamt haben nach Darstellung von Myright.de selbst über 35 000 Skandal-Auto-Besitzer ihre Forderungen gegen VW ans Unternehmen abgetreten. Auch die übrigen Fälle will Myright.de sortiert nach Autotyp oder Modell gerichtlich geltend machen.
06.11.2017 Audi ruft europaweit rund 5 000 Autos vom Typ A8 mit Turbodiesel-Motor zum Software-Update in die Werkstätten. Die zwischen September 2013 und August 2017 produzierten Autos stoßen bis zu 2000 Milligramm Stickoxid pro Kilometer aus. Erlaubt sind 80. Das berichtet Spiegel Online. Pikant: Es handelt sich um das über 80 000 Euro teure und 420 PS starke Spitzenmodell des Autoherstellers. Viele Spitzenpolitiker und Regierungsbeamte nutzen es als Dienstwagen.
06.11.2017 Die Arag steht kurz davor, weitere Rechtsstreitigkeiten um die Pflicht zur Deckung der Kosten für VW-Skandal-Fälle zu verlieren. Die Oberlandesgerichte Schleswig, Hamm, München und Schleswig haben darauf hingewiesen, dass die die Berufung des Versicherers gegen Verurteilungen für aussichtslos halten. Insbesondere muss die Arag für so genannte Stichentscheide auch dann zahlen, wenn der Versicherer sie für mangelhaft gehalten hatte. Stichentscheide sind zum Teil sehr aufwendig begründete Stellungnahmen von Rechtsanwälten. Thema sind vor allem die Erfolgsaussichten von Klagen.
27.10.2017 Rechtsanwalt Dr. Ralf Stoll berichtet: Soweit bekannt erstmals überhaupt hat eine Zulassungsbehörde den Betrieb eines Skandalautos untersagt – aber nur kurz. Der Landkreis Euskirchen schrieb an den Besitzer eines VW Amarok: Das Kraftfahrtbundesamt habe mitgeteilt, dass er den Wagen nicht habe nachrüsten lassen. Er dürfe ihn ab sofort nicht nutzen. Gleichzeitig erklärte die Behörde die Regelung für sofort vollziehbar. Allerdings hob sie die gesamte Verfügung wieder auf, nachdem die Rechtsanwälte des Mannes interveniert hatten. Die Betriebsuntersagung sei schon deshalb rechtswidrig, weil dann die Gerichte im Rechtsstreit mit VW nicht mehr klären können, ob der Wagen wie vom Kläger behauptet mangelhaft sei.
Unterdessen halten Verwaltungsrechtler solche Betriebsuntersagungen für rechtmäßig. So schreibt Richter am Verwaltungsgericht München Felix Koehl in der Zeitschrift „Deutsches Autorecht“: Maßnahmen von Zulassungsbehörden seien mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtmäßig. Er empfehle Skandal-Autobesitzern, vom Kraftfahrbundesamt angeordnete Nachrüstungen vornehmen zu lassen. Die Argumentation bedeutet aber eigentlich auch: Die Zulassung der nicht der Typzulassung entsprechenden Autos ist entgegen der Ansicht der Behörden ohnehin von Gesetzes wegen unwirksam. Laut Straßenverkehrszulassungsordnung erlischt die Zulassung, wenn Autos gegenüber dem zugelassenen Typ verändert werden. Das muss nach Auffassung von test.de erst recht gelten, wenn sie der Typzulassung von Anfang an nicht entsprochen haben.
27.10.2017 Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat sich vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf gegen die Volkswagen AG durchgesetzt. Das Landgericht in Düsseldorf hatte den Umweltschützern auf Antrag des Konzerns zehn kritische Äußerungen zum überhöhten Ausstoß von Stickoxiden durch Skandalautos untersagt. Diese Entscheidung hat das Oberlandesgericht in Düsseldorf jetzt aufgehoben. Insbesondere dürfe die DUH die Meinung äußern, dass auch die neue Motorsteuerung den Umweltvorschriften nicht genüge, nachdem Messungen des Vereins ergeben hatten, dass die Abgase eines nachgerüsteten VW Golf VI Variant 1.6 TDI Euro5 im normalen Fahrbetrieb 602 und nicht nur die zulässigen 180 Milligramm Stickoxid je Kilometer Fahrt enthielten. Zahlreiche weitere Einzelheiten in der Pressemitteilung der DUH.
26.10.2017 Wieder sagt das Oberlandesgericht Braunschweig einen Tag vor dem Termin eine mündliche Verhandlung zum VW-Skandal ab. Der Kläger habe die Berufung gegen die Klageabweisung durch Landgericht zurückgenommen, teile die Pressestelle des Gerichts mit. Tags zuvor hatten die VW-Anwälte bereits angekündigt, dass die Rücknahme der Berufung kommt. Es ging um zwei VW Caddy, die der Kläger direkt bei VW gekauft hatte. test.de fragte bei Rechtsanwalt Stephan Felix von RK Rechtsanwälte in Limburg an der Lahn nach, doch der antwortete nicht. test.de hält jetzt für sicher: Es handelt sich erneut um einen Fall, in dem VW den Kläger großzügig entschädigt hat, um ein verbraucherfreundliches Oberlandesgerichtsurteil zu verhindern.
22.09.2017 Myright.de ruft jetzt das Oberlandesgericht Braunschweig an, nach dem die erste Runde in der Auseinandersetzung des Prozessfinanzierers und Verbraucherinkassounternehmens in der Auseinandersetzung mit der Volkswagen AG an den Autohersteller ging. Das Landgericht Braunschweig hielt die betrügerische Motorsteuerung von VW zwar für eine unzulässige Abschalteinrichtung, die nicht der Typgenehmigung entsprach, wies aber die Schadenersatzklage eines Myright-Kunden gegen den Autohersteller dennoch ab.
Entscheidend aus Sicht der Richter in Braunschweig: Die Vorschriften über die Abgasreinigung dienten dem Umweltschutz und der Allgemeinheit und nicht dem Autobesitzer. Der kann deshalb aus der Verletzung der Vorschriften keine Rechte herleiten (siehe Eintrag 29.06.2017 zur mündlichen Verhandlung).
myRight-Gründer Jan-Eike Andresen ist enttäuscht. „Die Bundeskanzlerin hat im TV-Duell den Abgasskandal auf den Punkt gebracht: Es geht um Betrug am Kunden durch falsche Angaben des Herstellers. Die Empörung der Bundeskanzlerin über diesen Betrug scheint das Landgericht Braunschweig nicht zu teilen. Mit seinem Urteil stellt das Gericht den Konzernen einen Freibrief aus, auch in Zukunft zu tricksen und zu täuschen ohne dem Kunden dafür geradestehen zu müssen“, kommentierte er das Urteil.
14.09.2017 Trotz der langen test.de-Liste mit Urteilen zugunsten von Skandalauto-Besitzern: In den nach wie vor meisten VW-Skandal-Prozessen behalten nach Darstellung von VW bisher das Unternehmen und seine Händler die Oberhand. In rund 75 Prozent der Verfahren, in denen es bisher Urteile gab, seien die Klagen von Autobesitzern abgewiesen worden, erklärte ein VW-Sprecher test.de gegenüber und korrigierte damit von test.de wiedergegebene Berichte, wonach es genau umgekehrt gewesen sei. Frauke Brar, Rechtsanwältin in der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer, die nach eigener Darstellung gut 150 VW-Skandal-Klagen und rund 8 500 Mandanten betreut, sagte der Magdeburger Volksstimme Mitte August: „Die Chancen stehen 50 zu 50“.
07.09.2017 Rogert & Ulbrich Rechtsanwälte berichten: In vier weiteren Fällen haben VW und seine Händler Urteile der Oberlandesgerichte in Hamm, Nürnberg und Celle verhindert, indem sie die Besitzer von Skandalautos vollständig entschädigt haben. Das betraf sogar Fälle, in denen die Klagen der Autobesitzer in erster Instanz gescheitert waren.
In zwei weiteren Verfahren vor dem Oberlandesgericht Celle gibt es vorerst ebenfalls kein Urteil. Dort war eigentlich heute Verhandlungstermin anberaumt. Es ging um Schadenersatz Doch eine Woche vor dem Termin legte der bisherige VW-Anwalt das Mandat nieder. Der neue Anwalt sah sich noch nicht in der Lage, VW vor Gericht zu vertreten und beantragte, den Termin für die beiden Verhandlungen zu verschieben, um ihm Zeit für die Einarbeitung zu verschaffen. So geschah es. Der eine Fall wird jetzt Ende November, der andere sogar erst im Januar verhandelt. Weitere Einzelheiten in der Pressemitteilung der Anwälte.
04.09.2017 Bund und Länder wollen deutlich mehr Geld locker machen, um die hohe Schadstoffbelastung in den Städten zu bekämpfen. Das ist das Ergebnis des zweiten Dieselgipfels im Kanzleramt. Die Bundesregierung kündigt nach dem Treffen mit Vertretern von Städten und Bundesländern an, den Nachhaltigkeitsfonds um weitere 500 Millionen aufzustocken – auf insgesamt eine Milliarde Euro. Mit dem Geld soll zum Beispiel der öffentliche Nahverkehr ausgebaut und der Fahrradverkehr gefördert werden.
24.08.2017 Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) erhöht in der Debatte um Fahrverbote für Dieselfahrzeuge wegen deren hohem Stickoxidausstoß den Druck. Solche Fahrverbote seien ab 2018 in mehr als 60 deutschen Städten zwingend, erklärt DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Zugleich teilt er mit, dass die DUH nun 45 weitere Rechtsverfahren gegen Städte wegen Nichteinhaltung von Grenzwerten für die Luftqualität eingeleitet habe.
23.08.2017 Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) und das Umweltbundesamt haben die Ergebnisse des Dieselgipfels analysiert und eine vernichtende Bilanz gezogen. Durch die Maßnahmen könne die Stickoxidbelastung in den Städten um bis zu sechs Prozent gesenkt werden, sagt Hendricks. Dieser Effekt „reicht nicht aus“, nötig seien auch Hardware-Nachrüstungen. Die „Weigerung der Autoindustrie, sich mit technischen Nachrüstungen zu befassen“, sei für sie „nicht akzeptabel“, sagte Hendricks. Für Hardware-Nachrüstungen seien die Hersteller verantwortlich, sie müssten auch die Kosten dafür tragen. Kaufprämien seien nur dann hilfreich, wenn dann „wirklich saubere Fahrzeuge“ angeschafft würden, etwa Elektroautos, Hybridfahrzeuge oder modernste Diesel wie der Euro 6D. Nur dieser biete eine „langfristig sichere Perspektive.
