
Mit flottem Marketing preist der ADAC eine Privathaftpflichtversicherung an: Elektrofahrräder sind mitversichert, heißt es in der Werbung, die suggeriert: „Das ist etwas Besonderes!“ Doch das ist es nicht: Fast alle Anbieter versichern E-Bikes automatisch mit, wenn deren Motor maximal 250 Watt leistet, sich ab Tempo 25 abschaltet und nur läuft, wenn der Fahrer in die Pedale tritt. test.de hat das ADAC-Angebot unter die Lupe genommen.
ADAC mit der halben Wahrheit
Es sei immer noch nicht eindeutig geregelt, ob E-Bikes mit 25km/h-Motoren bis maximal 250 Watt von der privaten Haftpflichtversicherung erfasst sind, schreibt der ADAC. Betroffen seien bald eine Million Modelle. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Zwar ist ein Gesetzentwurf des Bundesverkehrsministeriums zum Thema E-Bikes tatsächlich noch nicht umgesetzt. Doch in der Praxis versichern fast alle Gesellschaften diese Elektroräder automatisch in der Privathaftpflichtversicherung mit – so wie ganz normale Fahrräder. Das gilt auch für Altkunden, die ihre private Haftpflichtversicherung schon vor Jahren abgeschlossen haben, als es noch gar keine E-Bikes gab.
Stichprobe zeigt: E-Bike sind mitversichert
Die Experten von Finanztest haben stichprobenartig einige große Versicherer gefragt: AachenMünchener, Allianz, Axa, Barmenia, DEVK, Ergo, Gothaer, HanseMerkur, Huk-Coburg, Huk24, Interrisk, LVM, Signal Iduna, R+V, VGH, VHV – bei allen ist der Schutz für diese E-Bikes inklusive. Das gilt auch für die Modelle, die eine Anfahrhilfe haben, mit der sie eigenständig bis auf 6 Stundenkilometer beschleunigen können, ohne dass der Fahrer in die Pedale tritt. Der ADAC wirbt also mit einer Leistung, die am Markt längst eine Selbstverständlichkeit ist.
Erstaunen beim Versicherungsverband
Damit ist die breite Masse der Elektroräder abgesichert. Räder, deren Motor mehr leistet und das Rad auch auf höhere Geschwindigkeiten bringt – die so genannten E-Pedelecs oder Speed-Pedelecs – brauchen ohnehin ein Mofakennzeichen. Sonst dürfen sie gar nicht auf die Straße. Das Kennzeichen ist gesetzlich vorgeschrieben und verbunden mit dem Erwerb des Kennzeichens ist automatisch ein Haftpflichtschutz. Entsprechend erstaunt ist der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). „Die ADAC-Werbung hat uns schon sehr gewundert“, erklärte Sarah Meckling-Geis vom GDV gegenüber Finanztest. Der Verband hatte schon vor Monaten eine Empfehlung herausgegeben, E-Bikes bis 25 km/h wie unmotorisierte Fahrräder zu behandeln, also in den Deckungsumfang der Privathaftpflichtversicherung aufzunehmen. Dass ihr Angebot so exklusiv gar nicht ist, wissen offenbar auch die ADAC-Experten. Auf einer Internetseite, auf der es ganz allgemein um Informationen zu Elektrofahrrädern geht, schreibt der Club wie selbstverständlich, Schäden seien „von der privaten Haftpflichtversicherung umfasst“.
ADAC-Angebot hält Mindeststandards nicht ein
Größter Nachteil des ADAC-Angebots ist aber, dass der Finanztest-Mindeststandard für Privathaftpflichtversicherungen in einem anderen Bereich des Privathaftpflichtschutzes nicht erfüllt wird. So sind Schäden durch falsche Lagerung von gewässergefährdenden Substanzen nicht abgesichert. Wenn zum Beispiel Lösungsmittel im Keller liegen und auslaufen, können sie enorme Schäden am Grundwasser anrichten. Hier zahlt der ADAC dann nicht. Hinzu kommt, dass die Police nicht ganz billig ist. Die Basis-Variante kostet für die ganze Familie 59 Euro, die Exklusiv-Variante 86 Euro (ab 60 Jahre 72 Euro). Zu haben sind beide Angebote nur für Mitglieder, sodass 44,50 Euro Jahresmitgliedsbeitrag hinzu kommen oder gar 79,50 für die ADAC-Plus-Mitgliedschaft.
Tipp: Gute und günstige Haftpflichtversicherungen, die den Mindeststandard einhalten und auch ausreichend Schutz für das E-Bike bieten, finden Sie im aktuellen Test Private Haftpflichtversicherungen. Tests von E-Bikes finden Sie auf der Themenseite Elektrofahrräder und Pedelecs.
Sie möchten stets auf dem Laufenden gehalten werden über wichtige Neuigkeiten aus diesem Themenbereich? Dann sollten Sie den kostenlosen Newsletter der Stiftung Warentest abonnieren. Sie können bestimmen, ob Sie sämtliche Newsletter erhalten – oder nur Newsletter zu den Themenbereichen Ihrer Wahl.