
Der Rechtsdienstleister Myright.de will europäischen Käufern von VW-Skandalautos zu Schadenersatz verhelfen. Myright.de hat wegen der Forderungen von 40 000 Skandalopfern bereits Klage erhoben. Eine erste Klage hatte jetzt Erfolg. Auch VW-Verhandlung.de bietet Skandalautobesitzern die Chance auf Schadenersatz. Hier lesen Sie, was von den Angeboten zu halten ist. Neu: Myright.de-Kunden sollen Ihre Forderungen gegen VW sicherheitshalber auch bei der Musterfeststellungsklage gegen VW anmelden.
Myright.de – erste Sammelklage läuft
Myright.de ist ein Inkassounternehmen. Der Auftrag kommt – anders als gewohnt – von Verbrauchern und nicht von Unternehmen. Und zur Kasse gebeten werden Unternehmen und nicht wie sonst Verbraucher. So funktioniert Myright.de: Skandalautobesitzer haben dem Unternehmen mögliche Schadenersatzforderungen gegen VW abgetreten. Schadenersatz ist entweder die Erstattung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Wagens oder ein finanzieller Ausgleich für den skandalbedingten Minderwert.
Tipp: Grundlegende Informationen über den Abgasskandal finden Sie in den FAQ Abgasskandal.
Provision nur bei Erfolg
Die Einschaltung von Myright.de ist zunächst kostenlos. Sie bleibt kostenlos, solange sie Kunden nichts bringt. Wenn VW am Ende allerdings Schadenersatz zahlt, gehen 35 Prozent ans Unternehmen. Berechnungsgrundlage ist der Vorteil, den Kunden am Ende haben. Wenn VW Schadenersatz an Kunden zahlt, die ihren Wagen behalten, dann ist die gesamte Zahlung von VW Grundlage für die Berechnung der Erfolgsprovision. Geben Kunden ihren Wagen zurück, wird der Wert des Wagens angerechnet. Grundlage für die Provisionsberechnung ist die Schadenersatzzahlung von VW abzüglich des Werts des zurückgegebenen Wagens.
Amerikanischer Staranwalt kämpft für deutsche Autofahrer
Hinter dem Inkasso-Rechtsdienstleister Myright.de steht der US-Anwalt Michael D. Hausfeld. In seiner Heimat ist er eine Legende. Er hat etliche Milliarden Dollar Schadenersatz für Opfer von Diskriminierung, Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen erkämpft. Auch bei den Klagen von amerikanischen Opfern der VW-Manipulationen mischt er mit. Im Rahmen von solchen „class actions“, bei denen einzelne Musterkläger stellvertretend für alle anderen Opfer vor Gericht ziehen, können Unternehmen zu milliardenschwerem Strafschadenersatz verurteilt werden. Alle übrigen Opfer werden anschließend entsprechend den Regeln entschädigt, die im Musterprozess ausgehandelt wurden.
Sammlung von Forderungen
Solche Sammelklagen wie in den USA gibt es in Deutschland nicht. Auch zu Strafschadenersatz können Unternehmen hierzulande nicht herangezogen werden. Zivilrechtlicher Schadenersatz steht Besitzern von Autos mit Betrugssoftware aber auch in Deutschland zu, erklärt Christopher Rother, Hausfelds Partner in Deutschland und Leiter der Niederlassung der US-Kanzlei in Berlin. Durch Abtretung solcher Forderungen an einen Kläger können die Rechte vieler Opfer auch in Deutschland gesammelt geltend gemacht werden.
Keine neuen Anmeldungen mehr
Neue Anmeldungen für das Verbraucherinkasso nimmt Myright.de nicht mehr entgegen. Aktuell noch im Angebot: Die Vermittlung von Prozessfinanzierung und Einzelanwalt. Wie das genau funktioniert, haben wir nicht untersucht. Die ans Unternehmen abgetretenen Forderungen liegen bei Gericht.