14.08.2017 Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwälte klagen im Namen des Besitzers eines VW Golf GTD gegen die Bundesrepublik Deutschland auf Schadensersatz wegen Staatshaftung. Die Klage richtet sich gegen das Bundesverkehrsministerium. Dieses und das Kraftfahrtbundesamt hätten die EU-Zulassungsregeln nicht umgesetzt und die Automobilindustrie nicht ausreichend überwacht. Zuständig ist das Landgericht Freiburg. Details zur Klage auf der Homepage der Kanzlei.
14.08.2017 Das Kraftfahrtbundesamt in Flensburg verschickt blaue Briefe an Besitzer von Skandalautos, die ihre Autos bisher nicht haben nachrüsten lassen. Klare Ansage der Beamten in einem Brief an den Besitzer eines VW Amarok: In gut einem Monat übermittelt das Bundesamt die Daten an die örtliche Zulassungsstelle. Und die könne dann weitere Maßnahmen ergreifen und vor allem eine Betriebsuntersagung verhängen. Wann ein solcher Brief kommt, hängt davon ab, wann die Nachrüstung zur Verfügung stand. VW und das KBA gestehen Autobesitzern offenbar 18 Monate zu. Aktuell geht es daher um VW Amarok mit Turbodieselmotor. Für die war die geänderte Motorsteuerung bereits Anfang 2016 fertig geworden.
09.08.2017 Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert die von den deutschen Autoherstellern angebotene Umstiegsprämie für Besitzer älterer Diesel-Pkw. Solange Diesel-Fahrzeuge auf der Straße schmutziger seien als im Labor, sehe er keine Grundlage, den Kauf von Dieselfahrzeugen zu empfehlen, sagt DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch dem Sender Bayern2. „Wir raten ganz dringend ab, einen einzigen der derzeit angeboten Diesel zu kaufen.“
08.08.2017 Eine Woche nach dem Diesel-Gipfel haben fast alle deutschen Autohersteller eine Umstiegsprämie für Besitzer älterer Diesel-Pkw im Angebot. Die Kunden sollen einen Nachlass von 2 000 bis 10 000 Euro beim Kauf eines Neuwagens bekommen. Nach Ford, BMW und Daimler vergangene Woche haben nun auch die Marke VW sowie Volkswagen-Töchter wie Audi, Porsche, Seat und Skoda ihre „Umwelt- und Zukunftsprogramme“ vorgestellt.
08.08.2017 Der Absatz von Dieselkraftstoff ist von 1999 bis 2016 um satte 30 Prozent gestiegen, auch wegen des Steuervorteils. Der tägliche Verbrauch in Deutschland lag im vergangenen Jahr im Schnitt bei 121 Millionen Litern, wie das Statistische Bundesamt mitteilt. Der tägliche Benzinabsatz dagegen ging im selben Zeitraum um 41 Prozent zurück auf durchschnittlich 66 Millionen Liter. Der Anteil von Diesel am Kraftstoffabsatz erreichte damit laut Statistik einen Rekordwert von 65 Prozent im Jahr 2016. Die Steuer für einen Liter Diesel liegt seit 2007 bei 47 Cent, die für einen Liter bleifreies Benzin bei rund 65 Cent.
02.08.2017 Der Dieselgipfel in Berlin sorgt für harsche Kritik bei Umwelt- und Verbraucherverbänden. Sie kritisieren, dass die Politik sich nicht bei den Autoherstellern durchsetzen könne. Verbraucherinteressen seien „einmal mehr ausgebremst“ worden, erklärt Klaus Müller, Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) und verlangt „ein Signal, dass sich Bundesregierung und Wirtschaft für eine Musterfeststellungsklage stark machen“. Auf diese Weise könnten Verbraucher sich zusammenschließen und einfacher gegen Unternehmen klagen.
02.08.2017 Beim Dieselgipfel in Berlin haben die vertretenen Autohersteller laut Verkehrsminister Dobrindt zugesagt, rund 5,3 Millionen Dieselautos, die die Abgasnormen Euro 5 und 6 erfüllen, freiwillig nachzurüsten. Dobrindt kündigt einen 500 Millionen Euro Mobilitätsfonds an, der gemeinsam vom Bund und den deutschen Automobilherstellern VW, Daimler und BMW befüllt werden soll. Auch die ausländischen Hersteller müssten sich ihrer Verantwortung stellen. Ihr bisheriges Verhalten sei „völlig inakteptabel“.
20.07.2017 Das Verwaltungsgericht Stuttgart ist skeptisch, ob die von Politikern und Industrie vorgeschlagene freiwillige Nachrüstung von Diesel-Autos ausreicht, um Fahrverbote in Städten mit ständiger Überschreitung der Stickoxid-Grenzwerte in der Atemluft zu verhindern. Details zur Gerichtsverhandlung um Luftreinhaltepläne für die badenwürttembergische Landeshauptstadt berichtet Spiegel Online. Eine Entscheidung ergeht in den nächsten Wochen.
18.07.2017 Der ebenfalls unter dem Vorwurf der Abgasmanipulation stehende Autobauer Daimler weitet seine Rückrufaktion auf über drei Millionen Diesel-Fahrzeuge der Marke Mercedes-Benz in Europa aus (siehe FAQ-Frage „Was ist mit Mercedes?“).
13.07.2017 Der VW-Skandal ist inzwischen nicht nur vor Zivil-, sondern auch vor Straf- und Verwaltungsgerichten in zahlreichen Verfahren Thema. Letzter Akt: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) klagt vor den jeweils zuständigen Verwaltungsgerichten gegen Zulassungsstellen in zehn deutschen Städten. Die Behörden sollen Skandal-Autos mit unzureichender Abgasreinigung die Zulassung entziehen, fordern die Umweltschützer. Die Betriebserlaubnis sei wegen der Abschaltung der Abgasreinigung erloschen. Details zu den Klagen enthält die Pressemitteilung der DUH. Unterdessen hat Staatsanwaltschaft am Landgericht München II übereinstimmenden Presseberichten zufolge einen Audi-Motorenentwickler wegen Verdachts auf Beteiligung an Betrug und unlauterer Werbung verhaften lassen. Der Ingenieur sitze jetzt in Untersuchungshaft, heißt es. Unterdessen zeichnet sich ab: Die Oberlandesgerichte Celle, Hamm und München halten Klagen von Skandal-Autobesitzern auf Erstattung des Kaufpreises, Neulieferung oder Minderung regelmäßig für begründet. Darauf weisen Rechtsanwälte Rogert & Ulbrich in einer Presseerklärung hin.
11.07.2017 Die Rechtsanwaltskanzleien Baum Reiter & Collegen aus Düsseldorf und Gansel Rechtsanwälte aus Berlin verschärfen ihre Gangart in der Auseinandersetzung zwischen rund 2 000 Skandalautobesitzern, die sich über das Portal www.vw-verhandlung.de an die Anwälte gewendet haben, und dem VW-Konzern. Die Anwälte haben jetzt zusätzlich noch eine Anlaufstelle für Whistleblower eingerichtet, um an gerichtsverwertbare interne Informationen und Dokumente zu kommen. „In Anbetracht von Wertverlust und drohenden Fahrverboten sehen es die betroffenen VW-Fahrer berechtigterweise nicht ein, auf dem Schaden sitzenzubleiben“, erklärte Rechtsanwalt Gerhart Baum, früher Bundesinnenminister, das Engagement der Rechtsanwälte. Die beiden Rechtsanwaltskanzleien kooperieren mit „Cobin Claims“, einer österreichischen Plattform für Sammelaktionen und Massenschäden. Sie wollen dadurch den VW-Konzern unter Druck setzen. Nach Darstellung der Kanzleien können sich vom VW-Skandal Betroffene ohne Prozesskostenrisiko an der Aktion beteiligen. Sie sollen wie bei www.myright.de nur, wenn ihnen die Bemühungen der Anwälte einen zählbaren Erfolg bringen, einen Teil des von den Rechtsanwälten erstrittenen Vorteils abgeben. Ansonsten bleibe die Teilnahme kostenlos, versprechen die Anwälte.
30.06.2017 Ein weiteres VW-Skandal-Urteil ist rechtskräftig geworden. Ein Autohändler aus Minden nahm unmittelbar vor der Verhandlung vor dem Oberlandesgericht in Celle die Berufung gegen eine Verurteilung zur Erstattung des Kaufpreises für ein Skandalauto zurück, nachdem der von Rogert & Ulbrich-Rechtsanwälte vertretene Kläger sich geweigert hatte, über einen Vergleich zu verhandeln. Das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts ist jetzt rechtskräftig. Weitere Einzelheiten und Hintergründe in der Pressemitteilung der Anwälte zum Verfahren.
29.06.2017 Das Oberlandesgericht München sieht in fünf Berufungsverfahren zu VW-Skandal-Klagen zahlreiche offene Fragen rund um das Softwareupdate. Das berichtet Rechtsanwalt Ralf Stoll. Die Richter sehen VW in der Pflicht zu beweisen, dass die neue Motorsteuerung legal ist und keine Einbußen bei Leistung, Verbrauch und Haltbarkeit mit sich bringt.
test.de dokumentiert den Wortlaut der gerichtlichen Verfügung:
„Der Senat ist derzeit nicht davon überzeugt, dass das angebotene Softwareupdate eine ausreichende Nacherfüllung darstellt. Mangels eigener ausreichender Sachkunde ist der Senat geneigt, gemäß §§ 144 Abs. 1 Satz 1, 525 ZPO die Anfertigung eines Sachverständigengutachtens zu folgenden Fragen einzuholen: Erfolgt durch das von der VW AG angebotene Softwareupdate eine ausreichende Reduzierung des Schadstoffausstoßes – insbesondere des Ausstoßes von Stickoxiden? Hat das von der VW AG angebotene Softwareupdate eine Minderung der Motorleistung und/oder eine Erhöhung des Kraftstoffverbrauchs und/oder eine Erhöhung des Motorverschleißes zur Folge? Wie steht es mit dem Wiederverkaufswert der Fahrzeuge des VW-Konzerns mit Motoren, an denen ein Softwareupdate durchgeführt werden soll? Gibt es bereits Erfahrungen zu Wiederverkaufwerten von Fahrzeugen aus dem VW-Konzern, an denen bereits das Softwareupdate durchgeführt worden ist? Falls ja - wie hat sich das Softwareupdate auf den Wiederverkaufspreis ausgewirkt? Der Kfz-Sachverständige Dipl.-Ing. (FH) Hubert Rauscher (...) hat auf telefonische Anfrage des Senats erklärt, dass er zumindest zu den Fragen ein Gutachten erstatten kann, ob das von der VW AG angebotene Softwareupdate aus technischer Sicht eine ausreichende Reduzierung des Schadstoffausstoßes bewirken kann und ob damit eine Reduzierung der Motorleistung, eine Erhöhung des Kraftstoffverbrauchs und eine Erhöhung des Motorverschleißes verbunden ist. Nach seinen Angaben hat er die Möglichkeit, geeignete Labore bzw. Prüfstände zu nutzen. Die Kosten eines Gutachtens belaufen sich nach seinen eigenen Angaben vorsichtig geschätzt auf 40 000 Euro. Der Senat sieht derzeit die Beklagtenseite (= VW AG, Anm. der Red.) als beweispflichtig für die Behauptung an, dass das von der VW AG angebotene Softwareupdate eine ausreichende Nacherfüllung darstellt. Wegen der hohen Gutachtenskosten stellt sich die Frage, ob man für alle beim 8. Zivilsenat des OLG München rechtshängigen Berufungsverfahren ein Gutachten anfertigt und die Kosten aufteilt, die letztlich die Seite zu tragen hat, die im Berufungsverfahren unterliegt.“
Oberlandesgericht München, Verfügung vom 20.06.2017
Aktenzeichen: 8 U 1706/17
Klägervertreter: Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft, Lahr
Oberlandesgericht München, Verfügung vom 20.06.2017
Aktenzeichen: 8 U 1707/17
Klägervertreter: Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft, Lahr
Oberlandesgericht München, Verfügung vom 20.06.2017
Aktenzeichen: 8 U 1710/17
Klägervertreter: Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft, Lahr
Oberlandesgericht München, Verfügung vom 20.06.2017
Aktenzeichen: 8 U 1711/17
Klägervertreter: Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft, Lahr
Oberlandesgericht München, Verfügung vom 20.06.2017
Aktenzeichen: 8 U 1712/17
Klägervertreter: Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft, Lahr
29.06.2017 Über Schadenersatzansprüche von myright.de-Kunden gegen VW wird letztlich der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg entscheiden. Darin war sich die Anwälte von VW-Klage-Initiator MyRight.de, die Anwälte das Konzern und die Richter an der dritten Kammer des Landgerichts in Braunschweig einig. Sie verhandelten gestern über eine erste Pilotklage eines Kunden des Verbraucherinkasso-Unternehmens gegen den Autokonzern.
Sicher aus Sicht der für den Fall zuständigen Richter: Die Motorsteuerung in den deutschlandweit 2,5 Millionen und europaweit 8 Millionen Skandalautos ist illegal. Sie schaltet verbotenerweise die Abgasreinigung ab, sobald sich das Auto jenseits des Prüfstand in Bewegung setzt.
Ernüchternd für die Besitzer dieser Autos allerdings: Die Kammer gehe aktuell davon aus, dass die EU-Regeln der Allgemeinheit, dem Umweltschutz und dem Binnenmarkt dienen, aber nicht Käufern von Autos Rechte verschaffen solle, erklärte Jan-Michael Seidel, Vize-Präsident des Gerichts und Vorsitzender der 3. Kammer.
Myright.de- Anwalt Christopher Rother hielt dagegen: Die EU-Regeln über die Zulassung von Autos diene ausdrücklich auch dem Gesundheits- und dem Verbraucherschutz, argumentierte er. Nicht nur die Zulassung, sondern auch der Verkauf von Autos, die nicht den Regeln entsprechen, sei verboten. Das könne nur dazu dienen, potenzielle Käufer zu schützen.
Enttäuschend für Rother: Das Gericht will das Verfahren aktuell noch nicht dem EuGH vorliegen. Dazu sind Instanzgerichte in Deutschland zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet. Erst der Bundesgerichtshof als höchstes deutsche Zivilgericht muss die Richter in Luxemburg einschalten, wenn es auf die Auslegung von EU-Regeln ankommt. Das Votum der EU-Richter zu einzelnen Fragen vorher schon einzuholen, berge die Gefahr, dass Oberlandesgericht oder Bundesgerichtshof am Ende ganz andere Punkte für entscheidend halten, begründete Richter Jan-Michael Seidel die Haltung der Kammer.
So geht es jetzt weiter: Die VW-Anwälte haben bis Mitte Juli Zeit, noch einmal Stellung zu nehmen. Am Donnerstag, 31. August, will das Landgericht eine Entscheidung verkünden. Wenn es bei seiner vorläufigen Auffassung bleibt, wird es die Klage abweisen. Es kann aber auch das Verfahren aussetzen, die Vernehmung von Zeugen oder die Einholung von Gutachten anordnen oder VW zum Schadenersatz verurteilen.
Wenn die Klage abgewiesen wird, werde Myright.de selbstverständlich Berufung einlegen, kündigte Rechtsanwalt Rother an. Ärgerlicherweise stehe wegen der Weigerung des Landgerichts, den Fall dort sofort vorzulegen, schon jetzt praktisch fest: Der EuGH werde sich zum VW-Skandal erst äußern, wenn alle Schadenersatzforderungen gegen VW verjährt sind.
VW-Skandalopfern bleibt jetzt nur, auf eigene Faust die Verjährung zu stoppen. Dazu müssen sie entweder Rechtsanwälte einschalten oder ein Unternehmen wie MyRight.de einschalten.
Das Unternehmen kündigte an: Für alle Opfer, die sich bis Samstag, 15. Juli, über die myright.de registrieren, werde noch im September Klage eingereicht. test.de hatte das Angebot einem Schnelltest unterzogen. Das Ergebnis in aller Kürze: Es ist fair und ermöglicht Opfern des VW-Skandals, ohne Prozesskostenrisiko gegen den Konzern vorzugehen. Hier die ausführliche Darstellung der Testergebnisse.
26.06.2017 Die Zivilgerichte verlieren offenbar die Geduld mit VW. Rechtsanwalt Ralf Stoll berichtet: Das Landgericht Essen ist im Verfahren 16 O 245/16 der Meinung, dass Skandalautobesitzern auf der Grundlage ihrer Darstellung des Falls Schadenersatzansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung und Betrugs zusteht. Voraussetzung: Organe des Unternehmens haben von der illegalen Motorsteuerung gewusst und sie nicht verhindert. VW hat seine Anwälte bisher immer erklären lassen: Es sei noch unklar, wann der Vorstand von den Machenschaften der Ingenieure erfahren hat. Das reicht nicht, bedeutete das Landgericht Essen dem Autohersteller. Will er die Verurteilung verhindern, muss er sagen, wer genau für die Einführung der Motorsteuerung verantwortlich ist, wer davon gewusst hat und wer das Geld für die Entwicklung der beiden alternativen Motorsteuerungen mit und ohne Abgasreinigung sowie den Umschaltmechanismus bewilligt hat.
23.06.2017 Offenbar bereits in der vergangenen Woche war eine Verurteilung von VW wegen des Abgasskandals durch das Landgericht Braunschweig rechtskräftig geworden. VW muss jetzt endgültig einen Tiguan zurücknehmen und den Kaufpreis für den Wagen abzüglich Nutzungsentschädigung für die damit gefahrenen Kilometer erstatten. Das berichtet Rechtsanwalt Aleksandar Cvjeticanin von BMS-Rechtsanwälte in Stuttgart. In dem Fall hatte VW Berufung eingelegt. Nachdem das Oberlandesgericht Braunschweig einen Verhandlungstermin anberaumt hatte und der Besitzer des Skandalautos einen Vergleichvorschlag abgelehnt hatte, nahm das Unternehmen die Berufung zurück. Anfang der Woche erreichte die Nachricht die Rechtsanwaltskanzlei, die den Autobesitzer vertritt. Der Rechtsanwalt des Tiguan-Fahrers hatte den VW-Vorstandsvorsitzenden und ein weiteres Vorstandsmitglied als Zeugen dafür benannt, dass die skandalöse Motorsteuerung mit der Abschaltung der Abgasreinigung im Fahrbetrieb auf Anordnung der VW-Führung zum Einsatz kam. Inzwischen ist VW also bereits in vier Fällen wegen des Rücktritts von Skandalauto-Kaufverträgen rechtskräftig verurteilt.
23.06.2017 Jubel bei Rogert & Ulbrich Rechtsanwälte: VW hat soweit bekannt erstmals überhaupt Verurteilungen zur Erstattung des Kaufpreises und zur Rückname von Skandalautos rechtskräftig werden lassen, meldet die Kanzlei. Bisher hatte der Autohersteller immer Berufung eingelegt. Einzelne Verfahren endeten mit Vergleichen mit Geheimhaltungsklausel, wenn sich abzeichnete, dass das zuständige Oberlandesgericht die Berufung des Autoherstellers zurückweisen wird. Marco Rogert sieht darin ein Signal: Die VW-Anwälte sehen wohl keine Chance mehr, die Verurteilung zur Erstattung des Kaufpreises nach Rücktritt vom Kaufvertrag über ein Skandal-Auto vor Oberlandesgerichten erfolgreich anzugreifen. „Künftig dürfen die Geschädigten im Falle einer Klage gegen Volkswagen berechtigte Hoffnung haben, dass sie in nur einer Instanz ihre Ansprüche durchsetzen können“, freut sich Rogert. Der Strategiewechsel verbessere vor allem die Chancen von Journalisten, Großkunden wie der Deutsche See GmbH (s. u., 06.02.2017) und Schwerbehinderten, die ihre Autos oft direkt bei VW gekauft haben, ihre Rechte schnell durchzusetzen.
14.06.2017 Aktuellen Berichten von ZDF und Spiegel zufolge dürfte auch die vom Kraftfahrbundesamt genehmigten neuen Motorsteuerungen für Skandalautos rechtswidrig sein. Die Behörden hätten seit Jahren systematisch Hinweise auf Überschreitung der Abgasgrenzwerte übersehen. Auch die neuen Motorsteuerungen des VW-Konzerns enthielten weiterhin nach EU-Recht verbotene Abschalteinrichtungen und stellten nicht sicher, dass die Autos im Straßenverkehr den Grenzwert für den Stickoxidausstoß einhalten. Der Spiegel berichtet außerdem, dass auch die Motorsteuerung eines Porsche Cayenne mit Dieselmotor die Reinigung des Abgases von Stickoxiden reduziere, wenn der Wagen stärker beschleunige oder schneller durch Kurven fahre als im Prüfzyklus vorgesehen.