Sicherheitshalber auch Anmeldung zur Musterfeststellungsklage
VW wehrt sich gegen die Myright.de-Sammelklagen mit allen Mitteln. Eins der Argumente der VW-Anwälte: Die Abtretung der möglichen Schadenersatzforderungen verstoße gegen das Rechtsberatungsgesetz und sei deshalb unwirksam. Myright hat deshalb allen Kunden geschrieben, das stimme nicht. Sie sollen ihre Forderungen aber trotzdem sicherheitshalber zusätzlich auch bei der Musterfeststellungsklage des vzbv.de anmelden. Sie sind dann ganz sicher, dass die Forderung auch dann nicht verjährt, wenn die Gerichte die Abtretung der Forderungen am Ende tatsächlich als unwirksam beurteilen sollten. Erweist sich die Abtretung der Forderungen an Myright.de als wirksam, ändert sich sich durch die die Anmeldung zur Musterfeststellungsklage nichts. Dann ist die nämlich unwirksam.
Mögliche Abtretung am besten offenlegen
Was bei der Anmeldung von Forderungen zur Musterfeststellungsklage zu beachten, ist lesen Sie auf der VW-Seite des Specials Musterklagen auf test.de. Myright.de-Kunden empfiehlt test.de: Legen Sie die mögliche Abtretung offen. Ergänzen Sie die Darstellung Ihres Falls im Gerichtsformular unter „Gegenstand und Grund...“ um folgende Formulierung: „Ich habe meine Forderungen gegen VW über Myright.de an die Financialright GmbH abgetreten. Diese macht sie gerichtlich geltend. VW wendet ein, dass die Abtretung wegen Gesetzesverstoßes unwirksam ist. Ich deshalb meine Forderungen zur Musterfestellungsklage an, damit auf keinen Fall Verjährung eintritt.“ Und: Lassen Sie sich nicht irritieren. Aktuell legt Myright.de Besitzern von Skandal-VW nahe, sich bei der Musterfeststellungsklage abzumelden. Das gilt aber nicht für ursprünglich Kunden, die ihre Forderungen ans Unternehmen abgetreten haben. Es soll nur Teilnehmern der Musterfeststellungsklage ermöglichen, über Myright.de einen Anwalt für eine Einzelklage mit Prozessfinanzierung zu beauftragen.
Geschäftsbedingungen auf dem Prüfstand
In den Geschäftsbedingungen von myright.de fanden die Gutachter der Stiftung Warentest nur winzige Schwächen. So bleibt unklar, wie lange Interessenten an ihr – mit Online-Registrierung – abgegebenes Angebot gebunden sind, das Unternehmen zu beauftragen. Der Vertrag kommt nämlich erst zustande, wenn das Unternehmen das Angebot der Kunden ausdrücklich annimmt. Eine Frist dafür findet sich in den Geschäftsbedingungen nicht. Praktisch ist das kein Problem: myright.de-Kunden können ihr Angebot ohnehin jederzeit bis zwei Wochen nach Vertragsschluss widerrufen. Noch ein kleiner Mangel: In der Widerrufsbelehrung steht zwar, dass der Widerruf auch per Fax möglich sei. Es wird allerdings keine Faxnummer genannt.
Schwer verständliche Datenschutzbestimmungen
Geringe, aber ärgerliche Mängel haben auch die Datenschutzbestimmungen. Sie sollen zwar offensichtlich den bei seriösen Online-Shops üblichen Umgang mit Daten beschreiben und es ist wohl auch keine Weitergabe von Daten jenseits gesetzlicher Rechte und Pflichten beabsichtigt. Für Verbraucher ist das aber kaum verständlich erklärt. Auch nicht schön: Myright.de setzt das Analyse-Tool Google Analytics ein. Das heißt: Google erfährt von jedem Besucher auf der Seite und kann die Daten mit denen von den Besuchen anderer Webseiten verknüpfen und sie dem Profil eines Internetnutzers zuordnen. Ihm kann Google dann noch zielgenauer auf seine Interessen abgestimmte Werbung auf den Schirm schicken. So etwas ist leider ebenfalls üblich – aber ärgerlich.