02.06.2017 Jetzt steht fest: Auch einige große und teure Audi A7 und A8 mit V6- und V8-TDI-Motoren sind so gesteuert, dass sie nur im Prüfstand ausreichend sauber sind und im Fahrbetrieb vor allem sehr viel mehr gesundheitsschädliches Stickoxid ausstoßen. Betroffen sind weltweit rund 24 000 Autos der Baujahre 2009 bis 2013. Das hat das Bundesverkehrsministerium mitgeteilt. Die Autos sollen von Juli an eine neue Motorsteuerung erhalten. Das Verkehrsministerium will jetzt noch weitere Autos aus dem VW-Konzern untersuchen, in denen ähnliche Motoren zum Einsatz kommen. Weitere Einzelheiten liefert Spiegel Online. Rechtsanwalt Dr. Ralf Stoll vermutet genau wie das Bundesverkehrsministerium: Audi schaltet in noch mehr Autos als bisher bekannt die Abgasreinigung im Fahrbetrieb ab. Stoll hat bereits im Februar Klage für einen Mandanten erhoben, der einen Audi RS6 mit V8-Benzinmotor gekauft hatte. Audi bestreitet, dass es sich um Betrügerein handelt.
12.05.2017 Inkassodienstleister Myright.de hat Kunden gegenüber angekündigt, im September Klage einreichen zu wollen. Anmeldungen für die Teilnahme sind nur noch bis 30. Juni 2017 noch möglich. Details enthält die Ankündigung nicht; test.de vermutet, dass das Unternehmen wegen der von inzwischen rund 25 000 Skandalauto-Besitzern an sie abgetretenen Forderungen gegen den VW-Konzern Klage erheben wird. Das ist wegen der im Verhältnis zum Streitwert nur degressiv steigenden Gerichtskosten und Rechtsanwaltshonorare der günstigste Weg, die Forderungen der Skandalautobesitzer gerichtlich geltend zu machen. Einzelne Klagen hatte Myright.de bereits im Namen der jeweiligen Kunden auf den Weg gebraucht, um den Druck auf Volkswagen zu erhöhen. Eine erste mündliche Verhandlung hat das Landgericht Braunschweig für Ende Juni anberaumt. test.de hatte das Myright.de-Angebot als fair und aussichtsreich bewertet. Es ist zunächst kostenlos, im Erfolgsfall allerdings wohl teurer als vw-verhandlung.de. Von diesem Angebot kennt test.de allerdings nur die Eckdaten, die genauen Geschäftsbedingungen und vor allem die Regeln für die Ermittlung der Erfolgsprovision liegen test.de nicht vor.
12.05.2017 Ein Focus-online-Bericht zum VW-Skandal mit dem Titel: „Das Geheimnis der Golden Cars“ lässt noch deutlicher als die bisher bekannten Fakten erkennen: Das Bundeswirtschaftsministerium und das Kraftfahrtbundesamt in Flensburg haben offenbar mehr Wirtschaftsförderung betrieben, als die Einhaltung der für Autohersteller geltenden Umwelt- und Verbraucherschutzregeln zu überwachen und durchzusetzen. Den zuständigen Beamten war Focus zufolge offenbar schon früh klar, dass die Einhaltung der Grenzwerte bei Prüfstandversuchen praktisch nichts mit dem Schadstoffausstoß im Fahrbetrieb zu tun hatte und dass auch der Kraftstoffverbrauch im wirklichen Leben immer weit höher liegt als im Prüfstand unter unrealistisch günstigen Bedingungen ermittelt. Besonders beunruhigend: Der Untersuchungsausschuss der Bundestag will diese aus test.de-Sicht rechtsfeindliche Haltung der Behörden in seinem Abschlussbericht der Sache nach billigen und findet sogar das Verhalten des VW-Konzerns offenbar nicht weiter schlimm. Darauf deuten Berichte über den Stand des Entwurfs hin. Die endgültige Version soll noch vor der Sommerpause erscheinen.
08.05.2017 Die niederländische Stiftung Stichting Volkswagen Car Claim und die Kanzleien Baum Reiter & Kollegen und Gansel Rechtsanwälte bieten jetzt deutschen Besitzern von Skandalautos an, gerichtlich gegen Volkswagen vorzugehen. Kunden mit und ohne Rechtsschutzversicherungen können unter vw-verhandlung.de wählen, ob sie ihr Auto zurückgeben, Ersatz für die Wertminderung fordern oder über den Autokreditwiderruf gegen Volkswagen vorgehen wollen. Das gaben die Rechtsanwälte Timo Gansel, Julius Reiter und Gerhard Baum bei einer Pressekonferenz in Berlin bekannt.
Kosten für Autobesitzer ohne Rechtsschutzversicherung: 29 Prozent des finanziellen Vorteils, den das Vorgehen am Ende bringt, höchstens allerdings 2 900 Euro. VW habe sich Verhandlungen mit der niederländischen Stichting verweigert. Die Stichting habe keine Möglichkeit, VW zu Verhandlungen über Zahlungen an deutsche Autofahrer zu zwingen. Gleichwohl hoffen Stichting und Anwälte auf eine außergerichtliche europäische Lösung für alle Verbraucher. Dazu sei es aber offensichtlich nötig, juristischen Druck auf das Unternehmen auszuüben. Die Rechtsanwälte wollen gleichzeitig auch für europäische Verbaucherschutzorganisationen die Herausgabe der mit den Skandalautos erwirtschafteten Gewinne verlangen.
05.05.2017 Nach wie vor verweigern zumindest einzelne Rechtschutzversicherer Besitzern von Skandalautos die Deckung für Klagen gegen VW und/oder Händler. Der Fachverlag Kapital-Markt intern Kapital-Markt intern berichtet ausführlich und liefert einen genauen Überblick. Die test.de-Urteilsliste enthält (Stand 05.05.17)) eine Verurteilung der ADAC Rechtsschutzversicherungs AG, 23 der ARAG SE, eine der DEVK Rechtsschutz-Versicherungs-AG, vier der Huk-Coburg-Rechtsschutzversicherung AG, 15 der Örag Rechtsschutzversicherungs-AG und eine der WGV Württembergischen Gemeinde-Versicherung a. G..
28.04.2017 Die Anwalts-Kanzleien Rogert & Ulbrich und Stoll & Sauer berichten: Allein gestern haben Gerichte mindestens zwölf Urteile zugunsten von VW-Skandalautobesitzern verkündet. In drei weitere Fällen in Berlin, Düsseldorf und Wiesbaden ist noch nicht bekannt, wie die Gerichte jeweils entschieden haben. Es liegen jetzt mindestens 62 verbraucherfreundliche Gerichtsurteile zum VW-Skandal vor.
Pro Kläger entscheiden bisher folgende Landgerichte: Aachen, Arnsberg, Baden-Baden (neu), Bochum (neu), Bonn, Braunschweig, Darmstadt (neu), Detmold (neu), Dortmund, Essen, Frankfurt, Hagen, Hamburg, Hildesheim, Karlsruhe, Kleve, Köln (allerdings nicht wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung), Krefeld, Mönchengladbach (neu), München I und II, Münster (neu), Paderborn, Stralsund, Nürnberg (neu), Wuppertal (neu).
Gegen den Kläger entscheiden soweit bekannt: Düsseldorf (bis auf eine Ausnahme), Ellwangen (wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung), Fulda, Hannover, Köln (wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung), Limburg, Marburg.
Rechtsanwalt Marco Rogert erwartet in den kommenden Wochen eine Reihe weiterer verbraucherfreundlicher Urteile. Mit den ersten Oberlandesgerichtsurteilen rechnet er bis Sommer; er glaubt, dass Hamm und München verbraucherfreundlich entscheiden. Wie Celle urteilt, hält er für offen.
24.04.2017 Zusatzchance für VW-Skandal-Opfer, die ihren Wagen mit einem Kredit der VW-Bank oder ihrer Zweigstellen bei Seat, Skoda und Audi finanziert haben: Sie können ihren Kreditvertrag widerrufen und sind dann berechtigt, den Wagen zurückzugeben – bei ab 14. Juni 2014 abgeschlossenen Kreditverträgen sogar ohne für die mit dem Auto gefahrenen Kilometer zahlen müssen. Möglich machen es Fehler in den VW-Bank-Kreditverträgen. Alle Einzelheiten und Tipps dazu sowie einen Mustertext für den Widerruf unter test.de/autokreditwiderruf.
21.04.2017 Rechtsanwälte Rogert & Ulbrich aus Düsseldorf berichten: Das Landgericht Kleve verlangt von VW, die Karten auf den Tisch zu legen. Das Unternehmen soll laut Gerichtsbeschluss (vom 13.02.2017, Aktenzeichen: 3 O 201/16) mitteilen, auf welcher Ebene die Entscheidung fiel, die korrekte Abgasreinigung nur im Prüfstand zu aktivieren und sie sonst zu reduzieren oder abzuschalten, welches Budget für die Entwicklung der Software zur Verfügung stand und wen die unmittelbar verantwortlichen Ingenieure informiert haben.
VW habe selbst vorgetragen, dass das Unternehmen die Vorgänge umfassend aufklären lässt und müsse nun den Stand der Ermittlungen darstellen. Aktuell sei nicht ausgeschlossen, dass auch der VW-Vorstand lange vor September 2015 Bescheid wusste. Der sei schließlich dafür verantwortlich, das Unternehmen gemäß den gesetzlichen Bestimmungen zu organisieren und zu führen. Es sei davon auszugehen, dass VW-Mitarbeiter verpflichtet seien, über wesentliche Entscheidungen die jeweils Vorgesetzten zu informieren. Implizit sagt das Gericht damit: Auch der VW-Vorstand müsste so von der skandalösen Motorsteuerung erfahren haben.
04.04.2017 Soweit test.de bekannt, hat erstmals überhaupt ein Gericht einen Autohändler dazu verurteilt, einen Teil des Kaufpreises für ein Skandalauto zu erstatten. Auf zehn Prozent schätzt das Gericht den Minderwert des umstrittenen VW Tiguan. Die Klage auf Lieferung eines neuen mangelfreien Wagens des Typs wies das Gericht allerdings ab. Das alte Modell sei nicht mehr lieferbar und das neue entspreche dem vom Kläger gekauften nicht mehr.
Mit einer Nachbesserung durch eine neue Motorsteuerung müsse sich der Kläger allerdings nicht zufrieden geben, urteilten die Richter am Landgericht in Kempten. „Das Aufspielen des Software-Updates ist nicht geeignet, den Mangel vollständig zu beseitigen“, heißt es in der Urteilsbegründung. Der Makel des Abgasskandals und damit das Risiko einer Wertminderung bleibe auch bestehen, wenn die neue Motorsteuerung korrekt funktioniere.
„Folglich stellt die von der Beklagten angebotene Form der Nachbesserung keine taugliche Nachbesserung dar, ohne dass es darauf ankommt, ob das Software-Update aus technischer Sicht den Mangel beseitigen kann, ohne dass es zu Folgeschäden an dem Fahrzeug kommt“, so das Gericht wörtlich.
03.04.2017 Jetzt steht fest: VW und seine Händler lassen es sich viel Geld kosten, verbraucherfreundliche Oberlandesgerichtsurteile zu verhindern. Das Oberlandesgericht München macht öffentlich, was die Anwälte hinter den Kulissen verhandelt haben: Der Käufer eines VW Golf Bluemotion TDI soll gegen Rückgabe des schon 80 000 Kilometer alten Wagens den Kaufpreis abzüglich von nur 2 000 Euro Nutzungsentschädigung zurück bekommen. Weitere Einzelheiten und Hintergrund in der test.de-Meldung: OLG München billigt Rücktritt.
31.03.2017 Das könnte der endgültige Durchbruch für Schadenersatzforderungen von Skandalautobesitzern gegen den Volkswagenkonzern sein: Das Landgericht Kleve hat das Unternehmen heute wegen der Verletzung der Regeln aus der EU-Zulassungsverordnung zum Schadenersatz verurteilt. Es folgte der Argumentation von Rechtswissenschaftlers Jan Dirk Harke (s. u., 21.03.2017). Der meint: Die Regeln über die Typzulassung sind nicht nur Verwaltungsrecht, das die Umwelt und die Allgemeinheit schützen will, sondern sie sollen gerade auch die Käufer von Autos davor schützen, ein nicht den Bestimmungen entsprechendes Auto zu erhalten.
Anders als bei einer Verurteilung zu Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung kommt es nicht darauf an, dass Verantwortliche im Konzern von den Manipulationen wussten. Ausreichend ist schon, wenn sie fahrlässig handelten und etwa nicht genau genug kontrollierten, dass die mit jedem Auto mitgelieferte Erklärung der Übereinstimmung mit den Zulassungsregeln zutrifft. Klägeranwälte waren erneut Dr. Stoll & Sauer. Sie vertreten nach eigener Darstellung rund 35 000 Besitzer von Skandalautos. Bericht zum Fall auf der Homepage der Kanzlei.
30.03.2017 Rechtsanwalt Ralf Stoll berichtet: Nach dem Landgericht Hildesheim hat jetzt auch das Landgericht Karlsruhe VW zum Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung verurteilt. Novum in dem Verfahren: Da VW und der Autohändler gemeinsam verklagt waren, verurteilte das Gericht beide als Gesamtschuldner. Das heißt: Der Käufer des Skandalautos kann wählen, ob er von VW oder dem Händler Zahlung fordert. Er erhält das Geld aber nur einmal. VW und der Händler müssen anschließend intern klären, wer letztlich verantwortlich ist. Bericht zum Fall auf der Homepage der Kanzlei.
24.03.2017 Erneut herbe juristische Schlappe für den Volkswagenkonzern und seine Händler: Das Landgericht Arnsberg hat heute fünf Urteile verkündet, wonach Händler Skandalautos zurückzunehmen haben und entweder den Kaufpreis erstatten oder einen neuen Wagen liefern müssen. In einem der Fälle war gleichzeitig auch VW direkt wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung verklagt. Zu dieser Forderung fiel noch kein Urteil.
Das Gericht gab VW auf, im Detail vorzutragen, wie es zu den Manipulationen gekommen ist und welche Personen daran beteiligt waren. Insbesondere wurde das Unternehmen verpflichtet, konkret Namen zu nennen. In zwei weiteren Fällen hat das Gericht Verfahren auf Antrag der Parteien ausgesetzt. Offenbar verhandeln sie jetzt über einen Vergleich. In beiden Fällen war VW direkt als Verkäufer von Skandalautos verklagt.
21.03.2017 Anwälte werden im Auftrag von myright.de voraussichtlich im April den in den USA inhaftierten VW-Manager Oliver Schmidt im Gefängnis befragen. Schmidt war von 2012 bis 2015 Leiter des VW-Umwelt- und Ingenieurbüros in den USA. Er soll bereits 17 Monate vor Bekanntwerden des Abgasskandals führende Manager informiert haben. Myright.de erhofft sich Erkenntnisse darüber, wer im Unternehmen von den Manipulationen wusste und sie gebilligt oder jedenfalls nicht verhindert hat. Details dazu bei myright.de.
21.03.2017 Der Rechtswissenschaftler Jan Dirk Harke glaubt: VW und die übrigen Unternehmen des Konzerns müssen Kunden wegen Verletzung der EU-Regeln über die Fahrzeugzulassung entschädigen. In einem Aufsatz in der Fachzeitschrift „Verbraucher und Recht“ befasst sich der Hochschullehrer aus Jena mit allen Rechtsfragen rund um Schadenersatzansprüche gegen VW. Zentraler Punkt: Selbst wenn nicht nachzuweisen ist, dass Vorstandsmitglieder oder jedenfalls hochrangige Manager von der Abschaltung der Abgasreinigung im Fahrbetrieb wussten, haben Käufer der Autos Anspruch auf Schadenersatz. Nach Harkes Ansicht reicht aus, wenn die Verantwortlichen im Unternehmen die Manipulation aus Nachlässigkeit nicht bemerkten.
17.03.2017 Neue Myright.de-Klage: Hartmut Bäumer fordert von Audi Schadenersatz wegen des Abgasskandals. Der inzwischen pensionierte Richter, Grünen-Politiker und Ministerialbeamte fährt seit 25 Jahren Audi. Weil sein aktueller Wagen die Abgasreinigung abschaltet, sobald er losfährt, und dann fünfmal mehr Stickoxid ausstößt als erlaubt, zieht er jetzt vor Gericht. Weitere Einzelheiten im Bericht des RBB-Inforadio. Außerdem will myright.de noch in diesem Jahr die Ansprüche der insgesamt bisher rund 25 000 Kunden des Unternehmens gerichtlich gesammelt geltend machen. Sie können dann nicht mehr verjähren.
14.03.2017 Immer häufiger urteilen Gerichte im VW-Skandal verbraucherfreundlich. Jordan Fuhr Meyer Rechtsanwälte berichten: Auch das Landgericht Bochum hält Klagen wegen des VW-Skandals jetzt für aussichtsreich. Es urteilte in einer Klage gegen den Rechtsschutzversicherer Arag SE: Das Unternehmen muss die Kosten einer VW-Skandal-Klage übernehmen. Noch im Sommer vergangenen Jahres hatte das Landgericht Bochum die Klage auf Erstattung des Kaufpreises für ein Skandal-Auto gegen Rückgabe des Wagens abgewiesen und wäre wohl auch eine Klage gegen Rechtsschutzversicherer gescheitert.
09.03.2017 Die EU-Kommission fordert erneut: VW soll die betroffenen Kunden auch in Europa entschädigen. Das hat Justizkommissarin Vera Jourova gefordert. Nach über einem halben Jahr ergebnisloser Gespräche über Entschädigungen für die 8,5 Millionen vom Abgasskandal betroffenen VW-Kunden in Europa sei es nun an der Zeit, gemeinsame Zwangsmaßnahmen zu ergreifen, erklärte die Politikerin. Die Reparatur der Autos reiche nicht aus.
08.03.2017 Das Oberlandesgericht Braunschweig hat aus den knapp 1 500 Aktionären, die wegen des Abgasskandals gegen die Volkswagen AG klagen, nun einen Musterkläger bestimmt. Das hat das Oberlandesgericht heute mitgeteilt. Die Klage der Deka Investment GmbH (Frankfurt am Main) soll jetzt stellvertretend für die übrigen Fälle geklärt werden. Es geht um viel Geld. Knapp 1 500 Anleger fordern insgesamt fast zwei Milliarden Euro Schadenersatz. VW-Aktionäre, die bisher noch nicht vor Gericht gezogen sind, können ihre Ersatzansprüche über Rechtsanwälte sechs Monate lang nachträglich anmelden. Voraussetzung: Ihre Forderungen sind noch nicht verjährt. Wann Verjährung eintritt, ist umstritten. Es trat zwischenzeitlich eine Gesetzesänderung in Kraft, von der nicht klar ist, welche Fälle sie noch nicht oder schon erfasst. Immerhin: Die Anmeldung von Schadenersatzansprüchen ist nicht allzu teuer. Die genauen Kosten hängen von der Höhe des möglichen Schadensersatzes ab.
23.02.2017 Die Juristen des ADAC sind der Meinung: Die Verweigerung der Tüv-Plaketten für Skandalautos ohne Nachrüstung ist rechtlich zumindest zweifelhaft. Das sei rechtliches Neuland und die Rechtsgrundlage ungeklärt. Auf eine Nachfrage beim Bundesverkehrsministerium habe der Automobilclub bisher nur eine wenig erhellende Antwort erhalten, erklärte Rechtsanwalt Klaus Heimgärtner aus der Juristischen Zentrale des Automobilclubs auf test.de-Anfrage. Eine genaue Nachfrage der Club-Juristen haben die Ministerial-Beamten bislang nicht beantwortet.
Unterdessen hat das Ministerium die Darstellung der Prüforganisationen nach einem Bericht der taz offiziell bestätigt: Skandalautos ohne Nachrüstung erhalten ab Sommer keine Prüfplaketten mehr, wenn der Zeitraum für die Nachrüstung, wie ihn der jeweilige Hersteller zum Rückruf genannt hat, abgelaufen ist. Zunächst sind nur Autos vom Typ VW Amarok betroffen. Für sie stand das Software-Update bereits im Frühjahr 2016 zur Verfügung. VW hatte die Besitzer solcher Autos aufgefordert, innerhalb von 18 Monaten zur Nachrüstung in die Werkstatt zu kommen.
Rechtsanwalt Prof. Dr. Marco Rogert ist der Meinung: Die Skandalautos sind gar nicht genehmigt; auf die Prüfplakette kommt es nicht an. Die Genehmigung sei für Autos ohne Abschaltung der Abgasreinigung beantragt und erteilt worden und gelte daher nicht für die tatsächlich von VW und Tochterunternehmen gelieferten Autos. Das lässt er derzeit von Verwaltungsgerichten feststellen. Weitreichende Folge: Wenn die Skandalautos nicht genehmigt sind, dann kann die Nachrüstung der Autos daran auch nichts mehr ändern. Die Anordnung der Nachrüstung durch das Kraftfahrbundesamt in Flensburg ist nämlich eine Auflage zum Erhalt der nach Auffassung des KBA bestehenden Genehmigung. Diese ist nach Auffassung des Rechtsanwalts aber längst erloschen.