Das Fazit: Interessanter Deal für viele VW-Kunden
Myright.de ist eine bequeme Möglichkeit, Schadenersatzansprüche gegen VW durchzusetzen. Wenn es nicht klappt, zahlen Kunden gar nichts. Wenn es klappt, geht gut ein Drittel des Schadenersatzes ans Unternehmen. Für viele Fahrzeugbesitzer dürfte das ein guter Deal sein. VW-Skandalopfer können selbst einen Rechtsanwalt einschalten. Das macht etwas mehr Mühe, hat aber schon in zahlreichen Fällen Erfolg gehabt. Zahlreiche VW-Skandal-Klagen haben die Gerichte allerdings auch abgewiesen. Wichtiger Hinweis für Besitzer einer Verkehrsrechtsschutz-Police: Der Versicherer hat die Kosten zu übernehmen.
Erster Erfolg
Inzwischen hat myright.de einen ersten Erfolg erzielt: Das Landgericht Krefeld verurteilte VW auf eine vom Verbraucherinkassounternehmen finanzierte Klage hin zum Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung.
Landgericht Krefeld, Urteil vom 13.02.2019
Aktenzeichen: 2 O 313/17 (nicht rechtskräftig)
Klägervertreter: Hausfeld Rechtsanwälte, Berlin, finanziert von: myright.de
Übrigens: Auch der niederländische „Stichting Car Claim“ bietet auf der Grundlage spezieller niederländischer Verbraucherschutzregeln ebenfalls die Chance auf Schadenersatz ohne Risiko an. Für deutsche Autofahrer bietet die Stichting aber keine Möglichkeit, VW unter Druck zu setzen. VW hat die Verhandlungen verweigert.
Das Angebot von VW-Verhandlung.de
Gansel Rechtsanwälte aus Berlin und Baum Reiter & Collegen in Düsseldorf werben unter VW-Verhandlung.de für Klagen gegen VW und bieten zudem an, Kunden zur Musterfeststellungsklage von vzbv und ADAC anzumelden. Individuelle Klagen sind empfehlenswert für Skandalauto-Besitzer, die eine Verkehrsrechtsschutzversicherung haben. Ohne Versicherung können mehrere Tausend Euro Gerichts- und Rechtsanwaltskosten anfallen. Die rechtssichere Anmeldung zur Musterfeststellungsklage („Standard-Paket“) übernehmen die beiden Rechtsanwaltskanzleien kostenlos. Kommt es im Verfahren zu einem Vergleich, der VW zu Zahlungen verpflichtet, müssen VW-Verhandlung-Kunden 29 Prozent ihre wirtschaftlichen Vorteils als Provision zahlen. Zusätzlich bieten die Anwälte ein „Premium-Paket“ mit erweiterter Beratung und Information.
Mit der Anmeldung erst mal abwarten
Die genauen Geschäftsbedingungen und die Regeln für die Berechnung der Provision kennen die test.de-Rechtsexperten bisher nicht, so dass sie das Angebot nicht bewerten können. Sie empfehlen zunächst: Schauen Sie zunächst, ob Sie sich die Anmeldung zur Musterfeststellungsklage selbst zutrauen. Hinweise dazu liefern wir auf der VW-Seite in unserem Special test.de/musterklagen Wenn Sie dann Zweifel haben oder Fragen offenbleiben, können Sie Anwälte damit beauftragen, die Anmeldung für Sie zu übernehmen. Wer schon Kunde bei VW-Verhandlung.de ist, kann jederzeit kündigen.
Die Musterfeststellungsklage des vzbv
Am 1. November 2018 hat der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) seine Musterfeststellungsklage gegen VW gestartet. An dem Verfahren können sich Besitzer von Skandalautos kostenlos beteiligen. Auch wer seine Rechte gegen VW an Myright.de abgetreten hat, kann sich zur Musterklage anmelden und sollte das sicherheitshalber auch tun, siehe dazu unsere Hinweis oben im Absatz „Sicherheitshalber auch Anmeldung zur Musterfeststellungsklage“.
Diese Meldung ist am 23. Februar 2016 auf test.de erschienen und wurde zuletzt am 30. August 2019 aktualisiert. Bitte beachten Sie: Die Aussagen zu Datenschutz und Geschäftsbedingungen von Myright.de haben den Stand Februar 2016; wir haben das Angebot nicht erneut überprüft.
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