22.02.2017 Die Polizei in Bayern rüstet ihre 500 VW-Skandal-Autos vorerst nicht nach. Hintergrund laut Focus: Die Beamten im Bayerischen Innenministerium befürchten, dass die Autos mit der geänderten Motorsteuerung schneller kaputt gehen. Unterdessen drohen Kraftfahrtbundesamt und Verkehrsministerium Skandal-Autobesitzern mit Stilllegung und Durchfall bei der Tüv-Prüfung, wenn sie die Nachrüstung ihrer Autos verweigern. Rechtsanwalt Marco Rogert fühlt sich vom Innenministerium in Bayern bestätigt. „Jetzt wird auch der letzte Bürger begreifen, dass das Bundesverkehrsministerium, das Kraftfahrt-Bundesamt und der VW-Konzern eine unheilige Allianz gegen den Bürger geschmiedet haben“, erklärte er. Rogert und sein Partner Tobias Ulbrich empfehlen schon seit längerem, die Nachrüstung zu verweigern. Die beiden Rechtsanwälte vertreten insgesamt rund 1 500 Skandalautobesitzer.
09.02.2017 Verwirrung um die Prüfplaketten von Tüv, Dekra und Co. für Skandalautos: Zunächst hatte es geheißen, dass es ab Juli 2017 ohne Nachrüstung keine Plakette mehr gibt. Dann war der Tüv Nord zurückgerudert und hatte das wieder dementiert (siehe Eintrag 03.02.2017). Jetzt berichtet der Focus: Tüv-Plaketten werden Skandalautos nur noch dann bekommen, wenn sie innerhalb der 18-monatigen Frist nachgerüstet wurden. Wer sein Auto nach Ablauf dieser Frist bei Tüv, Dekra oder einer anderen Prüfstelle vorstellt, bekommt keine Plakette mehr, wenn der Wagen nicht die neue Motorsteuerung hat. Die Frist beginnt ab dem Zeitpunkt, an dem der Halter eines Skandalautos vom Hersteller die Aufforderung erhalten hat, zur Nachrüstung einen Werkstatttermin zu vereinbaren.
07.02.2017 Der Volkswagen-Konzern lehnt eine Entschädigung europäischer Verbraucher in der Abgasaffäre weiter ab. Dies teilte die EU-Kommission nach einem Treffen von Volkswagen-Konzernchef Matthias Müller mit Justiz- und Verbraucherkommissarin Vera Jourova heute in Brüssel mit. Der Konzern hat demnach nur zugesichert, monatlich Berichte über die bis zum Herbst geplanten Umrüstungen an Fahrzeugen europäischer Kunden vorzulegen sowie Autobesitzer besser über diese Möglichkeit zu informieren.
06.02.2017 Der Staat Luxemburg hat in der VW-Affäre Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt – wegen Betrugs und Fälschung. Die luxemburgische Prüfstelle hatte den Skandal-Motor EA 189 zertifiziert. Es sei sehr wahrscheinlich, dass bei Abgastests eine Abschaltvorrichtung verwendet worden sei, teilte das luxemburgische Verkehrsministerium mit. Daher solle die Typgenehmigung für Fahrzeuge mit dem betroffenen Motor zurückgezogen werden. In Luxemburg seien insgesamt mehr als 31 000 Autos der Volkswagen-Marken VW, Seat, Skoda und Audi von dem Skandal betroffen.
06.02.2017 Als soweit bekannt erster und bisher einziger Großkunde hat die Deutsche See GmbH Klage gegen die Volkswagen AG eingereicht. Hintergrund: Das Unternehmen wirtschaftet bewusst nachhaltig, im Jahr 2010 wurde es dafür sogar ausgezeichnet. Es wollte den gesamten Fuhrpark auf eine ganzheitliche, schadstoffarme sowie elektroangetriebene Flotte umzustellen. Der Volkswagenkonzern habe versichert, zu diesen Zielen passende Fahrzeuge liefern zu können. Außerdem vereinbarten beide Unternehmen, umweltfreundliche und zukunftsweisende Mobilität gemeinsam weiter zu entwickeln. Die Deutsche See kaufte rund 500 Autos, von denen später bekannt wurde: Die Motorsteuerung umgeht die Abgasreinigung im normalen Fahrbetrieb.
Das Unternehmen hat jetzt beim Landgericht Braunschweig Klage erhoben. VW habe die Deutsche See-Verantwortlichen arglistig getäuscht. Egbert Miebach, Geschäftsführender Gesellschafter von Deutsche See: „Wir sind tief enttäuscht über VW und fühlen uns hingehalten und betrogen, da die gemeinsam angedachte Partnerschaft im Bereich der umweltfreundlichen Mobilität nur von unserer Seite eingehalten wurde. Entsprechende Gespräche, dieses zu verändern, wurden von Seiten VW abgeblockt.“
06.02.2017 Der frühere Chef des VW-Aufsichtsrats, Ferdinand Piëch, hat in der Abgasaffäre den ehemaligen Vorstandschef Martin Winterkorn belastet. Der habe bereits im Februar 2015 gewusst, dass die US-Behörden VW im Verdacht haben, bei der Reinigung der Abgase von Schadstoffen illegal zu tricksen. Das berichtet der Spiegel in seiner aktuellen Ausgabe. Winterkorn selbst hatte stets behauptet, er habe erst im September 2015 von der Manipulation erfahren. Wann und in welcher Weise verantwortliche VW-Manager in den Skandal verwickelt wurden, ist wichtig für Schadenersatzansprüche von Skandalautobesitzern. Der Konzern haftet nur, wenn die nach dem Aktiengesetz verantwortlichen Organe des Unternehmens selbst für den Betrug verantwortlich sind. Allerdings: Anders als im Strafrecht gibt es im Zivilrecht keine Unschuldsvermutung. Eine Kammer des Landgerichts Hildesheim hatte die Darstellung von VW, wonach noch unklar sei, wann die Führung vom Skandal erfahren hat, für unzureichend und unglaubwürdig gehalten.
03.02.2017 Besitzer von noch nicht nachgerüsteten VW-Dieselmodellen müssen wegen des Abgasskandals nach derzeitigem Stand keine Probleme bei Hauptuntersuchungen des TÜV Nord befürchten. Das erklärte ein Sprecher der Prüforganisation in Reaktion auf einen aktuellen Medienbericht. „Der Gesetzgeber hat bislang keine Regelung zum Umgang mit nicht umgerüsteten Fahrzeugen beschlossen. Insofern erteilt TÜV Nord – wie alle anderen Prüforganisationen auch – die Plakette weiter, bis der Gesetzgeber über das weitere Verfahren entschieden hat“, teilte der Sprecher mit. Basis solcher Entscheidungen sei „allein eine gesetzliche Regelung“.
Ein Sprecher des TÜV Nord war zuvor in der Neuen Osnabrücker Zeitung mit der Aussage zitiert worden, es werde ab Mitte 2017 keine TÜV-Plaketten für noch nicht umgerüstete VW-Diesel geben. Dies werde ab dann als erheblicher Mangel im Rahmen der HU bewertet.
03.02.2017 Die Antikorruptions-Organisation Transparency Deutschland hat die Bundesregierung zu einem entschiedenen Eingreifen bei dem vom Dieselskandal betroffenen Autobauer Volkswagen aufgefordert. „Das Bundesverkehrsministerium muss Druck ausüben, um einen tatsächlichen Kurswechsel zu initiieren.“
Die Korruptions-Bekämpfer verlangen, die Politik müsse sich viel stärker für eine „Aufarbeitung“ des Abgasskandals bei VW einsetzen. „Wegen der Unfähigkeit von Volkswagen, die eigenen, von deutschen Gerichten als betrügerisch gekennzeichneten, Machenschaften aufzuklären, ist nun dringend auch der Bundesverkehrsminister gefragt“, erklärte Hartmut Bäumer, stellvertretender Vorsitzender der deutschen Sektion von Transparency International. Kürzlich hatte sich der VW-Konzern von Vorstandsmitglied Christine Hohmann-Dennhardt getrennt (siehe Eintrag 26.01.2017).
27.01.2017 Der Allgemeine Deutsche Automobil Club (ADAC) hat jetzt auch einen Golf mit 1.6 Liter-TDI-Motor getestet, der anders als die übrigen Skandalmotoren bei der Nachrüstung nicht nur eine neue Motorsteuerung, sondern auch einen so genannten Strömungsgleichrichter im Ansaugtrakt erhalten hat. Ergebnis: Der Stickoxidausstoß sinkt deutlich, liegt aber bei Fahrten jenseits der für die Zulassung maßgeblichen Prüfstandversuche weiter deutlich über 180 Milligramm pro Kilometer. Der Verbrauch steigt zwar, aber nur leicht. Dafür liegt auch die Leistung um einige Prozent höher als vor der Nachrüstung.
Zur Lebenserwartung des Motors vor und nach der Nachrüstung äußert sich der ADAC nicht. Details zum Test finden sich auf der ADAC-Website. Dort sind auch die Testergebnisse für einen Wagen mit 1.2 und einen mit 2.0-TDI-Motor vor und nach der Nachrüstung veröffentlicht (siehe unten, Eintrag zum 12.12.2016).
26.01.2017 „Aufgrund unterschiedlicher Auffassung über Verantwortlichkeiten und die künftigen operativen Arbeitsstrukturen in ihrem Ressort“ trennt sich VW von Vorstandsmitglied Christine Hohmann-Dennhardt – in der Konzernführung für Integrität und Recht zuständig und erst seit Anfang Januar 2016 im Amt. Die Managerin scheidet laut VW zum 31. Januar aus. Ihre Nachfolgerin soll Hiltrud Werner werden, die seit Anfang 2016 bei Volkswagen für die Konzernrevision verantwortlich ist.
19.01.2017 Die Staatsanwaltschaft Braunschweig erklärt, sie habe Anhaltspunkte dafür, dass der ehemalige VW-Vorstandschef Winterkorn „entgegen seinem öffentlichen Bekunden früher von den Manipulationen und der Software gewusst haben könnte“. Der Kreis der Beschuldigten wurde von 21 auf 37 erweitert.
19.01.2017 Spektakulärer Erfolg für Rogert & Ulbrich Rechtsanwälte: Das Landgericht Hildesheim verurteilte VW wegen Betrugs und vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zum Schadenersatz. Der Hersteller muss den Kaufpreis für einen Skoda Yeti 2.0 TDI abzüglich Entschädigung für die damit gefahrenen Kilometer erstatten und den Wagen zurücknehmen. Weitere Details in unserer Meldung VW-Skandal: Richter gehen von Betrug aus.
13.01.2017 Während der VW-Konzern sich in Europa nach wie vor weigert, Käufern von Skandal-Autos überhaupt Rechte jenseits der Nachrüstung einzuräumen, hat sich das Unternehmen in den USA verpflichtet, weitere umgerechnet 4,3 Milliarden Euro Entschädigung zu zahlen. Insgesamt erhöht sich die Summe der Entschädigungszahlungen damit auf 20 Milliarden Euro. Unabhängig davon ermitteln die US-Justizbehörden gegen mehrere VW-Manager. Einer davon ist jetzt verhaftet worden. Seinen Antrag, ihn gegen Kaution auf freien Fuß zu setzen, lehnten sie ab. Der Mann könnte ja nach Deutschland flüchten.
Außerdem interessant: Eine frühere Variante der Motorsteuerung zumindest für die US-Skandal-Autos schaltete die Abgasreinigung offenbar viel weniger häufig ab. Sie führte aber wohl zu Mängeln, vor allem bei der Haltbarkeit der an der Abgasreinigung beteiligten Bauteile des Motors. Daraufhin wurde anscheinend die Motorsteuerung so geändert, dass sie im Fahrbetrieb gar nicht mehr in Betrieb war. Spiegel online liefert weitere Einzelheiten zum aktuellen Stand im VW-Skandal.
12.01.2017 Sowohl das Landgericht Hildesheim als auch das Landgericht Frankfurt haben die Verkündung von Entscheidungen über Schadenersatzklagen direkt gegen Volkswagen verschoben (s. u., 29.12.2016).
06.01.2017 Nach einer Studie des Institute for Clean Transportation (ICCT) ist der Abgas-Skandal noch nicht überstanden. Die Wissenschaftler unternahmen umfangreiche Messfahrten mit nach der EU6-Abgasnorm zugelassenen Diesel-Autos. Erschreckendes Ergebnis: Statt der zugelassenen 80 Milligramm je Kilometer Fahrt enthielten die Abgase im Fahrbetrieb 560 Milligramm Stickoxid je Kilometer Fahrt. Grund sind aus Sicht der Wissenschaftler die Vorschriften zur Ermittlung des Schadstoffausstosses – dieser muss nur in Prüfstandversuchen und nicht bei „richtigen“ Fahrten gemessen werden.
„Die Ergebnisse“, schreiben die ICCT-Experten, „lassen mit großer Sicherheit darauf schließen, dass es auch für die neueste Generation von Diesel-Pkw eine systematische Überschreitung von NOX-Limits unter realen Fahrbedingungen gibt.“ Im Klartext: Nach wie vor ist die Motorsteuerung bei den meisten Autos so eingerichtet, dass nur bei den für die für die Zulassung maßgeblichen Prüfstandversuchen die Abgasreinigung so wie vorgeschrieben funktioniert.
Nötig ist das nicht. Laut der Ergebnisse der Wissenschaftler halten zumindest einzelne Autotypen die gesetzlichen Grenzwerte auch im Alltag ein. Welche Autotypen getestet wurden und wie sie abschnitten, sagten die Wissenschaftler nicht. Ausgewertet wurden Messergebnisse für 15 Autos von sechs Herstellern. Die ICCT hat die Untersuchungsergebnisse im Detail veröffentlicht und hält eine deutschsprachige Zusammenfassung bereit.
Englische Fassung
Deutsche Fassung
05.01.2017 My-right.de hat in Braunschweig eine erste Klage gegen VW eingereicht. Anders als ursprünglich geplant, ist ein Kunde des Unternehmens der Kläger. Er hatte einen VW Eos mit TDI-Motor für über 40 000 Euro gekauft. VW soll den Wagen zurücknehmen und den Kaufpreis erstatten – und nicht bloß den Minderwert ausgleichen. Grundlage für die Forderung ist nicht nur der Vorwurf einer sittenwidrigen, vorsätzlichen Schädigung, sondern vor allem der Vorwurf der Verletzung von EU-Zulassungsregeln.
Die Autos mit der skandalösen Motorsteuerung hätten – entgegen der Darstellung der Rechtslage durch das Kraftfahrbundesamt und durch das Bundesverkehrsministerium – nicht zugelassen werden dürfen. VW habe fälschlich versichert, dass sie den Regeln entsprächen, erklärte My-right.de-Chefjurist Jan-Eike Andresen. Deshalb habe die EU ja auch ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet. Das Unternehmen will in diesen Tagen mindestens zwei weitere Klagen in Berlin und München einreichen.
29.12.2016 Am Mittwoch und Freitag kommender Woche fallen an den Landgerichten in Hildesheim und Frankfurt die – soweit bekannt – ersten Entscheidungen zu Schadenersatzklagen von Autokäufern direkt gegen VW als Hersteller. Das kündigt Rechtsanwalt Tobias Ulbrich an. Er geht davon aus, dass die Gerichte VW letztlich wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung ihrer Kunden verurteilen werden. Möglicherweise beschließen die Gerichte zunächst allerdings, bestimmte Beweise zu erheben.
21.12.2016 Mehr als ein Jahr nach Bekanntwerden des Diesel-Skandals hat Volkswagen vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) nach eigener Darstellung die letzten noch ausstehenden Freigaben für den Rückruf der betroffenen Autos erhalten. Die Besitzer würden „in den kommenden Wochen“ benachrichtigt, teilte der Konzern mit.
12.12.2016 Der Allgemeine Deutsche Automobil Club (ADAC) hat zwei VW-Skandal-Autos vor und nach der Nachrüstung untersucht. Ergebnis: Der Ausstoß von Stickoxiden verringert sich durch die neue Motorsteuerung um bis zu ein Viertel, fanden die Techniker des Vereins heraus. Der Kohlendioxid-Ausstoß und damit auch der Kraftstoffverbrauch stiegen an, aber nur um höchstens 4,5 Prozent – bei einer Messgenauigkeit von plus minus zwei Prozentpunkten.
Allerdings: Der Kraftstoffverbrauch lag bei den Normmessungen sowohl vor als auch nach dem Austausch der Motorsteuerung um rund 10 Prozent über dem von VW angegebenen Wert. Und: Die Stickoxid-Obergrenze von 180 Milligramm je Kilometer halten der Polo 1.2 TDI und der Golf 2.0 TDI, die der ADAC untersucht hat, nur im Neuen Europäischer Fahrzyklus (NEFZ) ein.
In der realitätsnäheren Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure (WLTC) stößt der Polo 1.2 TDI nach der Nachrüstung 274 und vor der Nachrüstung 357 Milligramm je Kilometer aus. Der Golf 2.0 TDI lag bei 397 vor und 308 Milligramm nach der Nachrüstung. Bei Autobahnfahrten steigt der Stickoxid-Ausstoß noch mal deutlich an.
Im vom ADAC selbst entwickelten Zyklus „Bundesautobahn 130“ stieß der Polo 1.2 TDI vor der Nachrüstung 872 und danach 655 Milligramm aus. Die Vergleichswerte für den Golf 2.0 TDI lagen bei diesen Testfahrten erstaunlicherweise niedriger: 724 und 464 Milligramm. Weitere Ergebnisse und Details zu den Messungen liefert der ADAC unter www.adac.de/ecotest.
08.12.2016 Die EU will offenbar gegen Deutschland und sechs weitere Mitgliedsstaaten Vertragsverletzungsverfahren einleiten, weil die im Abgas-Skandal nicht entschieden genug gegen VW und andere Autohersteller vorgehen. Das berichtet der Spiegel. Die EU-Beamten verlangen eine Bestrafung der Unternehmen, in deren Autos die Motorsteuerung die Abgasreinigung im Fahrbetrieb illegal verringert oder abschaltet.
17.11.2016 Durch die zunehmend ausgefeilten Tricks der Hersteller bei der Norm-Verbrauchsmessung wird die Diskrepanz zwischen dem von den Herstellern angegebenen Kraftstoffverbrauch und dem tatsächlichen Verbrauch im Fahrbetrieb immer größer. Sie liegt nach einem Spiegel Online-Bericht unter Berufung auf das Öko-Forschungsinstitut International Council on Clean Transportation (ICCT) inzwischen bei durchschnittlich 42 Prozent. Mit anderen Worten: Ein Auto mit einem Norm-Durchschnittsverbrauch von 7,0 Liter Kraftstoff je 100 Kilometer verbraucht tatsächlich im Durchschnitt 9,9 Liter je 100 Kilometer. Bei einem Kraftstoffpreis von 1,30 Euro und 150 000 Kilometern Gesamtfahrleistung summiert sich der Unterschied auf über 5 500 Euro.
14.11.2016 Auch beim Spritverbrauch haben die Autohersteller offenbar noch stärker geschummelt als bisher bekannt. Der Spiegel berichtet in seiner aktuellen Ausgabe: Bei Abgasmessungen im Auftrag der wegen des VW-Skandals vom Verkehrsministerium eingesetzten Untersuchungskommission fielen vor allem zwei Modelle des Audi A6 auf. Sie hatten über ein Drittel mehr Kohlendioxid im Abgas, als sie bei dem angegebenen Norm-Kraftstoffverbrauch hätten haben dürfen. Mit anderen Worten: Der Spritverbrauch liegt um über zwei Liter je 100 Kilometer höher als angegeben.
Bei zahlreichen weiteren Autos mit Dieselmotor gab es ebenfalls große Abweichungen, darunter Jaguar XE, Mercedes C220, Opel Zafira, Volvo V60 und Porsche Macan. Sollten sich die Messungen bestätigen, werden wahrscheinlich auch Steuernachzahlungen fällig. Der Spiegel geht davon aus: Die Hersteller müssen zahlen.
Ein Nachspiel hat das womöglich auch noch für die Behörden. Die Berliner Rechtsanwaltskanzlei Werdermann von Rüden hat Strafanzeige gegen Verkehrsminister Alexander Dobrindt und Ekhard Zinke, den Präsidenten des Kraftfahrtbundesamtes, erstattet. Diese hätten die Messergebnisse nach dem Umweltinformationsgesetz sofort veröffentlichen müssen. Es zu unterlassen, könne eine strafbare Beihilfe zum Betrug darstellen, meinen die Anwälte.
07.11.2016 Die VW-Anwälte meinen allen Ernstes: Die Motorsteuerung in den Skandal-Autos sei in der EU – anders als in den USA – gar nicht illegal. Die EU-Normen gälten nur für die Tests im Prüfstand. Für den Fahrbetrieb gebe es gar keine Grenzwerte. So trugen sie es in einem Rechtsstreit zwischen dem Käufer eines Skandal-Autos und einem Autohändler vor. Das Landgericht Frankfurt am Main wies das zurück. Besitzer von Autos mit illegaler Motorsteuerung müssten mit dem Entzug der Zulassung rechnen, wenn die Wagen nicht mit einer legalen Motorsteuerung nachgerüstet werden, argumentierte das Gericht (Urteil vom 20.10.2016, Aktenzeichen: 2-23 O 149/16, siehe test.de-Urteilsliste zum VW-Skandal).
Auch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) reagierte mit Unverständnis. „Wir teilen die Auffassung von VW nicht“, sagte ein Sprecher des Verkehrsministeriums der Zeitung „Die Welt“. Sie widerspreche auch dem Rückrufbescheid des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA), wonach die manipulierten Fahrzeuge zurück in die Werkstätten müssen. Ganz ähnlich äußerte sich die EU-Kommission. „Das Verbot von Abschalteinrichtungen im EU-Recht ist dem Wortlaut und dem Geist nach eindeutig“, sagte ein Sprecher.
06.11.2016 Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt nun auch gegen VW-Aufsichtsratschef Pötsch. Er soll als damaliger Finanzchef die Kapitalmärkte manipuliert haben, indem er zu spät über den Abgasbetrug informierte. Auch der heutige VW-Chef Matthias Müller gehörte dem jetzt angeklagten Vorstand an: Ob auch gegen ihn ermittelt wird, ist noch unklar. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen möglicher Marktmanipulation bereits gegen den ehemaligen VW-Chef Martin Winterkorn und den amtierenden VW-Markenchef Herbert Diess.
04.11.2016 Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hat die vorgeschlagene Umrüstung von Modellen mit 1,6-Liter-TDI-Motor vom Typ EA 189 genehmigt. Das teilte VW heute mit. Damit könnten nun weltweit weitere 2,6 Millionen Fahrzeuge in die Werkstätten gerufen werden. Laut Nachrichtenagentur AFP wollen Behörden in anderen Ländern die KBA-Genehmigung übernehmen. In Deutschland sind nach VW-Angaben „etwa 800 000 bis 900 000 Autos“ betroffen, darunter die VW-Modelle Golf und Passat sowie der Audi A4 und der Seat Leon. Für die Umrüstung sind ein Software-Update und die Installation eines zusätzlichen Bauteils nötig. Die Besitzer würden „in den kommenden Wochen sukzessive benachrichtigt“, erklärte Volkswagen. Die Reparatur nehme „weniger als eine Stunde Arbeitszeit in Anspruch“.
03.11.2016 „Abgas-Skandal bei VW: Experten warnen vor Motorschäden“, berichtet Spiegel Online aktuell. Beamte der EU-Kommission berichteten den Spiegel-Reportern unter Berufung auf die Techniker im renommierten Vela-Abgaslabor in Norditalien, dass Bauteile wie das Abgasrückführventil, der Speicherkatalysator, das Harnstoff-Injektionssystem, der sogenannte SCR-Katalysator oder auch der Partikelfilter durch eine – zugunsten vorschriftsmäßiger Abgasreinigung – geänderte Motorsteuerung erheblich stärker in Anspruch genommen werden.
ADAC und Verbraucherzentrale Bundesverband fordern jetzt eine Garantieerklärung von VW. Sollte die Nachrüstung Besitzern von Autos aus dem VW-Konzern Nachteile bringen, müsse der dafür geradestehen. Das Unternehmen weigert sich bisher, eine solche Garantie zu übernehmen. Der ADAC will dem Verdacht jetzt auf den Grund gehen. Nachgerüstete VW-Skandalautos in der Fahrzeugflotte des Autoclubs sollen jetzt auch auf mögliche Haltbarkeitsmängel geprüft werden.
03.11.2016 Das Urteil lässt aufhorchen: Auf eine Klage der Deutschen Umwelthilfe hin nimmt das – zwischen zwei Hauptverkehrsstraßen gelegene – Verwaltungsgericht Düsseldorf Behörden in die Pflicht, zur Einhaltung der Grenzwerte für die Schadstoffbelastung der Lust wirksame Maßnahmen zu ergreifen. Dabei müssen die Behörden auch ernsthaft über Fahrverbote für Dieselfahrzeuge nachdenken, meinen die Richter in Düsseldorf.
Dieselmotoren sind Hauptquelle für gesundheitsschädliche Stickoxide. Und Kern des VW-Skandals: Die Reinigung der Abgase von Stickoxiden funktioniert bei Skandalautos nur im Prüfstand richtig. Sobald die Skandal-Autos im Straßenverkehr unterwegs sind, schaltet die Motorsteuerung die Abgasreinigung ab.
Der Grenzwert für Stickoxid liegt seit 2010 bei 40 Mikrogramm pro Kubikmeter. An der Messstelle Corneliusstraße in Düsseldorf in rund einem Kilometer Entfernung zum Verwaltungsgericht ist ständig erheblich mehr Stickoxid in der Luft, heute zum Beispiel bis zu 109 Mikrogramm je Kubikmeter.
Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 13.09.2016
Aktenzeichen: 3 K 7695/15
Pressemitteilung der Deutschen Umwelthilfe (DUH) zum Urteil
03.11.2016 Die juristische Aufarbeitung des VW-Skandals ist angelaufen. Gegen Rechtsschutzversicherer liegen bereits zahlreiche Urteile vor. Klare Ansage der Justiz: Die Versicherer müssen die Klagen von Kunden mit Verkehrsrechtsschutzpolice finanzieren. Die Kanzlei Dr. Stoll und Sauer in Lahr hatte zahlreiche Klagen eingereicht, nachdem sich vor allem Arag, Örag und Huk-Coburg geweigert hatten, ihren Kunden Deckung zu bieten.
Auch eine Handvoll Käufern von Skandal-Autos hat sich bereits vor Gericht in erster Instanz durchgesetzt. Rechtskräftig abgeschlossen ist aber noch keines der Verfahren, bisher haben die offenbar von VW-Anwälten unterstützten Anwälte der Autohändler noch gegen jede Verurteilung Berufung eingelegt.
Für VW-Aktionäre läuft ein Musterverfahren vor dem Oberlandesgericht Braunschweig an. Noch in diesem Jahr will das Gericht entscheiden, wer Musterkläger wird. Andere Aktionäre können sich dann der Klage anschließen.
test.de bietet eine Liste mit verbraucherfreundlichen Gerichtsentscheidungen zum VW-Skandal, die fortlaufend aktualisiert wird.
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- EuGH-Urteil: Alle bis September 2021 aufgenommenen Kredite sind widerruflich. Chance für Autokäufer: Sie sparen Tausende Euro. Aber nur, wenn sie das Auto noch haben.
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- So kommen Verbraucher zu ihrem Recht. Wir nennen alle Verfahren. Der vzbv verklagt jetzt auch die Sparkasse Altenburger Land auf einen Zinsnachschlag.
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- Der Rechtsdienstleister Myright.de will europäischen Käufern von VW-Skandalautos zu Schadenersatz verhelfen. Myright.de hat wegen der Forderungen von 40 000...
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@ulrich.barthel: Da hatte sich ein technischer Fehler eingeschlichen. Die Links zu der Musterbrief-Datei sollten genau an der Stelle sein, wo Sie sie gesucht haben. Wir haben den Fehler korrigiert. Sie sollten die Musterbrief-Datei jetzt problemlos aufrufen können. Vielen Dank für Ihren Hinweis! Bitte entschuldigen Sie den Fehler!
Die Musterbriefe, die im aktuellen Artikel "Hersteller haften auch ohne Vorsatz" mehrfach angekündigt werden, kann ich leider nirgends finden. Die Hinweise wie "Mustertexte samt ausführlicher Hinweise" haben auch keinen Link.
Zu BMW hat das OLG Schleswig Urteil vom 29.03.2023 – 12 U 119/22 ausgeführt:
"Amtliche Leitsätze:
(...) Mangels Schadens (s. Punkte 9 und 10) und aufgrund fehlenden
Fahrlässigkeitsvorwurfs ergibt sich ein Anspruch eines Fahrzeugkäufers nach der
Entscheidung des EuGH vom 21.03.2023 (Rechtssache C 100-21) jedenfalls im
vorliegenden Fall auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EGFGV
oder Art. 5 VO 715/2007/EG. Der Hersteller hat nicht gegen den zivilrechtlichen
Fahrlässigkeitsmaßstab des § 276 Abs. 2 BGB verstoßen. Das Thermofenster war bei
Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Fahrzeugs sog. Industriestandard und
wurde weitreichend von einer Vielzahl von Autoherstellern in Dieselfahrzeugen
eingesetzt, ohne dass dies vom KBA damals oder später – trotz mehrfacher
Untersuchungen – beanstandet worden wäre."
Warten wir den BGH am 08.05.2023 ab...
@pinkepanke: Vielen Dank für den Hinweis!
Wir staunen, dass das Oberlandesgericht Hamm den Irrtum über die Zulässigkeit von Thermofenstern für unvermeidbar hält und dass es keine grundsätzliche Bedeutung sieht. Die Überlegungen des Gerichts zum Schutzzweck der Typgenehmigungsregeln tragen die Entscheidung nicht.
Wir halten es kaum für vorstellbar, dass der Bundesgerichtshof nicht dabei bleibt, dass der Kauf eines nicht den Abgasvorschriften entsprechenden Autos, das jederzeit stillgelegt werden kann, einen Schaden darstellt, für den die Hersteller einzustehen haben. Wir denken allerdings auch, dass der Bundesgerichtshof dabei bleiben wird, mit dem Wagen gefahrene Kilometer der Sache nach als Verringerung des Schadens zu begreifen. Dass der Wagen dabei mehr Schadstoffe ausgestoßen haben mag, als es dem Käufer bewusst und recht war, wird er weiterhin nicht als entschädigungspflichtigen Schaden begreifen, denken wird. Die Richter in Karlsruhe werden aber ihre Ansicht prüfen müssen, ob die Anrechnung der Nutzung des Wagens dazu führen kann, dass der Schaden vollständig kompensiert ist. Auch über die zu erwartende Strecke hinaus gefahrene Autos stellen noch einen Wert da und dieser ist dadurch eingeschränkt, dass das Auto - gerade jetzt nach den Urteilen des Europäischen Gerichtshof und des Verwaltungsgerichts in Schleswig - wohl entweder aufwändig nachzurüsten oder stillzulegen ist.
Bitte entschuldigen Sie die späte Reaktion, der zuständige Redakteur ist erst jetzt dazu gekommen, sich das Urteil genau anzuschauen.
OLG Hamm, Beschluss vom 23.03.2023 - 7 U 113/22 - openJur :
Auch in Anbetracht der Entscheidung des EuGH vom EUGH 21.3.2023 in der Sache EUGH Aktenzeichen C-100/21 bleibt es dabei, dass § BGB § 823 Abs. BGB § 823 Absatz 2 BGB in Verbindung mit Art. 18 Abs. 1, Art. 26 Abs. 1 und Art. 46 der Rahmenrichtlinie sowie mit Art. EWG_VO_715_2007 Artikel 5 Abs. EWG_VO_715_2007 Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 715/2007 als Schutzgesetze in sachlicher Hinsicht das Interesse, nicht zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden, nicht umfasst.